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Ansprache am Staatsakt 2025

Erbprinz Alois: «Entwicklungen führen zu einem Gefühl der Unsicherheit»

Trotz der aktuellen Entwicklungen, könne Liechtenstein dank einer guten Ausgangslage optimistisch bleiben. Die diesjährige Ansprache von Erbprinz Alois im Wortlaut.
Erbprinz Alois während der Ansprache zum Staatsakt 2025
Erbprinz Alois während der Ansprache zum Staatsakt 2025
Staatsfeiertag in Liechtenstein (15.8.2025)
Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein im Kurzinterview

Liebe Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner

Exzellenzen

Liebe Gäste

Den heutigen Staatsfeiertag begehen wir in einem neuen Format. Dies gilt auch für den Vormittag im Schlossbereich. Es freut mich besonders, dass Bischof Benno Elbs dieses Jahr am Ende des Staatsaktes unser Land, unsere Gemeinden und unsere Bevölkerung segnen wird.

Der Staatsfeiertag ist immer auch eine Gelegenheit, darüber nachzudenken, auf welchen Grundlagen und Werten unser Staat und unsere Gesellschaft aufgebaut sind. Dies gilt besonders in der heutigen Zeit, in der wir mit erheblichen neuen Herausforderungen konfrontiert sind.

Eine solche Herausforderung sind die grundlegenden Änderungen auf internationaler Ebene.

Leider können wir uns immer weniger auf eine regelbasierte Weltordnung verlassen.

Dies führt zu einer geänderten Sicherheitslage, schwierigeren Rahmenbedingungen für unsere Unternehmen und kann dadurch auch Auswirkungen auf die weitere gedeihlichen Entwicklung unserer Gesellschaft haben.

Gleichzeitig fordert uns eine rasante technologische Entwicklung, insbesondere die Künstliche Intelligenz sowie die uns heute überall begleitenden Smartphones. Die neuen Möglichkeiten dieser technologischen Entwicklung eröffnen sowohl uns persönlich als auch unseren Unternehmen viele Vorteile und Chancen. Damit verbunden sind aber auch schwierige Herausforderungen, wie neue psychische Belastungen oder gesellschaftliche Destabilisierungen durch eine problematische Nutzung der Sozialen Medien.

Schliesslich sind wir weiterhin durch die demographische Entwicklung gefordert.

Die Finanzierung unserer Altersvorsorge und Pflege werden uns zumindest so lange beschäftigen, bis wir ein Verfahren haben, um sie automatisch an die demographische Entwicklung anzupassen.

Wenn die geburtenstarken Jahrgänge bald grösstenteils pensioniert sind, fehlen uns aber auch die Arbeitskräfte für unsere Unternehmen und für jenen Teil der Bevölkerung, der auf Dienstleistungen wie Pflege und Ähnliches angewiesen ist.

Die Summe dieser Entwicklungen führt bei vielen Menschen zu einem Gefühl von Unsicherheit und Kontrollverlust.

In einer solchen Phase ist es besonders wichtig, dass wir die Herausforderungen genau analysieren, uns selbst richtig einschätzen, weiter auf jene Grundlagen und Werte setzen, die auch in Zukunft eine Stärke sein werden, gleichzeitig aber dort, wo Anpassungen und Reformen nötig sind, diese gut vorbereiten und rasch umsetzen. In diesem Sinne möchte ich Ihnen am heutigen Tag einige Gedanken zur geänderten Sicherheitslage, der rasanten technologischen Entwicklung und der demographischen Entwicklung mitgeben.

Da sich die Sicherheitslage umfassend geändert hat, sollten wir auch unsere Sicherheitspolitik grundlegend überarbeiten. Bis vor nicht allzulanger Zeit war unsere Sicherheitspolitik weitgehend auf die traditionelle innere Sicherheit sowie den regionalen Katastrophenschutz fokussiert. In jüngerer Zeit haben wir uns zusätzlich mit der Cybersicherheit beschäftigt und auch in dieser Hinsicht Massnahmen getroffen.

