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Konzett: «Ich sage nicht zu allem Ja und Amen»

Lukas Konzett ist Miteigentümer der Werbeagentur Konzett Brenndörfer in Dornbirn. Dem Mittelmeer-Fan ist es wichtig, die Bodenhaftung nicht zu verlieren. Die Kleinheit der Firma ist Programm. So bleiben er und sein Geschäftspartner flexibel. «Der Konsument ist viel mündiger geworden», sagt Lukas Konzett.

Herr Konzett, Sie gelten als alter Hase der Vorarlberger Werbewirtschaft, die für sehr häufige Personalwechsel bekannt ist. Warum verläuft die Entwicklung bei Ihnen vergleichsweise konstant?

Lukas Konzett: Die Werbung hat mich von Kindheit an begleitet, denn mein Vater war Inhaber der Werbeagentur Konzett. Überlegungen, etwas ausserhalb der Branche zu machen, waren nur von kurzer Dauer. Dass ich im Vergleich zu anderen Werbern bislang nur in zwei Werbeagenturen tätig war, hängt damit zusammen, dass ich im Unternehmen meines Vaters als Juniorchef engagiert war. Und bei Konzett Brenndörfer bin ich Miteigentümer und Geschäftsführer. Da wechselt man natürlich nicht so oft.

Was ist so interessant an Werbung?

Es macht Spass, sich mit sehr unterschiedlichen Dingen zu beschäftigen. Wir haben Kunden aus diversen Branchen und so ist man immer gut informiert, was sich gerade tut. Man ist auf dem Laufenden. Ich bin ein Medienmensch und habe die Werbung in meinen Genen.

Wie und wann sind Sie in die Werbebranche gekommen?

Ich habe Anfang der 1990er-Jahre an der Wirtschaftsuni Wien ein Studium zum Werbekaufmann absolviert und parallel dazu in der Agentur Konzett gearbeitet. Bewerbungen in anderen Unternehmen, wie es mein Vater zuerst wollte, waren nicht erfolgreich, da ich den Präsenzdienst noch nicht abgeleistet hatte. Dieses Risiko wollte kein Arbeitgeber eingehen. Und so bin ich dann gleich einmal dick in der Agentur Konzett engagiert gewesen. Wir hatten damals in Bregenz und Wien 35 Mitarbeiter. Konzett galt als eine der erfolgreichsten inhabergeführten Agenturen Österreichs.

Sie betreiben Ihre eigene Agentur Konzett Brenndörfer, die heuer das 10-Jahre-Jubiläum feiert, gemeinsam mit Gerhard Brenndörfer. Wie funktioniert diese geschäftliche Partnerschaft?

Wir haben eine klare Aufteilung, wer was macht. Das ist sehr wichtig in einem kleinen Team mit insgesamt fünf Leuten. Jeder betreut seine Kunden. Aber durch die Kleinheit ist auch jeder von uns darüber informiert, was im Unternehmen gerade ansteht. Wir haben beide den Überblick. So könnte man Projekte des anderen im Bedarfsfall ebenfalls mitbetreuen.

Wer ist für was zuständig?

Die Kundenbetreuung machen wir beide. Gerhard kümmert sich zudem um den Kreativpart und die Konzeption. Ich manage den ökonomischen Teil. Nach zehn Jahren können wir behaupten, dass dieses Konzept aufgegangen ist. Deswegen muss man nicht immer einer Meinung sein. Wir haben teils sehr unterschiedliche Auffassungen, wie in jeder Partnerschaft. Aber da braucht es dann neben der klaren Aufgabenverteilung auch Kompromissfähigkeit. Daran scheitern viele kleine Unternehmen mit mehreren Eigentümern. Wir haben in dieser Zeit hingegen viel voneinander gelernt.

Woher kennen Sie sich?

Gerhard war vorher in der Agentur meines Vaters in Wien tätig. Ich war damals Junior-Chef am Standort Bregenz. Nach dem Konkurs der Agentur Konzett 2004 haben wir uns zusammengetan und die neue Werbeagentur gegründet. Und das, obwohl wir uns eigentlich gar nicht so gut gekannt haben. Aber wir wussten, dass wir uns sehr gut ergänzen würden. Gerhard ist der detailverliebte Tüftler, ich bin eher der Pragmatiker.

Wird dieser Mix von Ihren Kunden geschätzt?

Offenbar schon. Unsere Kundenbeziehungen sind sehr langfristig und intensiv angelegt. In vielen Fällen ist das mittlerweile sogar freundschaftlich geworden.

Was waren Ihre Lehren aus dem Konkurs der Agentur Konzett?

Da gibt es mehrere: Erstens am Boden bleiben und nicht abheben oder grössenwahnsinnig werden. Zweitens schlank und flexibel bleiben. Da kann man sich dem Wandel der Märkte viel schneller anpassen. Wir wollen unsere Kleinheit behalten, Grösse allein ist nicht alles. Trotzdem können wir auf ein grosses Team von externen Partnern zurückgreifen, wenn es darauf ankommt.

Das machen viele Agenturen im Land so.

Richtig. Aber wir waren eine der ersten und beherrschen das jetzt sehr gut. Drittens braucht es eine gute Eigenkapitaldecke, weil man gerade bei Grossprojekten viel vorfinanzieren muss. Und schliesslich viertens gibt es die Erkenntnis, dass die neuen Datenübertragungstechnologien unser Geschäft zwar vereinfacht, aber das Tempo ungemein erhöht haben. Man braucht also mehr Arbeit, um den gleichen finanziellen Output zu erzielen.

