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Anklage gegen mehrere Personen

Arbeiter in Liechtenstein wurden zur Vortäuschung von Unfällen rekrutiert

Gegen den 51-jährigen Haupttäter sowie die 14 Mittäter wird nun beim Kreisgericht Rheintal Anklage erhoben.
Unfall auf der Baustelle.
Unfall auf der Baustelle. (Bild: Raphaël Dupain)

Die Staatsanwaltschaft des Kantons St.Gallen hat eine umfangreiche Strafuntersuchung gegen 15 beschuldigte Personen wegen des Verdachts des gewerbsmässigen Betrugs sowie der gewerbsmässigen Geldwäscherei zum Abschluss gebracht.

Nach eingegangenen Hinweisen aus dem Umfeld des 51-jährigen Haupttäters nahm die Kantonspolizei St.Gallen unter der Leitung der Staatsanwaltschaft des Kantons St.Gallen die Ermittlungen auf. Dem im Rheintal wohnhaften beschuldigten Portugiesen wird vorgeworfen, ab Sommer 2021 in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein, zunächst für sich selbst und anschliessend mithilfe von weiteren Mittätern, einen organisierten gewerbsmässigen Betrug zum Nachteil von Schweizer Unfallversicherungen aufgezogen zu haben. Dabei rekrutierte er Personen aus seinem Freundes-, Familien- und Bekanntenkreis aus der Schweiz, Deutschland und Portugal, die für ihn in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein Arbeitsunfälle vortäuschen sollten.

Der 51-Jährige beschaffte den Arbeitern – teilweise mit frisierten Lebensläufen – Arbeitsstellen bei Personalvermittlungsbüros in der Schweiz sowie meist auch im Fürstentum Liechtenstein, errichtete auf deren Namen jeweils ein Bankkonto, eine E-Mailadresse für die Kommunikation mit Unfallversicherern, Ärzten und den Arbeitgebern, organisierte ihre vorübergehende Unterbringung sowie ihren Transport zu den Arbeitseinsätzen und anschliessend zu Ärzten und Gesundheitseinrichtungen. Die Komplizen täuschten kurz nach Antritt der Stelle einen Arbeitsunfall vor und simulierten daraufhin eine gegenüber Ärzten direkt respektive gegenüber den Personalverleihbüros und Unfallversicherungen indirekt vermeintlich unfallbedingte Verletzungen und eine damit einhergehende völlige Arbeitsunfähigkeit. Die betrügerisch erwirkten Taggelder liess der Haupttäter sich meist auf das auf den jeweiligen Namen des Mittäters errichtete Bankkonto überweisen und entschädigte diese jeweils mit mindestens 1 000 Euro bis 2 000 Euro pro Monat für die Aufrechterhaltung der simulierten Arbeitsunfähigkeit.

Hohe unrechtmässig bezogene Taggeldzahlungen

Über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg zahlten vier Schweizer Unfallversicherungen aufgrund der Betrugsmasche dem Haupttäter wiederkehrend Taggeld in der Höhe von über 575 000 Franken aus. Von den unrechtmässig erhältlich gemachten Unfalltaggeldern beanspruchte er mindestens 343 000 Franken für sich. Gelder in der Höhe von rund 50 000 Franken konnten in der Schweiz und Portugal beschlagnahmt werden.

Freiheitsstrafe und Landesverweis gefordert

Die aufwändige Strafuntersuchung ist mittlerweile abgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft St.Gallen klagt den 51-jährigen Portugiesen an und fordert eine teilbedingte Freiheitsstrafe von drei Jahren, wovon 14 Monate zu vollziehen und bei 22 Monaten der Vollzug mit einer Probezeit von vier Jahren aufzuschieben ist, sowie eine Verpflichtung zur Bezahlung einer Ersatzforderung von 343 000 Franken . Zudem droht ihm ein Landesverweis von 14 Jahren. Der Haupttäter befindet sich im vorzeitigen Strafvollzug. Auch bei den vierzehn weiteren Personen – zwölf Portugiesen, ein Deutscher sowie ein Brite –, wurden jeweils bedingte Freiheitsentzüge und Landesverweise gefordert. Die Verfahren gegen die Mittäter werden mit separaten Anklagen abgeschlossen. (ssg)

Von beiden Ländern gleichzeitig Gelder bezogen

Der erste Betrugsfall in Liechtenstein sei gleich auf die erste Krankschreibung des 45-jährigen Mannes in der Schweiz hin gefolgt: Nach seinem Unfall im März 2021 soll der in der Schweiz immer noch krankgeschrie­bene Hauptverdächtige eine Stelle in Liechtenstein angenommen haben, so der «Tagesanzeiger» über den bisherigen Ermittlungsstand der Staatsanwaltschaft St. Gallen. Dort habe er bereits am ersten Arbeitstag einen Unfall vorgetäuscht und anschlies­send in beiden Ländern gleichzeitig Unfall­taggelder bezogen. Der «Tagesanzeiger» berichtet, dass er so um die 11 000 Franken pro Monat eingenommen haben soll. 

Für die Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung. (red)

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Arbeitsunfälle vorgetäuscht und Unfalltaggelder kassiert

 
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