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BND hörte Schweizer Firmen in Österreich ab

Der deutsche Geheimdienst (BND) hat von 1999 bis 2006 die österreichischen Niederlassungen von mehr als einem Dutzend Schweizer Firmen ausspioniert. Dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB) sind diese Informationen bekannt.
BND-Hauptsitz in Berlin. Der deutsche Nachrichtendienst hat auch rund ein Dutzend Niederlassungen von Schweizer Firmen in Österreich abgehört. (Archivbild)
BND-Hauptsitz in Berlin. Der deutsche Nachrichtendienst hat auch rund ein Dutzend Niederlassungen von Schweizer Firmen in Österreich abgehört. (Archivbild) (Bild: KEYSTONE/AP/MARKUS SCHREIBER)

Über ein Dutzend Schweizer Firmen seien ab 1999 ins Visier des deutschen Geheimdienstes geraten, berichtete der "SonntagsBlick". Bis mindestens 2006 habe der BND deren Fax-Anschlüsse angezapft und Telefon- und E-Mail-Daten gespeichert. Ein Teil der abgefangenen Informationen sei auch an den US-Geheimdienst NSA geflossen.

Die österreichischen Niederlassungen der betroffenen Schweizer Firmen sind auf geheimen Überwachungsdokumenten des BND gelistet, die der Zeitung vorliegen. Zu den prominentesten Namen zählen demnach der zur Novartis-Gruppe gehörende Generika-Hersteller Sandoz, der Logistikkonzern Panalpina und der Schraubenhersteller Bossard. Genannt werden auch der Labortechniker Tecan und Habasit, ein Produzent von Antriebsriemen und Transportbändern.

NDB bestätigt

Die betroffenen Firmen wollten sich ebenso wie der BND zur Affäre und zu den laufenden Untersuchungen nicht äussern. Der Schweizer Nachrichtendienst (NDB) bestätigte am Sonntag auf Anfrage der Agentur Keystone-SDA, dass man von den Vorfällen Kenntnis habe.

Zu konkreten Fällen nehme der NDB aber keine Stellung. Man äussere sich zu den Tätigkeiten und Vorgehensweisen sowie der Zusammenarbeit mit Partnerdiensten nur gegenüber dem Chef des VBS, dem Bundesrat und seinen Aufsichtsorganen, hiess es auf Anfrage.

Die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) als Oberaufsicht des NDB werde sich an ihrer August-Sitzung mit dem neuen NDB-Chef damit befassen, erklärte ihr Präsident, SP-Ständerat Claude Janiak, auf Anfrage von Keystone-SDA. Die Auslandkontakte seien für diese Sitzung ohnehin traktandiert. Die GPDel könne dann zum aktuellen Fall Fragen stellen.

"Wir können die Zusammenarbeit mit dem BND überprüfen, aber wir haben keine Oberaufsicht über den BND. Wir verfügen gegenüber ausländischen Diensten somit nicht über die entsprechenden Informationsrechte", so Janiak weiter. Die GPDel werde sich die erforderlichen Informationen holen und dann erst über das weitere Vorgehen entscheiden. Man werde zu gegebener Zeit über Erkenntnisse und allfällige weitere Schritte informieren.

Drei Wochen alte Enthüllungen

Die aktuelle Enthüllung kommt nicht ganz überraschend. In Österreich gelangte die Geschichte, wonach der BND zwischen 1999 und 2006 systematisch die Telekommunikation zentraler Einrichtungen, Behörden, internationale Organisationen und von Firmen in Österreich überwacht und ausspioniert hat, vor drei Wochen durch Medienberichte an die Öffentlichkeit.

Die Enthüllungen sorgten in der Folge für diplomatische Verstimmungen auf höchster Ebene. Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz und Bundespräsident Alexander Van der Bellen zeigten sich irritiert darüber. Das Ausmass der Überwachung "war ein Enormes", erklärte Kurz.

Die deutsche Regierung distanzierte sich umgehend von den Spionageaktionen des BND. Wirtschaftsspionage gehöre weder in der Vergangenheit noch heute zu den Aufgabengebieten des BND, hiess es.

Hohe Welle geworfen und für grossen Unmut in Deutschland gesorgt hatte vor Jahresfrist die Spionagetätigkeit des Schweizers Daniel Moser in Deutschland. Moser hatte im Auftrag von Kontaktleuten des NDB eine deutsche Sicherheitsfirma damit beauftragt, einen Maulwurf in der Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalens zu platzieren.

Die Spionagetätigkeit stand im Zusammenhang mit sogenannten Steuer-CDs. Im November 2017 wurde der Schweizer in Deutschland zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und 10 Monaten und einer Busse verurteilt. (sda)

 
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