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Heimatreisen sollen Konsequenzen haben

Reist ein Flüchtling in seinen Heimat- oder Herkunftsstaat, soll ihm die Flüchtlingseigenschaft einfacher aberkannt werden können. Das will der Bundesrat. Er schlägt neue Regeln zur Durchsetzung des Heimatreise-Verbots vor.
Flüchtlinge, die in ihr Heimatland reisen, müssen mit Konsequenzen rechnen. Der Bundesrat will die Regeln verschärfen. (Symbolbild)
Flüchtlinge, die in ihr Heimatland reisen, müssen mit Konsequenzen rechnen. Der Bundesrat will die Regeln verschärfen. (Symbolbild) (Bild: KEYSTONE/TI-PRESS/CARLO REGUZZI)

Künftig sollen Flüchtlinge beweisen müssen, dass sie nicht die Absicht hatten, sich dem Schutz ihres Herkunftsstaates zu unterstellen. Sie müssen glaubhaft machen, dass sie weiterhin verfolgt werden. Können sie das nicht, wird ihnen der Flüchtlingsstatus aberkannt.

Heute liegt die Beweislast bei den Behörden. Diese können einem Flüchtling die Flüchtlingseigenschaft nur aberkennen, wenn sie ihm nachweisen können, dass er sich freiwillig dem Schutz des Herkunftsstaats unterstellt hat und dass ihm dieser gewährt wurde.

Kein Reiseverbot für Nachbarstaaten

Der Bundesrat hat am Freitag diese und weitere Änderungen des Ausländergesetzes ans Parlament weitergeleitet. Verzichtet hat er nach der Vernehmlassung darauf, Reiseverbote für die Nachbarstaaten bestimmter Länder sowie für Transitstaaten zu ermöglichen.

Ursprünglich wollte der Bundesrat so verhindern, dass Flüchtlinge unbemerkt über einen Drittstaat ins Heimatland reisen. Nun ist er aber zum Schluss gekommen, dass sich solche Reiseverbote in der Praxis kaum durchsetzen liessen.

Besuch von Familienangehörigen

Die Reise aus der Schweiz in einen Heimat- oder Herkunftsstaat erfolge in der Regel nicht nur über einen Nachbarstaat, sondern über mehrere Staaten, schreibt der Bundesrat in seiner Botschaft ans Parlament. Die Reiserouten seien unübersichtlich.

Zudem würde ein solches Verbot den Besuch von nahen Familienangehörigen in die Nachbarstaaten verunmöglichen, die sich dort vorübergehend oder dauerhaft aufhielten. Darauf hatten in der Vernehmlassung Flüchtlingsorganisationen hingewiesen. Sie warnten auch vor einer Pauschalbestrafung ganzer Bevölkerungsgruppen.

Meldestelle im SEM

Der Bundesrat weist auf weitere Massnahmen hin, die der Bund zur Erkennung missbräuchlicher Reisen ergriffen hat. So gibt es im Staatssekretariat für Migration (SEM) seit 2015 eine "Meldestelle Heimatreisen", an die Verdachtsmeldungen gerichtet werden können. Die Grenzkontrollbehörden und die kantonalen Ämter hätten zahlreiche Verdachtsfälle gemeldet, schreibt der Bundesrat.

Zudem werden Flüchtlinge, die ein Reisedokument beantragen, im Formular darauf hingewiesen, dass sie bei Verdacht auf Reisen in den Heimatstaat im Verfahren zum Asylwiderruf eine Mitwirkungspflicht haben. Darüber hinaus setzt sich die Schweiz laut dem Bundesrat für eine bessere internationale Zusammenarbeit gegen missbräuchliche Reisen ein.

Schutz von Prostituierten

Eine andere Gesetzesänderung betrifft Prostituierte, die bei der Ausübung ihrer Tätigkeit Opfer von Straftaten werden. Sie sollen in bestimmten Fällen die Möglichkeit erhalten, für die Dauer des Strafverfahrens eine Aufenthaltsbewilligung sowie eine Rückkehrhilfe zu beantragen. Damit würde nach der Aufhebung des Cabaret-Tänzerinnen-Statuts der Schutz von Prostituierten verstärkt.

Rückkehrhilfe soll neu auch für vorläufig aufgenommene Personen möglich sein, die kein Asylgesuch eingereicht haben, wenn sie freiwillig in ihr Heimatland zurückkehren oder die Schweiz verlassen müssen. Mit der Änderung soll hauptsächlich verhindert werden, dass ein Asylgesuch nachträglich und ausschliesslich zur Erlangung der Rückkehrhilfe gestellt wird. Die Rückkehrhilfe hat zum Ziel, die Rückkehr zu fördern und die Wiedereingliederung zu erleichtern.

Spezielle Ausschaffungsgefängnisse

Weitere Änderungen begründet der Bundesrat mit der Rechtsprechung und der letzten Schengen-Evaluation. So darf die Administrativhaft künftig nur in einem ausschliesslich für diese Haftart vorgesehenen Gebäude erfolgen, ausser in Ausnahmefällen und unter strengen Bedingungen.

Ferner will der Bundesrat eine Gesetzesgrundlage für ein neues Informationssystem im Rückkehrbereich schaffen (eRetour). Die kommunalen Polizeibehörden sollen einen direkten Zugang zum zentralen Schengener Visa-Informationssystem und zum nationalen Visumsystem erhalten. Geregelt wird auch der Zugang des Bundesamtes für Polizei (fedpol) und des Nachrichtendienstes zu Flugpassagier-Daten.

Nach der Vernehmlassung wurden weitere Änderungen in die Revision aufgenommen. Unter anderem wird das Informationssystem ISR aufgehoben, weil die Daten dieses Systems künftig im Zentralen Migrationsinformationssystem (ZEMIS) erfasst werden. Grundsätzlich abgelehnt hat die Vorlage in der Vernehmlassung einzig die SVP. (sda)

 
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