Soll der Landtag nochmals über Landesbibliothek entscheiden?
Die Regierung will bis Ende Jahr entscheiden, ob sie das Geschäft nochmals dem Landtag, der die Finanzhoheit innehat, vorlegen will. Es stellt sich die Frage, ob zur Annahme der Schenkung ein Beschluss des Landtages nötig ist, ob eine schlichte Kenntnisnahme des Landtags ausreicht oder ob gänzlich ohne Einbindung des Landtags weiter verfahren werden kann.
«Um Rechtssicherheit zu bekommen, soll der Landtag einen Beschluss fassen»
Daniel Seger, Landtagsabgeordneter der Fortschrittlichen Bürgerpartei (FBP), Mitglied Geschäftsprüfungskommission
Die Vorgeschichte zur Umnutzung des Post- und Verwaltungsgebäudes für die Landesbibliothek ist kompliziert und warf bereits Fragen auf. Eine grosse Anzahl Fragen ergeben sich aus dem Vorgehen, als nach dem Nein des Landtages Geld von Dritten gesucht wurde. Mit dem damals gewählten Vorgehen hat die Regierung Neuland betreten. Es gibt keine klare juristische Grundlage und keine Antwort für die jetzt daraus entstandenen Diskussionen.
Bereits jetzt äussern sich verschiedene Personen oder Gruppierungen, dass ihre Meinung durch ein (Rechts-)Gutachten bestätigt werde. Öffentlich ist bisher keines dieser Rechtsgutachten. Rechtsstreitigkeiten sind damit beinahe vorprogrammiert. Es wird wohl nicht davor zurückgeschreckt, den Verfahrensweg einzuschlagen, wenn der Landtag nicht erneut involviert wird. Dies kann vermieden werden, wenn die Regierung erneut das Thema in den Landtag bringt und zwar nicht nur zur Kenntnisnahme, sondern zur Beschlussfassung über das weitere Vorgehen. So ist auch gewährleistet, dass die Finanzhoheit beim Landtag verbleibt, was zwingend ist. Es darf nicht vergessen werden, dass dem jetzigen Landtag nur noch 10 Personen vom alten Landtag angehören. Wichtig wird dabei sein, den Gemeinderatsbeschluss von Vaduz samt Zustimmung anlässlich der Vaduzer Volksabstimmung zu thematisieren und zu beachten.
Etwas möchte ich an dieser Stelle erneut klarstellen, ich bin für eine Landesbibliothek am vorgesehenen Standort im Zentrum von Vaduz, denn die Landesbibliothek ist auch unsere Nationalbibliothek.
«Kein Handeln ohne Gesetz»
Christoph Wenaweser, Landtagsabgeordneter der Vaterländischen Union (VU), Vorsitzender der Finanzkommission
Das Finanzhaushaltsgesetz enthält keine Bestimmungen zum Umgang mit Schenkungen. Damit könnte meines Erachtens die Grundlage dafür fehlen, dass sich die Regierung in der ausführungsbestimmenden Verordnung zum Gesetz selbst die Kompetenz erteilt, über die Annahme von Schenkungen zu entscheiden. Noch viel unsicherer, weil gar nirgends normiert, ist auf jeden Fall, dass die Regierung über deren Verwendung entscheiden darf, denn auch die Verfassung enthält keine Hinweise auf den Umgang mit Schenkungen. Aus den relevanten grundgesetzlichen Bestimmungen würde ich vorsichtshalber ableiten, dass zumindest die Verwendung von Schenkungen der Finanzhoheit des Landtags untersteht.
Zudem ist zu fragen, ob der Landtag mit seinem letztgültigen Finanzbeschluss die Zustimmung zu einem bestimmten Projekt mit einem bestimmten Preisschild erteilt hat oder ob die Regierung den Landtagsbeschluss als Rahmenkredit interpretieren darf, sinngemäss: «Regierung, bau eine Bibliothek und das Land steuert den Betrag X bei, egal, was letztlich gebaut wird, was es insgesamt kostet und wer sonst noch bezahlt.»
Die Regierung hat in dieser Sache ein dem Landtag noch unbekanntes Gutachten in Auftrag gegeben. Mit Gutachten sollten jedoch keine Gesetzeslücken zu überbrücken versucht werden. Ob für oder gegen das Projekt, die Finanzierung sollte daher nochmals vor den Landtag. Im Zweifel besser einmal zu viel als einmal zu wenig fragen. Das rechtstaatliche Prinzip «kein Handeln ohne Gesetz» ist einzuhalten. Ich bin zuversichtlich, dass die Regierung zur selben Auffassung gelangen wird.
