Ja zu Lohngleichheit
Mit 108 zu 84 Stimmen bei 2 Enthaltungen hiess der Nationalrat am Dienstag die Änderungen des Gleichstellungsgesetzes gut, gegen den Willen der FDP und der SVP.
Geht es nach der grossen Kammer, sollen Unternehmen indes erst ab 100 Vollzeitstellen zu Lohnanalysen verpflichtet werden. Zudem sollen Lernende nicht angerechnet werden. Diesen Entscheid fällte der Rat schon am Montag.
Nur wenige Unternehmen betroffen
Der Bundesrat hatte eine Schwelle von 50 Angestellten vorgeschlagen. Damit wären 2 Prozent der Unternehmen und 54 Prozent aller Arbeitnehmenden erfasst worden. Der Ständerat sprach sich für 100 Angestellte aus, was 0,85 Prozent der Unternehmen und 45 Prozent aller Arbeitnehmenden betreffen würde. Der Nationalrat will nun Vollzeitstellen statt Angestellte zählen und damit noch weniger Unternehmen in die Pflicht nehmen.
Weiter beschloss der Rat, dass Unternehmen von weiteren Analysen befreit sind, sobald eine Analyse zeigt, dass sie die Lohngleichheit eingehalten haben. Hier folgte er dem Ständerat. Nach dem Willen des Bundesrates hätten Unternehmen die Analyse alle vier Jahre durchführen müssen. Ausserdem wollen die Räte die Massnahme auf zwölf Jahre befristen. Die Ratslinke argumentierte vergeblich, bis dahin werde das Problem voraussichtlich nicht gelöst sein.
Frauenrentenalter getrennt regeln
Gescheitert sind die SVP und die FDP mit dem Versuch, eine stufenweise Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre im Gesetz zu verankern. Der Rat sprach sich mit 109 zu 84 Stimmen bei einer Enthaltung dagegen aus. Die SVP- und FDP-Vertreter argumentierten vergeblich, die Erhöhung des Frauenrentenalters sei der logische nächste Schritt. Es gehe nicht an, die gleichen Löhne zu wollen, aber nicht das gleiche Rentenalter, sagte Mauro Tuena (SVP/ZH).
Kathy Riklin (CVP/ZH) sprach von einem "handstreichartigen Schnellschuss". Diese Frage müsse im Rahmen der laufenden AHV-Revision geregelt werden, forderte sie. Aline Trede (Grüne/BE) befand, es sei eine "Frechheit", die Rentenaltererhöhung durch das Hintertürchen einführen zu wollen. Heinz Siegenthaler (BDP/BE) sagte, die Frauen, die tiefere Löhne erhalten hätten, dürften nun nicht ein zweites Mal "beschissen" werden.
Information der Arbeitnehmenden
Umstritten war ferner, wie die Arbeitgeber die Arbeitnehmenden über das Ergebnis der Lohnanalyse informieren sollen. Der Nationalrat folgte hier aber dem Bundesrat und dem Ständerat. Demnach wird im Gesetz verankert, dass die Arbeitnehmenden schriftlich informiert werden müssen.
Börsenkotierte Gesellschaften müssen das Ergebnis der Lohngleichheitsanalyse im Anhang der Jahresrechnung veröffentlichen. Der Rat lehnte mit 94 zu 89 Stimmen bei 5 Enthaltungen einen Antrag aus den Reihen der FDP und der SVP ab, diese Klausel zu streichen. Nein sagte er auch zu einem Antrag von linker Seite. Diese hätte fehlbare Unternehmen verpflichten wollen, Massnahmen zur Erreichung der Lohngleichheit darzulegen.
Verfassungsauftrag umsetzen
Die FDP und die SVP hatten gar nicht erst auf die Vorlage eintreten wollen. Sie konnten ihre Mehrheit im Rat aber nicht ausspielen: In der SVP stimmten zwei Frauen dafür, in der FDP fünf Männer und drei Frauen. Der Nichteintretensantrag scheiterte am Montag mit 107 zu 85 Stimmen bei 2 Enthaltungen.
Die Befürworterinnen und Befürworter wiesen darauf hin, dass die Lohngleichheit seit 1981 in der Bundesverfassung verankert ist. Der Auftrag müsse nun endlich erfüllt werden. Noch immer betrage der nicht erklärbare Lohnunterschied 7,4 Prozent, das könne nicht hingenommen werden, hiess es. Die vorgesehene Regulierung sei ausserdem "minimal-invasiv".
Aufwand und Kosten
Die Gegnerinnen und Gegner versicherten, auch sie wollten, dass Frauen und Männer für gleichwertige Arbeit den gleichen Lohn erhielten. Die vorgeschlagene Regulierung würde aber nur Kosten und Aufwand für die Unternehmen verursachen. Der Eingriff in den liberalen Arbeitsmarkt sei schädlich.
Zu reden gab auch die alte Frage, ob es sich wirklich um Diskriminierung handelt. Der Bundesrat hat zu dieser Frage eine Studie erstellen lassen. Die Forscherinnen und Forscher der Universität St. Gallen kamen zum Schluss, dass ein erheblicher Teil der Lohnunterschiede unerklärbar bleibt, auch wenn mehr Faktoren berücksichtigt oder andere statistische Methoden angewendet werden.
Justizministerin Simonetta Sommaruga sagte in der Eintretensdebatte, der aktuelle Zustand könne nicht länger geduldet werden. "Die systematische Diskriminierung der Frauen beim Lohn bringt letztlich zum Ausdruck, dass Frauen in unserer Gesellschaft weniger wert sind. Das kann ich nicht akzeptieren, und das will hoffentlich niemand."
Die Vorlage geht nun zurück an den Ständerat. (sda)
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