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Länger arbeiten muss sich lohnen

Die Bevölkerungsentwicklung macht deutlich, dass es immer weniger jüngere und immer mehr ältere Menschen geben wird. Wir erleben eine doppelte demographische Alterung, von unten aufgrund tiefer Geburtenraten und von oben aufgrund steigender Lebenserwartung.
Sigi Langenbahn
Sigi Langenbahn ist Präsident des Liechtensteinischen ArbeitnehmerInnenverbands. (Bild: Illustration Tatjana Stojnic)

Die Erwerbsphase verkürzt sich zusätzlich durch vermehrte Frühpensionierungen und längere Ausbildungsphasen, womit wir eine immer grössere Nachhaltigkeitslücke in der AHV bekommen. Um diese Lücke zu schliessen, brauchen wir entweder mehr Zuwanderung, Produktivitätssteigerung oder längere Arbeitszeiten.

Die Zuwanderungspolitik der Bodensee-Anrainerstaaten zielt auf Facharbeiter und Akademiker ab, womit sich der Wettbewerb um Fachkräfte verstärken wird. Zuwanderung stellt aber auch eine gesellschaftspolitische Herausforderung dar, siehe Abstimmungsergebnis zur Masseneinwanderungsinitiative. Produktivitätssteigerung kann durch Innovationen und verbesserte Produktions- und Arbeitsabläufe erreicht werden. Die Produktivitätsgewinne müssen aber zugunsten der Löhne verteilt werden. Doch nicht erst seit der Aufhebung der Währungsbindung werden die Rufe nach Produktivitätssteigerung durch längere Wochenarbeitszeiten immer lauter. Zusätzliche Gratisarbeit steht der Innovation im Wege, da nur die Lohnkosten im Vordergrund stehen. Zudem wird die Vereinbarkeit von Familie und Erwerb erschwert, was die Geburtenrate drückt. Mehr Arbeit und weniger Regenerationsphasen führen zu mehr und längeren Krankheiten, mehr Abschiebungen in Frühpensionierungen, in die Invalidität und die Altersarbeitslosigkeit. Zur Sicherung der Altersvorsorge wird es daher unumgänglich sein, die Lebensarbeitszeit zu verlängern.

Keine Erhöhung des Rentenalters

Im Vernehmlassungsbericht zur langfristigen finanziellen Sicherung der AHV fordert unsere Regierung eine Erhöhung des Renteneintrittsalters um ein Jahr. Diese Massnahme geht an der Realität vorbei. Schon heute liegen das gesetzlich und das tatsächliche Rentenalter weit auseinander. Im Durchschnitt wurde schon vor der letzten AHV-Revision 2011 zweieinhalb Jahre früher in Pension gegangen, Tendenz steigend. Als Gegenmassnahme wurden damals die Kürzungssätze für den Rentenvorbezug erhöht, was lediglich dazu führt, dass sich nur mehr Arbeitnehmende oberer Lohnschichten die Frühpension leisten können. Wir brauchen weder pauschale Erhöhung des Rentenalters noch eine erschwerte Frühpensionierung. Zukunftsfähig kann nur eine Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit sein, d. h. weniger Frühpensionierungen, weniger vorzeitiges Ausscheiden aus gesundheitlichen Gründen und weniger Altersarbeitslosigkeit.

Die Wirtschaft, die Politik, das Bildungswesen und der Arbeitsmarkt müssen umdenken und sich nach der veränderten Altersstruktur neu ausrichten. Entgegen der landläufigen Meinung ist der junge, männliche, gesunde und inländische Arbeitnehmende schon lange nicht mehr dominant. Und durch die Abschiebung von leistungsfähigen Älteren aus dem Arbeitsleben wird wertvolles Erfahrungswissen entwertet.

Alters- und alternsgerechte Arbeitswelt

In den Unternehmen muss eine neue Personalpolitik Einzug halten. Unternehmen können künftig nur dann leistungs- und wettbewerbsfähig bleiben, wenn sie stärker auf die Bedürfnisse Älteren eingehen. Ziel ist der Erhalt der Arbeitsfähigkeit und der Arbeitsbereitschaft, damit möglichst alle bis zum Erreichen des regulären Pensionsalters arbeiten können. Dies wiederum bedingt eine alters- und alternsgerechte Arbeitswelt. Die Organisation der Arbeit und die Gestaltung der Arbeitsplätze müssen an die Bedürfnisse der Älteren angepasst werden. Das betriebliche Gesundheitsmanagement muss weiter ausgebaut werden. Ältere Arbeitnehmende müssen vollständig in die betriebliche Qualifizierung und Weiterbildung einbezogen werden.

Die AHV-Revision mit starren Altersgrenzen zielt in die falsche Richtung. Ältere Arbeitnehmende sollten die Freiheit haben, möglichst lange im Erwerbsleben zu verbleiben, weil wir sie mehr denn je brauchen und weil sie diese Wertschätzung verdienen.

 
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