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Agroscope-Umbau ärgert auch den Ständerat

Die angekündigte Reorganisation der Forschungsanstalt Agroscope hat auch im Ständerat zu reden gegeben. Er will der geplanten Zentralisierung einen Riegel schieben und das Gesetz so anpassen, dass der Bund darin verpflichtet wird, Forschungsanstalten zu betreiben.
Landwirtschaftliche Forschung sei durchaus an den Standort gebunden, finden zahlreiche Parlamentarier. Im Bild benutzt eine Forscherin in Ettenhausen TG eine Drohne zur Bestimmung der Grasqualität. (Archiv)
Landwirtschaftliche Forschung sei durchaus an den Standort gebunden, finden zahlreiche Parlamentarier. Im Bild benutzt eine Forscherin in Ettenhausen TG eine Drohne zur Bestimmung der Grasqualität. (Archiv) (Bild: Keystone/GAETAN BALLY)

Die kleine Kammer stimmte am Mittwoch einer entsprechenden Motion von Géraldine Savary (SP/VD) mit 28 zu 6 Stimmen bei 3 Enthaltungen zu. Der Abstimmung gingen markige Wortmeldungen voraus. "Der Sturmwind der Entrüstung muss ernst genommen werden", sagte etwa Beat Vonlanthen (CVP/FR) und sprach damit zahlreichen Standesvertretern aus dem Herzen.

Die Kritik an den bundesrätlichen Umbauplänen schlug sich in den vergangenen Wochen nicht nur medial nieder, sondern auch in Form zahlreicher parlamentarischer Vorstösse. Der Nationalrat hatte am Montag bereits eine Motion angenommen, die im Fall Agroscope einen "sofortigen Marschhalt" fordert.

Am Mittwoch trugen die Ständeräte den Ärger der Kantone in den Rat - viele davon wären als Standort einer Agroscope-Niederlassung von der geplanten Reorganisation betroffen. "Wir fordern für Agroscope eine ganzheitliche und eine mit der Branche verhandelte Strategie", fasste Ivo Bischofberger (CVP/AI) zusammen.

Sinnlose Zentralisierung

Kritik äusserte auch Brigitte Häberli-Koller (CVP/TG), die mit der schriftlichen Antwort des Bundesrats auf eine Interpellation von ihr unzufrieden war.

Der Bundesrat schreibe dort, Forschende seien nicht an den Standort gebunden. Gerade im Bereich der landwirtschaftlichen Forschung könne der Standort aber wichtig sein, warf Häberli-Koller ein. Eine Konzentrierung auf einen einzigen Standort, wie dies der Bundesrat plane, könne nicht der richtige Weg sein.

Dieser Ansicht ist auch die Waadtländer Ständerätin Savary. Sie befürchtet, dass die Schweiz durch die Zusammenschliessung der heute zwölf Standorte hochqualifizierte Forscherinnen und Forscher und wertvolles Wissen verlieren könnte.

Von "kann" zu "muss"

In ihrer Motion geht es aber in erster Linie darum, dem Bund den expliziten Auftrag zu erteilen, landwirtschaftliche Forschungsanstalten zu betreiben.

Heute ist das Landwirtschaftsgesetz in diesem Punkt locker formuliert: "Der Bund kann landwirtschaftliche Forschungsanstalten betreiben". Nach dem Willen der Motionärin soll diese Vorgabe umgeändert werden in "Der Bund betreibt landwirtschaftliche Forschungsanstalten".

Da der Ständerat dieses Anliegen unterstützt, geht der Vorstoss nun an den Nationalrat.

Kommunikationspanne

Bundesrat Johann Schneider-Ammann drückte am Mittwoch erneut sein Bedauern aus über die Art und Weise, wie die Informationen über die noch unausgereiften Projektpläne an die Öffentlichkeit gelangt waren. Da die Dokumente den Medien zugespielt worden seien, habe er kurzfristig informieren müssen.

Er entschied sich kurzfristig, sich mit einer Video-Botschaft direkt an die Agroscope-Angestellten zu wenden. Damit sorgte er aber statt für Ruhe für Unruhe. "Ich habe offensichtlich das Falsche gemacht." Im Rat war von Kommunikationspanne die Rede, von einer "Veranstaltung, die kaum als Sternstunde der Kommunikation bezeichnet werden könne" und von einem Absturz.

Der Auftrag zum Sparen sei ihm erteilt worden, rief der Landwirtschaftsminister in Erinnerung. Ein Rasenmäher-Kostenschnitt ohne Reorganisation würde der Agroscope allerdings nichts nützen, sondern nur die einzelnen Standorte schwächen. Also habe er nach Alternativen suchen müssen.

Das Projekt sei falsch verstanden worden. "Wir wollen die Forschung stärken und nicht schwächen." Durch die Zusammenlegung der Standorte könnten die Effizienz weiter gesteigert und die hohen Infrastrukturkosten gesenkt werden.

20 Prozent einsparen

Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) hatte im März über die Pläne für eine Restrukturierung informiert. Agroscope soll sich demnach auf spezialisierte Forschung konzentrieren und die Betriebskosten reduzieren.

Das Ziel ist es, etwa 20 Prozent des Budgets einzusparen. Das bedingt einen Stellenabbau. Die Reform soll jedoch dank einer Zeitspanne von zehn Jahren und neuen Aktivitäten mit Geldern von Dritten sozialverträglich sein. Geplant ist eine Konzentration am Standort Posieux FR, mit mehreren Versuchsstationen.

Laut dem Personalverband transfair arbeiten heute 1000 Angestellte an zwölf Standorten bei Agroscope. Zwischen 500 und 600 Personen wären vom Abbau betroffen. (sda)

 
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