Parlament will EU-konformes Waffenrecht
Früher als erwartet konnten sich die grosse und die kleine Kammer bei der Änderung des Waffenrechts in den wichtigsten Punkten einigen. Übrig bleiben zwei formale Differenzen, die am Mittwoch vom Ständerat beseitigt werden dürften. Danach wäre die Vorlage bereit für die Schlussabstimmung.
Grosse Magazine nicht frei verkäuflich
Zu diskutieren gaben in der zweiten Runde im Nationalrat vor allem die Regeln betreffend Erwerb und Besitz von grossen Waffenmagazinen sowie die Markierung von Waffenbestandteilen. Der Nationalrat war bei seinen Beratungen im Sommer bei diesen zwei Punkten vom Bundesrat abgewichen.
Nach dem bisherigen Willen der grossen Kammer sollten grosse Magazine weiterhin frei verkäuflich sein. Zudem wollte sie darauf verzichten, künftig alle wesentlichen Waffenbestandteile zu markieren.
Unklare Umsetzung
Nun kam der Nationalrat auf diese beiden Entscheide zurück und folgte einem Kompromissvorschlag des Ständerats. Demnach soll für grosse Magazine eine Regelung gelten, wie sie heute für Munition vorgesehen ist: Nur wer rechtmässig eine entsprechende Waffe besitzt, darf auch ein zugehöriges grosses Magazin kaufen.
Munitionskartons sind allerdings mit einer Nummer versehen, für Magazine ist das nicht geplant. Wie die neue Regelung in der Praxis umgesetzt wird, ist daher unklar.
Markierung ohne grossen Mehraufwand
Weiter sollen künftig alle wesentlichen Waffenbestandteile mit einer Markierung versehen werden. Bei Pistolen handelt es sich um Griffstück, Verschluss und Lauf, bei Gewehren um Verschlussgehäuse, Verschluss und Lauf.
Nach geltendem Schweizer Recht genügt es bei zusammengebauten Waffen, einen wesentlichen Waffenbestandteil zu markieren. Nach Ansicht der Mehrheit stellen die neuen Regeln keinen unverhältnismässigen Aufwand dar.
SVP alleine in der Opposition
Verliererin der Debatte vom Montag war die SVP. Sie wollte nicht nachgeben und den Kollisionskurs mit der EU aufrechterhalten. Doch nur ein Teil der FDP wollte das Powerplay mittragen.
Ein Referendum gegen die EU-Waffenrichtlinie ist trotzdem so gut wie sicher. Die Verschärfung des Schweizer Waffengesetzes verärgert neben der SVP auch die Schützen.
Justizministerin Simonetta Sommaruga machte im Laufe der Diskussionen im Parlament immer wieder klar, dass eine weniger weitgehende Verschärfung des Waffenrechts "nicht EU-konform" sei. Sie warnte vor drastischen Folgen: "Die Schengen-Verträge träten ausser Kraft."
Viele Ausnahmen bereits verankert
Das Parlament hatte den bundesrätlichen Entwurf in der ersten Runde bereits in einigen Punkten entschärft, um den schweizerischen Eigenheiten und der Tradition im Schiesswesen Rechnung zu tragen. So sollen Waffenhändler nicht verpflichtet werden, über grosse Magazine Buch zu führen.
Auch sollen bisherige Besitzer von Waffen, die neu zu den verbotenen Waffen zählen, den kantonalen Behörden lediglich eine Meldung über noch nicht registrierte Waffen machen müssen. Weitere Auflagen müssen sie nicht erfüllen.
Schliesslich stimmte der Ständerat vergangene Woche dem Vorschlag des Nationalrats zu, eine nach der Dienstzeit direkt übernommene Ordonnanzwaffe nicht unter den verbotenen Waffen einzureihen. Für die Armee-Sturmgewehre gilt zwar ohnehin eine Ausnahme, formell wollte der Bundesrat diese aber zu den verbotenen Waffen zählen.
Reaktion auf Attentate
Die nun vom Parlament beschlossenen Änderungen dürften im Einklang mit der EU stehen. Diese hatte das Waffenrecht in ihren Mitgliedstaaten nach den Anschlägen von Paris im November 2015 verschärft. Die Schweiz muss die Änderungen bis Ende Mai 2019 umsetzen, sonst droht die Beendigung der Schengen/Dublin-Zusammenarbeit.
Verschärft werden die Bedingungen für den Kauf halbautomatischer Gewehre und Pistolen. Wenn in solche Waffen ein Magazin mit einem Fassungsvermögen über zehn respektive zwanzig Schuss eingesetzt ist, handelt es sich neu um verbotene Waffen. Solche dürfen nur von Sammlern oder Sportschützen gekauft werden.
Zwei formelle Differenzen
Einschneidende Einschränkungen für Waffenbesitzer sind jedoch nicht vorgesehen. Der EU ging es darum, den Informationsaustausch zu verbessern, den illegalen Waffenhandel einzudämmen und den Zugang zu besonders gefährlichen Waffen einzuschränken.
Die Vorlage geht nun noch einmal zurück an den Ständerat, der nur noch über zwei formelle Änderungen zu befinden hat. (sda)
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