Verkleinerung der Bauzonen: Das Toggenburg trägt die Hauptlast – Kantonsrat will dies ändern
Die Verkleinerung der Bauzonen im Kanton St.Gallen hat eine lange Vorgeschichte. Hier wird sie nur kurz zusammengefasst. Am 1. Mai 2014 trat das revidierte eidgenössische Raumplanungsgesetz (RPG) in Kraft. Das Ziel der Revision bestand darin, landesweit zu grosse Bauzonen zu verkleinern und die bestehenden besser zu nutzen. Das soll den Kulturlandverbrauch bremsen.
Die Kantone müssen die Vorgaben des RPG umsetzen. Das bedeutet, dass Bauzonen den Bedarf der nächsten 15 Jahre decken sollen. Der Kanton St.Gallen arbeitet dazu mit einem Modell, das für jede Region ein Szenario berechnet, wie sich die Einwohnerzahl und die Arbeitsplatzzahl entwickeln dürfte. Für diese Berechnung muss die Fachstelle für Statistik Annahmen treffen.
Grossteil der Auszonungen im Toggenburg
Die Auswirkungen dieser Berechnungen sind vor allem für das Toggenburg einschneidend. Zuerst sah es so aus, dass alle Gemeinden, mit Ausnahme von Kirchberg und Lütisburg ihre Bauzonen hätten verkleinern müssen. Seither konnten zwei weitere Gemeinden – Bütschwil-Ganterschwil und Wattwil – den Club der Auszonungsgemeinden verlassen, weil ihre Bevölkerung stärker wuchs als erwartet.
Stand heute müssen im Toggenburg Ebnat-Kappel, Lichtensteig, Mosnang, Neckertal, Nesslau und Wildhaus-Alt St. Johann ihre Bauzonen verkleinern. Dazu kommen noch Flums, Gams und Pfäfers.
Im ganzen Kanton müssen mindestens 42,2 Hektaren Bauland ausgezont werden, davon 36.6 Hektaren im Toggenburg. Das war von Ralph Etter, Leiter des Amts für Raumentwicklung und Geoinformation, zu erfahren. Mehr als 85 Prozent der auszuzonenden Baugebiete befinden sich also im Toggenburg.
In absoluten Zahlen sind Neckertal, Nesslau und Wildhaus-Alt St. Johann – mit gut 13 Hektaren – stark betroffen. Relativ zur Fläche der Gemeinde gilt das auch für Lichtensteig. Bei anderen Gemeinden wie etwa Ebnat-Kappel und Mosnang sind es je etwas mehr als eine Hektare. Die Gemeinden im Wahlkreis Wil müssen kein Bauland auszonen.
Interpellation mit 86 Unterschriften
Die Kantonsräte Patrick Dürr (Die Mitte, Widnau), Claudia Martin (SVP, Gossau) und Ruben Schuler (FDP, Mosnang) weisen nun darauf hin, dass sich die Einwohnerzahlen in den meisten Regionen des Kantons weitgehend wie erwartet entwickelten. Nicht so im Toggenburg, wo das Szenario offensichtlich zu pessimistisch war. Und die Region St.Gallen wuchs weniger stark als erwartet.
Den Grund für die Abweichung im Toggenburg sehen sie im Gewichtungsfaktor zur Bevölkerungsentwicklung, der für die Szenarien benutzt wird. Der Faktor soll die regionale Dynamik abbilden und liegt für das Toggenburg bei 0,5. In allen anderen Regionen gilt ein Gewichtungsfaktor von 1,2-1,3.
Bevölkerungsprognose unterschätzt Entwicklung
Alle vier Jahre werden die Szenarien überprüft, das nächste Mal 2026. In einer Interpellation fragen die drei Kantonsräte deshalb, ob der Regierungsrat bereit ist, den Gewichtungsfaktor für das Toggenburg anzupassen. Weiter wollen sie wissen, bis wann das möglich ist und welche Folgen das für die Gemeinden, die Regionen und den Kanton hätte. Die Interpellation wurde im Kantonsrat mit 86 Unterschriften aus allen bürgerlichen Fraktionen eingereicht.
Der Gewichtungsfaktor, der im Toggenburg angewendet wird, sollte mindestens auf 1 steigen. Das forderte Ruben Schuler im Gespräch mit dieser Zeitung. Der Grund: «Der bisherige Gewichtungsfaktor stimmt nicht überein mit der Bevölkerungsentwicklung. Wenn man von zu tiefen Bevölkerungszahlen ausgeht, braucht es weniger Bauland. Bisher hiess es immer, dass das Toggenburg viel zu grosse Bauzonen hat. Die Differenz zwischen der erwarteten und der tatsächlichen Einwohnerzahl beträgt mehrere tausend Personen».
Anpassung gefordert vor der nächsten Richtplanrevision
Für Schuler ist es wichtig, dass die Gewichtungsfaktoren überprüft werden, bevor der revidierte kantonale Richtplan nach Bern geschickt wird. «2022 haben wir einen Bericht des Regierungsrats diskutiert, nachdem der Bund den modifizierten Richtplan schon genehmigt hatte». Wenn der Gewichtungsfaktor erhöht wird, dürften im Toggenburg weniger Auszonungen nötig werden. «Auszonungen sind ein massiver Einschnitt für die Grundeigentümer und eine Gemeinde, und sie ziehen jahrelange Rechtsmittelverfahren nach sich», warnt Schuler zum Schluss.
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