Liechtensteins Bienenvölker sind bedroht
Mauren. – Manfred Biedermanns Handy klingelt, als er gerade über das Bienensterben in Liechtenstein spricht. Es ist der Anruf eines Imker-Kollegen – eine Sauerbrut-Kontrolle steht an. Manfred Biedermann ist Präsident des Liechtensteiner Imkervereins und Bieneninspektor. Soeben hat er über diese hochansteckende Bienenseuche geklagt. «Die Sauerbrut hat einen raschen Krankheitsverlauf», erklärt er. Die Maden werden innerhalb der ersten 48 Stunden angesteckt und sterben schliesslich ab. Das Volk wird rasch schwächer und stirbt ab. «Werden die Symptome nicht früh genug erkannt und deren Sanierung rechtzeitig eingeleitet, so werden die geschwächten Völker ausgeraubt», sagt der erfahrene Imker. Dies wiederum führe zu einer schnellen Verbreitung des Erregers auf die gesunden Nachbarvölker und Nachbarstände. Befallene Völker werden sofort abgeschwefelt und verbrannt. Die Sauerbrut ist für den Menschen absolut ungefährlich.
In den vergangenen Jahren sei die Sauerbrut sehr selten gewesen, sagt er. Leider sah es diesen Frühling anders aus: Aktuell gibt es in Balzers, Schaan, Vaduz, Eschen und Mauren Sperrzonen, in denen von der Seuche befallene Bienenvölker leben.
Die Varroamilbe als Hauptgrund
Manfred Biedermann ist seit 39 Jahren Imker. Als er mit der Bienenzüchterei anfing, gab es viele Seuchen und Erreger noch nicht. So auch keine Varroamilben, die heute ganze Bienenvölker zerstört. Die Varroamilbe wurde erst vor zirka 30 Jahren aus Asien nach Europa eingeschleppt. Sie setzt dem Bienenvolk gleich in mehrfacher Hinsicht zu: Zum einen entzieht sie der Biene Blut, wodurch ihr Immunsystem geschwächt wird und sie anfälliger für Krankheiten wird. Des Weiteren überträgt sie Pathogene, vor allem Viren, wie zum Beispiel das Deformierte Flügelvirus oder das akute Bienenpralyse-Virus. Werden Bienenlarven von Varroamilben befallen, verkürzt sich die Lebensdauer der Winterbienen von fünf bis sechs Monate auf zwei bis drei Monate, sodass das Bienenvolk den Winter nicht übersteht. Von der Varroa geschwächte Völker sind auch anfälliger für den Erreger der Sauerbrut.
Völkersterben in Liechtenstein
Ein Viertel aller Bienenvölker in Liechtenstein hat den Winter nicht überlebt. Allzu dramatisch ist die Lage in Liechtenstein aber nicht, wie Manfred Biedermann sagt. Jedenfalls nicht so wie in der Schweiz. Dort ist jedes zweite Bienenvolk im Winter verendet. Hauptgrund war auch dort die Varroamilbe. Ein Verlust von 25 Millionen Franken sei entstanden, den die Imker selber zu tragen haben. Derart dramatische Zahlen habe es seitdem solch umfangreiche Auswertungen gemacht werden, noch nie gegeben, teilte die Forschungsanstalt Agroscope in Liebfeld bei Bern mit. Weil die Temperaturen auch im vergangenen Herbst weit über dem Durchschnitt lagen, profitierten die Milben. Denn die milde Witterung begünstigt den Milben-transfer von benachbarten Bienenvölkern durch Verflug und Räuberei. (bfs)
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