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Bürgermeister-Attacke war fremdenfeindlich

Die Messerattacke auf den in Deutschland für sein Flüchtlings-Engagement bekannten Bürgermeister von Altena, Andreas Hollstein, hat laut Staatsanwaltschaft ein fremdenfeindliches Motiv. Gegen den 56-jährigen Täter erging am Dienstag Haftbefehl wegen versuchten Mordes.
Die Helden von Altena sind in diesen Tagen die Döner-Imbiss-Besitzer Abdullah Demir (links) und  Sohn Ahmet Demir - sie haben beim Messerangriff auf Bürgermeister Hollstein das Schlimmste verhindert.
Die Helden von Altena sind in diesen Tagen die Döner-Imbiss-Besitzer Abdullah Demir (links) und Sohn Ahmet Demir - sie haben beim Messerangriff auf Bürgermeister Hollstein das Schlimmste verhindert. (Bild: KEYSTONE/AP/MARTIN MEISSNER)

Der arbeitslose Maurer hatte den 54 Jahre alten CDU-Politiker am Montagabend in einem Döner-Imbiss in der 18'000-Einwohner-Stadt in Nordrhein-Westfalen angegriffen und am Hals verletzt.

Die Ermittler gehen von einer spontanen Tat aus, da der angetrunkene Täter, ein Deutscher, erst im Imbiss bemerkt habe, dass der andere Kunde der Bürgermeister war. Hinweise, dass der Täter Verbindungen in die organisierte rechte Szene gehabt habe, seien bislang nicht gefunden worden, sagte Oberstaatsanwalt Gerhard Pauli am Dienstag in Hagen.

Entschlossene Imbiss-Betreiber

Er habe viel Glück gehabt, sagte Hollstein, als er am Dienstag im Rathaus von Altena den Angriff schilderte. Wenn ihm die beiden Besitzer der Imbissstube nicht beherzt zu Hilfe gekommen wären, wäre er womöglich nicht mehr am Leben.

Der Bürgermeister war am Montagabend nach einer Sitzung im Rathaus in dem Imbiss eingekehrt. Den Ermittlern zufolge hatte der 56-Jährige dort ein politisches Gespräch zwischen dem Imbissbesitzer und Hollstein mitgehört. Plötzlich habe er Hollstein angesprochen und gefragt, ob er der Bürgermeister sei.

Dann habe er dem Politiker vorgeworfen, ihm das Wasser abgedreht und 200 Flüchtlinge in die Stadt geholt zu haben. Anschliessend soll er ein Küchenmesser mit 22 Zentimeter langer Klinge aus seinem Rucksack geholt und Hollstein an den Hals gesetzt haben.

Der Bürgermeister konnte die erste Attacke abwehren. Zusätzlich kam der Imbissbesitzer dazu und kurz darauf sein Vater aus der Küche. Gemeinsam wehrten sie nach Angaben der Ermittler den kräftig gebauten Maurer ab. Der Vater wurde an der Hand verletzt. Kurz darauf nahm die Polizei den Angreifer fest.

Alkoholisiert und spontan gehandelt

Die Staatsanwaltschaft geht von einer Tötungsabsicht aus niedrigen Beweggründen aus. Allerdings habe der mit 1,1 bis 1,2 Promille alkoholisierte Mann vermutlich nicht geplant gehandelt.

Politiker in Deutschland sind schon früher Opfer von Attentätern geworden: 1990 schoss ein Mann auf Wolfgang Schäuble. Der damalige Innenminister und heutige Bundestagspräsident ist seitdem querschnittsgelähmt.

In Köln stiess ein Rechtsradikaler im Oktober 2015 der späteren Oberbürgermeisterin Henriette Reker ein Jagdmesser in den Hals. Reker überlebte nur knapp. Hollstein sagte, solch schwere Anschläge sollten nicht mit seinem Fall verglichen werden.

Merkel "entsetzt"

Die erneute Gewaltattacke löste bestürzte Reaktionen aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel - CDU-Mitglied wie Hollstein - äusserte sich "entsetzt über den Messerangriff". Merkel hatte Hollstein und die Stadt Altena im Mai für ihre gute Flüchtlingsarbeit mit dem Nationalen Integrationspreis ausgezeichnet.

Justizminister Heiko Maas schrieb auf Twitter: "Dürfen niemals akzeptieren, dass Menschen attackiert werden, nur weil sie anderen helfen." In Deutschland dürfe "kein Platz sein für Hass und Gewalt", schrieb der SPD-Politiker.

"Solche Taten müssen uns endlich alle aufrütteln", sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz: "Hetze, Hassparolen und Angstmacherei spalten unser Land."

Linken-Parteichefin Katja Kipping machte die rechtsnationalistische AfD (Alternative für Deutschland) mitverantwortlich für die Messerattacke. "Wer wie die AfD agitiert, muss sich vorwerfen lassen, Gewalttäter wie in Altena regelrecht zum Handeln zu ermutigen", sagte Kipping der Nachrichtenagentur AFP. (sda/dpa/afp/reu)

 
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