«Die kritische Stimmung ist verständlich»
Liechtensteins 500 000 Franken teure Teilnahme am Sechseläuten sorgt für Unmut bei der Bevölkerung. Nachfolgend das ungekürzte Interview mit Regierungschef Adrian Hasler zu diesem recht brisanten Thema.
«Die kritische Stimmung ist verständlich»
Liechtensteins 500 000 Franken teure Teilnahme am Sechseläuten sorgt für Unmut bei der Bevölkerung. Nachfolgend das ungekürzte Interview mit Regierungschef Adrian Hasler zu diesem recht brisanten Thema.
Vor Kurzem hat die Regierung bekannt gegeben, dass Liechtenstein nächstes Jahr zu Gast beim Zürcher Sechseläuten sein wird. Wie kam es dazu?
Die Regierung wurde angefragt, ob sich Liechtenstein im kommenden Jahr beim Zürcher Sechseläuten als Gastland präsentieren möchte. Das Sechseläuten geniesst als eines der grössten Volksfeste in der Schweiz einen hohen Stellenwert.
Das Sechseläuten wird ja als «Bonzenfasnacht» verschrien und ist eigentlich ein Fasnachtsanlass ? weshalb hat sich die Regierung dafür entschieden, an einem solchen Event teilzunehmen?
Das Sechseläuten ist einer der wichtigsten Anlässe in Zürich und dauert vier Tage. Klar wird auch hier rituell der Winter vertrieben, kontextmässig ist es aber dennoch weit von einer Fasnacht entfernt. Es ist ein traditionelles Volksfest und wird schon seit Jahrhunderten gefeiert. Für Liechtenstein ist dieses Volksfest eine einmalige Chance, sich nicht nur Zürich, sondern der ganzen Schweiz zu präsentieren.
Wäre ein Anlass ausserhalb der Schweiz nicht besser dafür geeignet, Werbung für das eigene Land zu machen? Schliesslich ist Liechtenstein in der Eidgenossenschaft bereits recht bekannt.
Vieles über Liechtenstein ist den Schweizern bestens bekannt. Und doch ist für sie Liechtenstein weiter entfernt, als es dies geografisch ist. Auch dürfen wir nicht vergessen, dass die Schweiz unser wichtigster Partner ist. Die Pflege unserer nachbarschaftlichen Beziehungen darf nicht unterschätzt werden.
Was erhofft man sich von diesem Auftritt? Weshalb nimmt Liechtenstein überhaupt am Sechseläuten teil?
Wie bereits erwähnt, geniesst das Sechseläuten einen hohen Stellenwert in der Schweiz und ist eine gute Gelegenheit für Liechtenstein, sich in seiner ganzen Vielfalt einem grossen Publikum zu präsentieren. Auch das Medieninteresse an diesem Volksfest ist sehr gross. Damit haben wir eine ausgezeichnete Plattform, als sympathischer Nachbar neue Kontakte zu knüpfen und greifbarer zu werden.
Und was werden die Besucher des Sechseläuten von Liechtenstein zu sehen bekommen? Gibt es bereits Pläne oder Ideen, wie sich das Land in Zürich präsentieren möchte?
Der Entscheid zur Teilnahme wurde erst letzte Woche gefällt. Somit ist auch klar, dass zum aktuellen Zeitpunkt noch keine konkreten Pläne vorliegen. Liechtenstein Marketing wurde von der Regierung mit der Organisation des Auftritts betraut.
Als publik wurde, dass sich das Land Liechtenstein die Teilnahme rund eine halbe Million Franken kosten lassen will, gab es ziemlichen Unmut in der Bevölkerung. Können Sie das nachvollziehen?
Die kritische Stimmung ist angesichts der Sparmassnahmen verständlich. Das Land spart an vielen Stellen und muss Ausgaben, gerade für die Standortförderung, doppelt hinterfragen. Auf der anderen Seite ist es aber wichtig, dass wir Chancen, die sich bieten, auch nutzen. Die Regierung war sich einig, dass gerade in Bezug auf die Schweiz das Sechseläuten ein sehr guter Anlass im Sinne der Standortförderung ist. Das Land kann sich als interessanten Wirtschafts- und Tourismusstandort präsentieren. Wichtig ist zudem, dass für solche Projekte jährlich ein Budget im Rahmen des Budgets von Liechtenstein Marketing gesprochen wird.
Ist in Zeiten, in den man von Sparen spricht und überall am Staatshaushalt Kürzungen vornimmt, eine Ausgabe von fast einer halben Million für so einen Prestigeanlass überhaupt gerechtfertigt?
Ich möchte hier nochmals Bezug auf die letzte Frage nehmen und nachdrücklich hervorheben, dass Sparen überaus wichtig ist. Sparen heisst aber nicht, alle neuen Ideen abzuwürgen. Ich habe immer wieder betont, dass wir die Augen offen halten und sich bietende Chancen nutzen sollten. Eine Chance ist nun mal kein garantierter Erfolg, sie ist das, was man daraus macht.
Bezahlt wird die Teilnahme aus dem ordentlichen Budget von Liechtenstein Marketing ? es wurden also keine zusätzlichen Gelder für das Sechseläuten zugesprochen. Und dennoch: Einige fragen sich nun, ob man vor dem Hintergrund der aktuellen Sparpolitik nicht das Budget von Liechtenstein Marketing generell bedenken müsste. Wie stehen Sie dazu?
Das Ziel der Standortförderung ist die Vermarktung, Förderung und Weiterentwicklung unseres Landes als international anerkannter Wirtschaftsstandort und als attraktive Tourismusdestination. Entweder sind wir bereit, einen gewissen Betrag für die Standortförderung bereitzustellen, oder wir lassen es bleiben. Schauen Sie sich doch einmal andere entsprechende Budgets an und Sie werden erkennen, dass das Budget von Liechtenstein im Vergleich zu anderen Standortmarketingbudgets, ob Stadt, Region oder Land, sehr bescheiden daherkommt.
Ein Teilnehmer der Facebook-Gruppe «Stammtisch Liechtenstein» stellte folgende Frage: «Was daran kostet 500 000 Franken?». Können Sie ihm diese Frage beantworten?
Die Regierung hat ein Kostendach festgelegt, das sich an den Erfahrungswerten anderer Gastkantone orientiert. Sobald das Detailkonzept vorliegt, wird auch klar sein, für welche Positionen die Mittel verwendet werden. Festzuhalten ist, dass kein Geld an Zürich oder die Zünfte fliesst.
Andere wiederum vermuten, dass 500 000 Franken nur der Anfang sind und dass die Teilnahme im Endeffekt doch teurer ausfallen würde. Sind diese Befürchtungen gerechtfertigt?
Nein. Die Regierung hat ein Kostendach gesprochen und dieses gilt es auch einzuhalten.
Was könnte man den Kritikern entgegnen, um diese etwas versöhnlicher zu stimmen?
Wir haben die einmalige Chance, uns in der Schweizer Wirtschaftsmetropole vor einem grossen Publikum zu präsentieren. Unsere Zusage hat uns in der Schweiz sehr viel Sympathie eingebracht. Jetzt sollten wir diese Chance nutzen. (sb)
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Adrian Hasler