Wie gut ist der WM-Vierte wirklich?
Man könnte sagen: Auf die rauschende Party folgte der Kater. Aber nein, das wäre dann doch zu plakativ. Ein wenig Ernüchterung ist allerdings schon eingekehrt in England nach dem 1:2 vom Samstag im ersten Spiel der Nations League gegen Spanien. Vor allem bei denjenigen Beobachtern, die tatsächlich glaubten, England gehöre zu den besten vier Teams der Welt, weil es an der WM in Russland die Halbfinals erreicht hatte. Das sind nicht wenige, weshalb sich Nationaltrainer Gareth Southgate nun mit dem Problem konfrontiert sieht, in diesem Herbst ein WM-Resultat bestätigen zu müssen, das weitaus besser ausgefallen ist, als es der Qualität der Mannschaft entspricht.
Southgate hat vor rund zwei Jahren mit dem Aufbau eines jungen Teams begonnen und dann beim ersten Turnier gleich die beste WM gespielt seit 28 Jahren. Doch analysiert man die Resultate in Russland genauer, wird der Glanz des 4. Platz bereits etwas matt. Siege gab es gegen Tunesien (in der Nachspielzeit), Panama und Schweden. Kolumbien wurde im Penaltyschiessen bezwungen. Gegen Belgien und Kroatien gab es insgesamt drei Niederlagen.
Er sei froh, dass nun schwere Spiele gegen Spanien und Kroatien in der Nations League oder im Test gegen die Schweiz anstehen, meinte Southgate vor ein paar Tagen. "In einer Qualifikation mit Partien gegen Aussenseiter wäre es schwierig, die wahre Stärke der Mannschaft zu erkennen. Die Erwartungen für die nächste EM wären zu hoch", so der 48-Jährige. Zur Einordnung hilft vielleicht schon jetzt dies: Die letzten Siege gegen Top-Nationen gehen zurück auf das Frühjahr 2016 und die Erfolge in Testspielen gegen Deutschland und Portugal.
Trotzdem ist Southgate mit England auf einem guten Weg. Das Team hat den Zenit noch längst nicht erreicht. Im Kader gegen die Schweiz sind 15 von 23 Spielern 25 Jahre alt oder jünger. Und auch die nachkommenden Generationen sind vielversprechend. England war in den letzten Jahren bei den Nachwuchs-Wettbewerben führend: 2017 wurde es U20-Weltmeister, U19-Europameister und stand bei der U21-EM im Halbfinal.
Die Herausforderung für den englischen Fussball wird nun sein, die Entwicklung dieser Fülle an starken Jungen in die richtigen Bahnen zu lenken. Das wird schwer genug. Die Klubs können sich nämlich die teuersten Ausländer leisten, und ausländische Trainer wie Pep Guardiola, José Mourinho oder Maurizio Sarri scheren sich nicht um die Einsatzzeiten von jungen Engländern in der Premier League.
Die sechs Top-Vereine Manchester City, Manchester United, Chelsea, Liverpool, Arsenal und Tottenham Hotspur setzten in der letzten Runde am vorletzten Wochenende 84 Spieler ein; nur gerade 17 von ihnen waren Engländer. Das entspricht einer Quote von lediglich 20,2 Prozent. Den Grund für das Problem sieht Southgate aber weniger in den Eigeninteressen der Klubs als in der Qualität der Spieler. "Der beste englische Mittelfeldspieler, den ich gesehen habe, war Paul Gascoigne. Und dieser würde auch in der heutigen Zeit in jedem Team immer spielen."
Gerade die Defizite im Mittelfeld wurden gegen Spanien offenbar. Irgendwann stöhnte der Kommentator von Sky: "Southgate wäre froh, wenn er aus dem spanischen Team einen Busquets, Thiago oder Saul hätte - und die Spanier schicken gleich alle drei auf den Platz." Auch deshalb schrieb der "Daily Mail" am Montag trotz Platz 4 bei der WM: "Der Vergleich mit Spanien hat vor Augen geführt, dass England noch ein Stück entfernt ist von den Top-Nationen." (sda)
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