Dies war wichtig, weil unser Staat, unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft immer stärker von einer funktionierenden digitalen Infrastruktur abhängen. Für eine stabile digitale Infrastruktur benötigen wir aber neben Cybersicherheit auch eine gute Regulierung – nicht zuletzt, um das nötige Vertrauen durch einen effizienten und hohen Schutz von Daten in sensitiven Bereichen wie Gesundheit zu gewährleisten. Zusätzlich brauchen wir Energiesicherheit, insbesondere bezüglich des Stromnetzes, und eine Gesellschaft, die die digitalen Instrumente, vor allem auch die künstliche Intelligenz, einerseits zu nutzen versteht und andererseits mit deren Gefahren umgehen kann.

Daher sollten wir unsere Sicherheitspolitik in einem breiten Einbezug der Bevölkerung und der Wirtschaft von Grund auf überarbeiten und u. a. um Aussensicherheit, digitale Sicherheit und Stärkung der gesellschaftlichen Resilienz ergänzen.

In diesem Zusammenhang sehe ich drei Massnahmenbereiche als ganz entscheidend:

Bildungsmassnahmen, um alle Teile der Bevölkerung möglichst gut auf eine immer digitalere Welt, insbesondere die Künstliche Intelligenz, vorzubereiten,

eine für das digitale Zeitalter geeignete Kommunikation zwischen den Staatsorganen, der Wirtschaft, den Medien und der Bevölkerung insgesamt – nicht zuletzt, um auch unseren besonderen Gemeinsinn und unser hohes Vertrauen in unsere staatlichen Institutionen zu erhalten und

Integrationsmassnahmen für eine Erhöhung der gesellschaftlichen Resilienz wie z. B. eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für Freiwilligenarbeit und für unsere gemeinnützigen Vereine.

Mit Massnahmen im Bildungsbereich sollten wir einerseits die Voraussetzungen schaffen, damit wir bei der Künstlichen Intelligenz und den sonstigen technologischen Entwicklungen unsere besondere Innovationskraft und unser starkes Unternehmertum auch in Zukunft erfolgreich einsetzen. Andererseits sollten wir uns alle im Umgang mit den Gefahren der technologischen Entwicklung schulen. Um z. B. den enormen gesellschaftlichen Folgeproblemen von psychischen Schäden vorzubeugen, sollten wir das nötige Bewusstsein für jene Gefahren bilden, die von Smartphones und Sozialen Medien sowohl für Kleinkinder und Schulpflichtige als auch für Erwachsene ausgehen.

Bezüglich der demographischen Entwicklung wurde bereits eine Altersstrategie erarbeitet, die wir nun konsequent umsetzen sollten. Dazu gehören nötige Reformen in den Bereichen Gesundheitswesen, Pflege sowie der ersten und zweiten Säule der Altersvorsorge. Ebenfalls dazu gehören weitere demographische Massnahmen wie flexible Arbeitsbedingungen. Neben dem klugen Einsatz neuer Technologien sind nämlich vor allem Massnahmen zur Erhöhung der Attraktivität unserer Arbeitsplätze – auch für die ältere Bevölkerung – ganz entscheidend, um auch noch in Zukunft über die nötigen Arbeitskräfte zu verfügen.

Liebe Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner

Wir können stolz darauf sein, wie wir solche Herausforderungen bisher gemeinsam angegangen sind.

Lasst uns weiterhin die richtige Balance zwischen langfristiger Orientierung, Stabilität, Kontinuität und Bürgernähe einerseits sowie ständiger Weiterentwicklung dank Innovation und Unternehmertum andererseits finden. Dann können wir – auch angesichts einer hervorragenden Ausgangslage – optimistisch in die Zukunft blicken.

Von Herzen danke ich all jenen, die an der Gestaltung des Staatsfeiertages mitgewirkt haben, und wünsche Ihnen allen einen schönen Festtag und Gottes Segen.

Artikel: http://www.vaterland.li/liechtenstein/politik/erbprinz-alois-entwicklungen-fuehren-zu-einem-gefuehl-der-unsicherheit-art-607689

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