Minderjährige klauen vermehrt Luxusautos in der Schweiz – wohin die Spur führt
Am letzten Freitag brechen unbekannte Täter in eine Autogarage in Mühleberg BE ein. Das Ziel: Luxusautos stehlen. Die Polizei ist schnell zur Stelle. Die Täter rasen davon. Ein Polizist rettet sich mit einem Sprung zur Seite und schiesst auf das flüchtende Fahrzeug. Die Täter verlieren aus noch ungeklärten Gründen die Kontrolle über ihr Auto und rennen zu Fuss weiter. Geschnappt sind sie bisher nicht.
Die Meldung der Kantonspolizei Bern steht stellvertretend für ein Phänomen, das in den letzten Monaten in der Schweiz immer mehr um sich greift: Einbrecher nehmen hochpreisige Autos ins Visier. Sie dringen in Garagen ein, knacken den Tresor mit den Schlüsseln und brausen davon. Die Waadtländer Kantonspolizei spricht von einer Serie, die Aargauer Kantonspolizei vermeldet ein gutes Dutzend Fälle in letzter Zeit.
In der Nacht vom 24. auf den 25. August verschafften sich zum Beispiel neun junge Männer gewaltsam Eintritt in eine Garage in Siders VS. Sie entwendeten einen Lamborghini, zwei BMW und zwei weitere Wagen der gehobenen Klasse. Weit kamen die Täter nicht. Die Genfer Polizei stellte die Autos sicher und hielt einen 16-jährigen Franzosen an. Auch die Walliser Polizei verhaftete zwei Minderjährige, die mutmasslich in die Tat verwickelt waren.
Mit bis zu 200 km/h auf der Flucht
Die Kantonspolizei Waadt stoppte in den letzten Monaten mehrere Luxusautodiebe, die sich mit der Polizei brandgefährliche Verfolgungsjagden mit Geschwindigkeiten von bis zu 200 km/h lieferten. Schon mehrmals kam es zu Unfällen. Am 8. Juli fuhren zwei Franzosen (25 und 17 Jahre alt) einen im Kanton Aargau gestohlenen roten Ferrari auf der Autobahn auf Höhe von Yverdon zu Schrott.
Welche Strukturen hinter dem Diebstahl von teuren und hochmotorisierten Fahrzeugen stecken, weiss die Waadtländer Polizei nicht genau. Sie und andere kantonale Polizeikorps beobachten aber folgendes Muster: Es handelt sich praktisch immer um minderjährige und junge Täter aus Frankreich, die in den sozialen Medien mit der Aussicht auf einen schnellen Verdienst angeheuert werden.
Die Ermittlungen gestalten sich schwierig, weil die Hintermänner im Ausland agieren. Die jugendlichen kriminellen Grenzgänger kennen nicht einmal ihre Auftraggeber, wie Bernhard Graser, Sprecher der Kantonspolizei Aargau, sagt. Bei den Tätern handle es sich selten um Profis, sondern eher um Kleinkriminelle aus Vororten französischer Städte. Oft gehen sie dilettantisch vor, machen viel Lärm, hinterlassen Spuren.
Erst vor gut einer Woche nahm die Aargauer Kantonspolizei nach kurzer Flucht drei 17-jährige Franzosen und einen 19-jährigen Landsmann fest. Sie waren in eine Garage in Spreitenbach eingedrungen und hatten bereits die Schlüssel entwendet.

Ein Fahndungserfolg der französischen Polizei deutet darauf hin, dass kriminelle Banden am Werk sind. Sie nahm Anfang Oktober sechs Personen fest. Sie werden verdächtigt, Autos im Wert von 3 Millionen Euro via Flugzeug in den Nahen Osten verfrachtet zu haben. Darunter befanden sich auch in der Schweiz gestohlene Wagen. Gemäss der Polizei änderten die Täter unter anderem Kennzeichen und Fahrgestellnummern der Luxuskarossen, um die deliktische Herkunft zu verschleiern. In einem anderen Fall zerschlug die Polizei ein Netzwerk, das hochpreisige gestohlene Autos nach Marokko verschiffte.
Der Waadtländer SVP-Nationalrat Yvan Pahud, ehemaliger Grenzwächter, kritisiert, dass die nicht mehr bewachten Grenzen eine Einladung für kriminelle Banden seien. Er fordert, dass die Landesgrenze dauerhaft geschützt wird und ununterbrochen genügend mobile Patrouillen der Grenzwacht verfügbar sind. Der Nationalrat hat die Motion angenommen. Als Nächstes ist der Ständerat am Zug.
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