Welche persönlichen Eigenschaften braucht es, um in diesem Geschäft auch dauerhaft zu bestehen?

Man sollte ausdauernd und belastbar sein. Und man muss mit offenen Augen durchs Leben gehen und bereit für Neues sein. Wir haben es bei unseren Kunden mit Politik, Baggern, Seilbahnen, Stromerzeugung und Banken sowie Bier zu tun ? und das manchmal alles an einem Tag. Da muss man schon breit aufgestellt sein, wenn man dem Kunden beratend zur Seite stehen will. Dabei muss man auch überzeugend und kommunikativ auftreten, sonst glaubt einem der Kunde kein Wort. Es ist nicht die Aufgabe von Werbern, das Rad ständig neu zu erfinden. Es hat alles schon irgendwo gegeben. Man muss es aber in geeigneter Form verbinden.
Wen oder welche Branche würde Ihre Agentur niemals betreuen?

Generell unseriöse Sachen, wo wir kein gutes Gefühl haben. Da lassen wir lieber die Finger davon. Das ist unabhängig von der Branche.

Haben Sie schon jemals Nein zu einer geplanten Kampagne oder einem Kundenwunsch gesagt?

Wir sagen sicherlich nicht zu allem Ja und Amen. Natürlich hat der Kunde das letzte Wort. Aber wir artikulieren dann doch auf Basis von Argumenten sehr deutlich, wenn wir mit etwas nicht einverstanden sind.

Man sagt, dass 50 Prozent der Werbegelder für die Katz sind. Man weiss nur nicht, welche 50 Prozent. Eine Unterstellung oder ist da was dran?

Man muss ehrlich sein und sagen: Ja, da ist was dran. Der Erfolg von Werbung ist und bleibt definitiv nicht sofort messbar. Wir stellen unseren Kunden dann aber immer die Frage, was gewesen wäre, wenn man überhaupt nicht geworben hätte. Diese Frage ist zumeist recht eindeutig zu beantworten.

Haben die neuen Medien die Messbarkeit von Werbungserfolgen verändert?

In Teilbereichen wie zum Beispiel im Online-Sektor. Da ist es sicherlich besser geworden. Aber die Werbung hat sich auch so verändert. Die Zeiten von grossen Imagekampagnen sind vorbei, es gibt kaum mehr den breit gefächerten Giesskannen-Einsatz. Man wirbt sehr viel gezielter in Medien, die sich ihrerseits auch immer mehr diversifizieren.

Werbungs- und Marketingfachleuten wird vorgeworfen, eine Realität vorzu­gaukeln, die es gar nicht gibt, und ständig ungeahnte Bedürfnisse zu wecken.

Auch das kann man nicht ganz leugnen. Es gibt Branchen, die sich eine Realität zurechtzimmern lassen. Denken Sie nur an retuschierte Models im Modebereich oder an die Autowerbung ohne reale Fotos von Autos. Auf der anderen Seite ist der Konsument von heute viel mündiger geworden. Er recherchiert im Internet, kann sich informieren und seine Erkenntnisse sehr schnell mit Tausenden anderen Usern teilen. Als Kunde ist er schon lange nicht mehr nur auf die Angaben aus der Werbung angewiesen. Da tut ein Unternehmen nicht gut daran, wenn es Halbwahrheiten verbreitet.

Neuro-Marketing, also Marketing und Werbung auf Basis neuester Erkenntnisse aus der Hirnforschung, ist in der Branche ein Thema. Wird hier eine Grenze überschritten, wenn man bei Menschen durch gezielte Stimulation Bedürfnisse hervorruft, die sie noch nie vermisst haben?

Das ist die gleiche Frage wie bei «Big Data». Wenn es missbräuchlich verwendet wird, ist es völlig abzulehnen. Menschen dürfen nicht bewusst manipuliert werden, auch nicht bei ihrem Kaufverhalten.

Ist Neuro-Marketing vielleicht nur eine Modeerscheinung?

Es ist eine mögliche neue, aber äusserst teure Form der Marktforschung auf wissenschaftlicher Basis in der Zukunft. Das geht aber schon heute wesentlich billiger und nicht weniger effizient: Beispielsweise Facebook, Google oder Amazon wissen viel mehr über unsere Gewohnheiten und unser Einkaufsverhalten, als uns lieb sein kann. Die erkennen Verhaltensmuster ganz ohne Hirnforschung und erhalten diese Daten auch noch freiwillig von den Usern.

Eine Frage jenseits der Hirnforschung: Wie verschafft sich Lukas Konzett Erholung von arbeitsintensiven Phasen?

Ich besuche mit Freunden gerne Fussball- oder Handballspiele und verbringe viel Zeit mit meiner Familie. Zudem reise ich sehr gerne, vor allem ans Mittelmeer. Dort gibt es mit Sonne und Wasser zwei Dinge, die ich sehr schätze.

Warum denn?

Zum einen bade ich sehr gerne. Ich bin eine regelrechte Wasserratte. Und zum anderen bin ich ein Sonnenanbeter. Mir kommt dabei immer vor, als ob die Sonne meine Batterien wieder auflädt. (Interview: gübi)

 
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