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Gekommen, um zu bleiben

«Alpenrheintaler sind mit ihrem Leben zufriedener.»
Stefan Güldenberg
Stefan Güldenberg, Professor für Internationales Management und Vorsitzender des Senats an der Universität Liechtenstein

Talente im Rheintal sind zufriedener als solche, die es in städtische Ballungsräume gezogen hat. Eine aktuelle Studie zeigt, woran das liegt und was getan werden muss, um diesen Standortvorteil auch für die Zukunft zu sichern. Inzwischen leider ein ganz normaler Montagmorgen in meiner Mailbox: Ein Forschungskollege aus dem Nahen Osten muss eine wichtige Präsentation absagen, da ein vorübergehender Ausreisestopp verhängt wurde. Eine andere Kollegin entschuldigt sich, da ihr Flieger aufgrund einer Bombenwarnung nicht abheben konnte, und ich habe gleich eine Videokonferenz, die sich mit dem Thema beschäftigen wird, wie wir eine anstehende grosse wissenschaftliche Konferenz in England gegen das allgemeine Terrorrisiko absichern können.

Erfreuliche Ergebnisse

Gute Politik besteht darin, dass man möglichst wenig von ihr im Alltag bemerkt. Diese Aussage eines weisen Politikers trifft insbesondere auf gute Standortpolitik zu. In einer Welt, in der Menschen zunehmend mobil werden, Europa nach seiner eigenen Identität und seinen Werten sucht, die alte Weltordnung sich auflöst und die internationale Politik ihr Heil in einer chaotischen Mixtur aus Populismus und Protektionismus sucht, steht Liechtenstein vor der Herausforderung, seine wirtschaftliche Erfolgsgeschichte auch für die nächste Generation fortzuschreiben. Da ist es gut zu wissen, wie Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner, aber auch ihre unmittelbaren Nachbarn, das Leben und Arbeiten in der hiesigen Region empfinden. Eine gross angelegte Studie der Universität Liechtenstein in der Region Bodensee-Alpenrheintal liefert dazu erste interessante Einblicke. Mittlerweile über 750 Personen von Jung bis Alt wurden in vier Ländern und zwölf Bundesländern und Kantonen zu Themengebieten wie allgemeiner Lebenszufriedenheit, Arbeitszufriedenheit, Work-Life-Balance, Zufriedenheit zu Gesetzgebung und Politik und zukünftigen Herausforderungen der Region befragt.

Die Ergebnisse sind für Liechtenstein insgesamt sehr erfreulich: Alpenrheintaler sind im Durchschnitt mit ihrem Leben zufriedener als Menschen, die in einer Grossstadt leben. Besonders geschätzt wird die hohe Lebensqualität in einer nach wie vor intakten Natur, die Nähe zu Familie und Freunden und der bereits erwähnte Aspekt Sicherheit. Bemerkenswert, dass bei aller Wertschätzung der Landschaft das Thema Verfügbarkeit von Grund und Boden nach wie vor über alle vier Länder hinweg der dominante Negativpunkt in der Wahrnehmung der eigenen Lebensqualität ist, neben der täglichen Sorge um die weitere Aufrechterhaltung und Leistbarkeit des Lebensstandards. Braucht jeder Rheintaler wirklich sein eigenes Häuschen im Grünen, um glücklich zu sein? In puncto Arbeitszufriedenheit fallen die generell hohen Werte bei der Zufriedenheit mit dem Arbeitsumfeld und dem Erfolg im Job auf. Bemängelt werden hier im Vergleich zu städtischen Regionen die weiteren Karrierechancen, die Möglichkeit zu Jobwechseln auf vergleichbarem Niveau und eine nicht ausreichende Work-Life-Balance. Die Befragten wollen durchwegs mehr Zeit für Familie und Freunde, es treibt sie aber gleichzeitig die ständige Angst um Wohlstandsverlust, manchmal sogar wieder aus dieser wunderschönen Region hinaus.

Von den anderen lernen

Die Untersuchung betritt in vielerlei Hinsicht Neuland. An kaum einem anderen Ort hat bisher eine vergleichbare grenzüberschreitende Befragung über vier benachbarte politische Systeme stattgefunden. Die Ergebnisse verweisen darauf, wie sich Politik und Region als Ganzes am besten positionieren können. Schweizer und besonders Liechtensteiner sind etwa zufriedener mit ihren Rechts- und Steuersystemen als Deutsche und Österreicher. Dafür sind Letztere glücklicher in Bezug auf das soziale und kulturelle Angebot. Hier heisst es, von den jeweils anderen zu lernen.

Überraschend einig waren sich die Befragten, wo künftig politischer Handlungsbedarf besteht: «Fördert Hightech-Unternehmen und KMU, den Zuzug von Talenten und die Kooperation zwischen Universitäten und der Wirtschaft», lauten die zentralen Forderungen in dieser Rubrik. Was bleibt, ist die scheinbare Widersprüchlichkeit zwischen Arbeitszeit und Lebenszeit und die damit verbunden Erwartungen an ein gutes Leben. Eine gerade lancierte Jugendstudie und der Vergleich zwischen den Generationen sollten hier mehr Licht ins Dunkel bringen.

 

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