Peru und Dänemark fordern Frankreich
Dass nach der Bekanntgabe des WM-Kaders etwas Unruhe um das französische Nationalteam aufkommen würde, war zu erwarten. Der Weltmeister von 1998 verfügt derzeit über derart viele talentierte Spieler, dass zwangsläufig der eine oder andere Kandidat enttäuscht werden musste. Mit Anthony Martial, Kingsley Coman und Alexandre Lacazette schafften drei offensive Spitzenleute die Aufnahme ins 23-Mann-Kader nicht. Sie stehen auf Pikett, müssen darauf hoffen, dass ein interner Konkurrent ausfällt.
Adrien Rabiot mochte nicht warten und hoffen. Der defensive Mittelfeldspieler von Paris Saint-Germain nahm sich selber aus dem Pool der sogenannten Reservisten und sorgte damit schon Wochen vor der WM für den ersten Aufreger. In einem offenen Brief erklärte der 23-Jährige, dass seine Nicht-Berücksichtigung sportlich unlogisch sei. Bald verebbte die Geschichte, weil sich fast niemand fand, der die Meinung von Rabiot teilte. Das Talent aus Paris ist nun wohl auf der schwarzen Liste von Nationalcoach Didier Deschamps - immerhin in guter Gesellschaft, zusammen mit Franck Ribéry und Karim Benzema.
Dänemarks Nationalcoach Age Hareide hat eine klare Meinung zu den Franzosen. "Die Spieler haben Qualitäten, aber sie müssten als Gruppe funktionieren", sagte der 64-jährige Norweger in einem Zeitungsinterview. "Ich glaube nicht an diese Mannschaft." In den letzten Jahren fiel die französische Nationalmannschaft immer wieder wegen teaminterner Querelen auf. Rabiots Vorstoss ist bloss der letzte einer langen Reihe. Entscheidender ist aber, dass Frankreich in den letzten Monaten auf dem Platz nicht die Kraft einer geschlossenen Gruppe ausgestrahlt hat.
An Qualitäten mangelt es der Mannschaft nicht. Gut möglich, dass gemessen am Talent und Potenzial noch nie eine "Equipe tricolore" so gut gerüstet war. Von ganz vorne mit Kylian Mbappé, Ousmane Dembélé und Antoine Griezmann über das Mittelfeld mit Paul Pogba, Ngolo Kanté und Thomas Lemar bis in die Abwehr mit Samuel Umtiti, Benjamin Mendy und Raphaël Varane verfügt Deschamps über grosses Potenzial. Auf dem Platz zeigte sich diese Qualität aber zu selten über eine längere Phase. Die Frage, ob Frankreich in der Lage ist, Schwierigkeiten zu trotzen, bleibt offen. Die Gruppe wird der EM-Finalist mit ziemlicher Sicherheit überstehen, aber für den angestrebten ganz grossen Coup fehlt es an Leadern und Erfahrung.
Eriksen und die anderen Dänen
Hareide ist überzeugt, dass Dänemark die Franzosen fordern kann. "Sonst soll ich verdammt sein", drückte sich der frühere Verteidiger undiplomatisch aus. Er hat die Mannschaft 2015 von Morten Olsen übernommen und etwas defensiver eingestellt, um sie zur ersten Teilnahme an einer Endrunde seit 2012 zu führen. In erster Linie verdanken die Dänen den Erfolg ihrem Rückgrat: Goalie Kaspar Schmeichel, Abwehrchef Simon Kjaer und Spielmacher Christian Eriksen.
Eriksen trug im entscheidenden Playoff-Rückspiel in Irland einen Hattrick zum 5:1-Erfolg bei und ist Dreh- und Angelpunkt des dänischen Spiels. Von seiner Form wird das Abschneiden von Hareides Truppe in Russland entscheidend abhängen. Das ist eine Chance und eine Gefahr zugleich. Aber wenn sich eine Mannschaft schon auf einen einzelnen Spieler abstützen muss, dann auf einen mit den Statistiken von Eriksen: Der 26-Jährige mit den über 70 Länderspielen schoss für Tottenham in dieser Saison 14 Tore und lieferte 13 Vorlagen.
Peru mit Guerrero, Australien mit Cahill
Peru musste lange Zeit um seinen besten Spieler bangen. Erst ein Urteil des Bundesgerichtes gab grünes Licht für die WM-Teilnahme des ehemaligen Stürmers von Bayern München, der wegen einer positiven Dopingprobe zunächst bis über das Turnier hinaus gesperrt worden war. Guerrero wird als Rekordtorschütze und Topskorer in der Qualifikation die peruanische Nationalmannschaft bei ihrer ersten WM seit 1982 anführen. Neben Guerrero besitzt Peru mit dem Ex-Schalker Jefferson Farfan, Abwehrchef Alberto Rodriguez oder dem offensiven Mittelfeldspieler Christian Cueva vom FC São Paulo weitere starke Kräfte, um die beiden europäischen Teams zu fordern.
Ob sich auch Australien ernsthaft in das Rennen um die ersten beiden Plätze einschalten kann, ist fraglich. Dem Niederländer Bert van Marwijk, der nach geschaffter WM-Qualifikation das Traineramt bis nach dem Turnier übernommen hat, stehen keine Topspieler zur Verfügung. Der 38-jährige Routinier Tim Cahill, der zuletzt für Millwall in der zweiten englischen Liga spielte, ist immer noch einer der grössten Trümpfe. Er schoss Australien mit seinen zwei Toren in der Barrage gegen Syrien an die WM. (sda)
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