«Neuerlicher Beschluss für eine klare Legitimation»
Manuela Haldner-Schierscher, Landtagsabgeordnete der Freien Liste (FL)
Die Vaduzer Stimmbevölkerung hat mit der deutlichen Zustimmung zum Unterstützungsbeitrag von 5,4 Millionen Franken ein klares Zeichen gesetzt: Sie will die neue Landesbibliothek am vorgesehenen Standort im Post- und Verwaltungsgebäude realisiert sehen. Dieses starke Votum schafft eine neue Ausgangslage und verdient Respekt.
Trotzdem stellt sich die Frage, wie es weitergeht. Der Landtag hat im Juni 2024 einen weiteren Ergänzungskredit für das Projekt aus unterschiedlichsten Gründen mehrheitlich abgelehnt. Die Annahme des Vaduzer Beitrags ist jedoch direkt mit diesem Bauvorhaben verknüpft und kann deshalb nicht losgelöst von der zuvor abgelehnten Finanzierung betrachtet werden. Da der Landtag die Finanzhoheit hat, wäre es rechtlich wie politisch heikel, wenn die Regierung die Schenkung einfach annimmt und das Projekt ohne erneute parlamentarische Entscheidung weiterführt.
Aus Gründen der Transparenz, Rechtssicherheit und politischen Kultur sollte der Landtag deshalb nochmals entscheiden. Nur ein erneuter Beschluss schafft eine klare Legitimation, das Projekt im Lichte der Befürworterinnen und Befürworter weiterzuführen. Die Regierung sollte dem Landtag daher eine aktualisierte Vorlage vorlegen, die aufzeigt, wie das Projekt unter Berücksichtigung des Vaduzer Beitrags finanziell und baulich umgesetzt werden kann.
Deshalb kurzum: Ja, der Landtag soll noch einmal entscheiden und ich würde mich sehr freuen, wenn die neue Landesbibliothek tatsächlich mitten in Vaduz entstehen kann.
«Braucht es den Landtag überhaupt noch?»
Marion Kindle-Kühnis, Landtagsabgeordnete der Demokraten pro Liechtenstein (DpL)
Die Frage, ob der Landtag nochmals über die Landesbibliothek entscheiden soll, ist aus meiner Sicht mehrschichtig. Der Landtag hat im Jahr 2019 einen Finanzbeschluss zum Bau der Landesbibliothek an dem Standort des alten Postgebäudes in Vaduz gefällt. Dazwischen liegen allerdings zwei Ergänzungskredite, von denen einer, und zwar der letzte, vom Landtag nicht bewilligt wurde. Bei dieser Debatte hatte der damalige Regierungschef Risch klar und deutlich verlauten lassen, dass hier und jetzt Schluss sei. Das Thema war damals vom Tisch.
Im diesjährigen Hochbautenbericht wurde lange über die Landesbibliothek debattiert. Vor allem, weil die Regierung damals ohne Auftrag des Landtages auf Sponsorensuche gegangen ist. Verdankenswerterweise hat das Vaduzner Stimmvolk der Erhöhung ihres Beitrages an die Landesbibliothek zugestimmt, die Frage ist allerdings, auf welcher Rechtsgrundlage? Kann und darf sich die Regierung eigenmächtig auf die Suche nach anderen Finanzquellen machen, ohne dass der Landtag, welcher die Finanzhoheit innehat, diesen Auftrag erteilt hat?Was, wenn ein anderer Entscheid des Landtags der Regierung nicht gefällt und sie sich bei privaten Personen, Gemeinden oder gar anderen Staaten auf Sponsoringsuche begibt?
Solch ein eigenmächtiges Vorgehen entspricht nicht unserer Staatsordnung, es verletzt auch die Gewaltenteilung. Daher muss dieser abgeänderte Finanzbeschluss dem Parlament zwingend zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Ich bin eine klare Befürworterin einer neuen Landesbibliothek, aber ohne rechtskonformes Vorgehen steht das Projekt auf wackeligen Beinen. Dass die Regierung bereits mitten in der Planung zur Ausführung ist, überrascht deshalb sehr.
Eiertanz um Landesbibliothek
Rechtsgutachten für neue Landesbibliothek liegt vor
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