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Der starke US-Dollar zieht die Weltwirtschaft in seinen Bann

Seit Mitte 2014 hat der US-Dollar gegenüber dem Euro und damit auch gegenüber dem Franken an Wert gewonnen. Nicht wenige Analysten gehen davon aus, dass sich dieser Aufwertungstrend fortsetzt – einige Argumente sprechen für eine solche Einschätzung.
Bernd Schips
Bernd Schips, ehemals ordentlicher Professor und ehemaliger Leiter der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich. (Bild: pd)

Der entscheidende Faktor für die aktuelle Entwicklung ist die Rolle des US-Dollars im Weltwährungssystem. Der Dollar ist die dominierende Transaktions- und Reservewährung. Bei fast 90 Prozent der täglich weltweit getätigten Währungsgeschäfte findet er Verwendung. Sobald geopolitische Risiken auftreten oder weltwirtschaftliche Krisen befürchtet werden, setzt eine Fluchtbewegung in die Währung ein, die seit Jahrzehnten Sicherheit und Stabilität zu versprechen scheint.

Die gegenwärtige Dollar-Stärke ist jedoch auch Folge einer Euroschwäche. Die konjunkturelle Erholung ist den USA bereits viel stärker in Gang gekommen als im Euroraum. Die gesamtwirtschaftlichen Indikatoren für die USA sprechen für ein anhaltendes Wachstum. Dazu zählen die Erholung des Arbeitsmarkts, steigende Löhne, eine erhöhte Kaufkraft der Konsumenten, die gelockerten Kreditvergabe der Geschäftsbanken, eine spürbar verbesserte preisliche Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, die Reduktion des Leistungsbilanzdefizits sowie die künftig weniger restriktive Fiskalpolitik.

US-Dollar lockt Investoren

Aufgrund dieser Entwicklungen wird eine baldige Erhöhung der Leitzinsen in den USA erwartet. Eine Ausweitung des Zinsvorsprungs könnte zu einer noch stärkeren Aufwertung des US-Dollars gegenüber dem Euro führen. Der US-Dollar dürfte für die internationalen Kapitalanleger dann noch attraktiver werden. Der Euro wurde mit Erfolg schwach geredet, da in einer Abwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar ein Beitrag zur konjunkturellen Erholung im Euroraum gesehen wird. Die Ankündigungen der Europäischen Zentralbank (EZB) die Bilanz weiter auszudehnen, kann deshalb auch als eine Aufforderung verstanden werden, vermehrt gegen den Euro zu spekulieren. Dies wäre durchaus im Interesse der Euroländer, die von einer anhaltenden Schwäche der europäischen Gemeinschaftswährung ein höheres Wirtschaftswachstum erwarten. Ein starker Dollar ist zwar eine Konjunkturstütze für den gesamten Euroraum, aber die Euroschwäche hilft vor allem Firmen in den traditionell exportstarken Euroländern.

Die Stärke des US-Dollars wird die Kursentwicklung auf den Börsen im Euroraum beeinflussen. Positiv aufgrund einer verbesserten preislichen Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, eher negativ aufgrund der durch die Wechselkursentwicklung geschmälerten Renditen. Diese dürfte Auswirkungen auf die Anlageentscheide der vielen US-Investoren haben. Ein starker US-Dollar beeinträchtigt auch das Bedürfnis Gold zur Absicherung gegen Krisen zu kaufen. Steigende Zinsen in den USA machen Investitionen in zinslose Goldanlagen noch weniger attraktiv. Der Goldpreis in US-Dollar wird daher vorerst weiter sinken.

Ein starker Dollar wird die Teuerung in den Vereinigten Staaten von Amerika aufgrund der niedrigeren Preise für Importgüter trotz steigender Nachfrage weiterhin gering halten und Zinserhöhungen dadurch weniger dringlich machen. Die Dollar-Stärke wird sich trotz des grossen Binnenmarkts zudem schon bald eher nachteilig auf das gesamtwirtschaftliche Wachstum auswirken und könnte deshalb die allgemein erwartete Erhöhung
der Leitzinsen verzögern.

Die vermutlich noch einige Zeit anhaltende Stärke des US-Dollars wirkt für die Länder, die ihre Währung mehr oder weniger direkt an den Dollar binden, jedoch wie eine restriktive Geldpolitik. Nicht wenige Länder – nicht zuletzt auch China – werden sich dann zwischen der Aufrechterhaltung des Wirtschafts-wachstums und dem Aussenwert der Landeswährung entscheiden müssen. Die Gefahr eines Abwertungswettlaufs kann dabei nicht
völlig ausgeschlossen werden.

 
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