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Das neue Baugesetz (Teil 9)

Wer in Liechtenstein bauen will, muss sich an das Baugesetz halten, und das ist weitgehend veraltet. Deswegen tritt am 1. Oktober das neue Baugesetz in Kraft. Es soll das Leben von Bauherren und Behörden um einiges vereinfachen.
hochbauamt, landesverwaltung, liechtenstein, vaduz (Bild: Elma Velagic)

62 Jahre alt ist das Baugesetz, das im Moment noch gilt, und es darf bald in Rente gehen. Die Welt dreht sich weiter in 62 Jahren und so verwundert es kaum, dass das Gesetz inzwischen veraltet ist. Dazu kommt, dass der Landtag immer wieder grössere oder kleinere Änderungen angebracht hat und das Baugesetz zum unübersichtlichen Flick-werk ohne einheitliche Linie wurde. Bereits Mitte der 90er-Jahre beschloss die Regierung, dass das Baugesetz neu ausgearbeitet werden sollte. Der neue Text liegt nun vor und tritt am 1. Oktober dieses Jahres in Kraft. Einer, der massgeblich zum neuen Baugesetz beigetragen hat, ist Manfred Gsteu vom Hochbauamt. Er spricht von «Evolution, nicht von Revolution». Bei der Ausarbeitung des neuen Gesetzes-textes ging es zu einem Grossteil um das Verfahren bei Baubewilligungen. Ein Hauptziel war es, die Baubewilligungen an eine unpolitische Instanz zu übertragen, also weder an die Gemeinde noch an die Regierung. Bis anhin waren sowohl die Gemeinden als auch das Hochbauamt für Baubewilligungen zuständig. Dieser Dualismus wird mit dem neuen Gesetz aufgehoben. Einerseits erleichtert das den Bauherren das Leben – sie müssen sich nur noch an eine Behörde wenden, nämlich das Hochbauamt. Andererseits wird das Bewilligungsverfahren damit transparenter und die Rechtssprechung in Streitfällen vereinfacht.

Das Koordinationsgebot

In ein Bewilligungsverfahren sind die verschiedensten Behörden involviert: das Hochbauamt, die jeweilige Gemeinde, das Amt für Umweltschutz, das Amt für Gesundheit, das Amt für Lebensmittelkontrolle und Veterinärwesen usw. Bis anhin kommunizierten alle betroffenen Behörden einzeln mit dem Antragsteller, doch auch das soll nun einfacher werden: mit dem sogenannten Koordinationsgebot. Neu ist das Hochbauamt dafür zuständig, die Mitteilungen der einzelnen Behörden zu koordinieren. Das bedeutet zwar nicht, dass es nur noch einen Beschluss gibt. Nach wie vor wird jede Behörde für sich entscheiden. Der Grund: Pro Beschluss darf nur ein Rechtsmittel angeführt werden, und die Rechtsmittel können je nach Amtsstelle unterschiedlich sein. Der grosse Vorteil des Koordinationsgebotes allerdings liegt darin, dass alle relevanten Entscheidungen künftig gemeinsam verschickt werden – und das macht das ganze Prozedere für den Antragsteller übersichtlicher.

Innert zweier Monate bearbeitet

Ein weiterer Vorteil des neuen Gesetzes liegt in der Einhaltung bestimmter Fristen. Die Behörden müssen die Anträge künftig innerhalb klar definierter zeitlicher Grenzen bearbeiten – ein Novum im liechtensteinischen Baurecht. Geht ein Baugesuch vollständig beim Hochbauamt ein, erhält der Antragsteller innert zweier Monate eine Antwort. Ein ehrgeiziges Vorhaben, wie Manfred Gsteu vom Hochbauamt meint. Allerdings entspräche diese Frist der durchschnittlichen Bearbeitungsdauer in den vergangenen Jahren. Der Antragsteller hat die Möglichkeit, eine Säumnisbeschwerde bei der Beschwerdekommission für Verwaltungsangelegenheiten (VBK) einzureichen, wenn er nach zwei Monaten noch keinen Bescheid erhalten hat. Einer eventuellen Fahrlässigkeit seitens der Behörden wird damit ein Riegel vorgeschoben.

Land und Gemeinden

Bisher reichte man Baugesuche bei der betroffenen Gemeinde ein. Der Gemeinderat entschied über das Baugesuch im Rahmen von Gemeindebauordnung, Zonenplan und gegebenfalls von Überbauungsplänen mit den zugehörigen Vorschriften. Das Hochbauamt überprüfte das Gesuch auf die Bestimmungen des Baugesetzes und erteilte die definitive Baubewilligung. Neu ist nur noch das Hochbauamt  Baubehörde, und es ist auch das Hochbauamt, bei dem das Gesuch einzureichen ist und das den Baubescheid über dieses ausfertigt.
Die Gemeinde ist im Rahmen des Koordinationsverfahrens eingebunden und prüft auf ihrer Ebene nach wie vor das Bauvorhaben auf die Einhaltung der Bau- und Nutzungsordnung. Zuständig für den Teilentscheid, der als Bestandteil in den Baubescheid aufgenommen wird, ist aber neu der Gemeindevorsteher. Nur in Ausnahmefällen entscheidet künftig der Gemeinderat über ein Baugesuch in diesem Wirkungskreis, zum Beispiel, wenn der Antrag sich auf ein Gebiet ausserhalb der Bauzone bezieht oder eine Ausnahme von der Bauordnung beantragt wird. Auch was die Kontrolle der Bauten anbelangt, wird neu das Hochbauamt zuständig sein, nicht mehr die Gemeinde. Diese unterstützt jedoch das Hochbauamt beim Vollzug des Baurechts.

Die Ausnützungsziffer

Eine weitere Neuerung des Baugesetzes ist die geänderte Definition der Bruttogeschossfläche für die Berechnung der Ausnützungsziffer. Die Ausnützungsziffer bezeichnet das Verhältnis zwischen der Bruttogeschossfläche und der Landfläche des Baugrundstückes. Mit dem neuen Baugesetz wird dieses Verhältnis grosszügiger ausgelegt, da die Aussenwände nicht mehr zur Bruttogeschossfläche gerechnet werden.
Grob gesagt bedeutet das: Im Durchschnitt kann neu ein Zimmer mehr pro Geschoss gebaut werden. Das bezieht sich nicht nur auf Neubauten, sondern auch auf Gebäude, die jetzt schon stehen. Diese können mit dem neuen Gesetz also erweitert werden, auch wenn nach altem Baurecht die maximale Ausnützung bereits erreicht war. Auch in der Regelbauweise gibt es Änderungen. So wird beispielsweise die maximale Höhe eines Gebäudes von 11 auf 12 Meter erhöht. Damit ist es künftig einfacher, viergeschossige Gebäude zu errichten.

 
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