Kopftuchverbot widerspricht Glaubensfreiheit
Die kantonale Initiative "für ein Verbot jeglicher Kopfbedeckung an Walliser Schulen" war am 3. März 2016 mit 4369 gültigen Unterschriften zustande gekommen. Die von der Walliser SVP lancierte Volksinitiative wollte laut Initiativtext Kopfbedeckungen wie Hüte, Helme oder Schals verbieten. Die Initianten hatten allerdings eingeräumt, dass es ihnen vor allem um das Tragen des Schleiers oder Kopftuches geht, das sie an den Schulen verbieten wollen.
Das Walliser Kantonsparlament erklärte die Initiative am 15. Dezember 2017 nach einer längeren Debatte mit 93 zu 24 Stimmen bei vier Enthaltungen für ungültig. Es befand, die Initiative sei unzulässig, weil sie im Widerspruch zu den Grundrechten stehe.
Das Bundesgericht geht mit den Beschwerdeführern nicht einig, dass eine Initiative nur für ungültig erklärt werden kann, wenn das Recht offensichtlich verletzt wird. Das höchste Schweizer Gericht hält in seinem am Freitag publizierten Urteil fest, dass eine kantonale Volksinitiative nichts enthalten darf, was übergeordnetem Recht widerspricht, sei es kantonal, eidgenössisch oder international.
Übergeordnetes Recht geht vor
Um eine Initiative zu interpretieren, empfehle es sich, sich zuerst auf den Wortlaut zu stützen. Es sei aber nicht ausgeschlossen, auch die Begründung der Initianten zu berücksichtigen. Auch wenn das Ziel der Initiative im vorliegenden Fall scheinbar weiter gefasst sei, habe diese in Wahrheit das Tragen des Kopftuchs im Visier.
In dieser Hinsicht spreche die Plakatkampagne für sich, die während der Unterschriftensammlung geführt worden sei, stellt das Bundesgericht fest. Tatsächlich zeigten die Plakate eine verschleierte Frau mit dem Slogan "Kopftuch an den Schulen NEIN". Ebenso spreche das Communiqué der SVP, das den Start der Initiative angekündigt habe, ausschliesslich von dieser Problematik.
Unter diesen Umständen sei davon auszugehen, dass die Mehrheit mit ihrer Unterschrift ihre Unterstützung für ein Kopftuchverbot an den Schulen manifestiert habe. Das Bundesgericht erinnert des Weiteren an ihre Rechtsprechung betreffend die Glaubens- und Gewissensfreiheit. Das Tragen des Kopftuchs sei Ausdruck einer religiösen Überzeugung, die durch die Verfassung geschützt sei. Einen Schüler in seinem religiösen Glauben einzuschränken, wäre ein schwerer Verstoss gegen dieses Prinzip.
Die SVP-Initiative sei zwar vage formuliert. Sie habe dem Kantonsparlament aber trotzdem keine Möglichkeit gelassen, eine Auslegung zu erarbeiten, welche das übergeordnete Recht respektiert hätte, hält das Bundesgericht fest.
(Urteil: 1C_76/2018 vom 20. August 2018) (sda)
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