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Sie war eine der ersten Nationalrätinnen der Schweiz: St.Gallerin Hanna Sahlfeld-Singer ist verstorben

Die St.Galler Alt-Nationalrätin Hanna Sahlfeld-Singer war eine Pionierin in vielerlei Hinsicht. Jetzt ist die ehemalige SP-Politikerin verstorben. Sie wäre am 17. Oktober 82 Jahre alt geworden.
von Christa Kamm-Sager
Hanna Sahlfeld-Singer, die Theologin und SP-Nationalrätin aus dem Kanton St. Gallen, wurde am 13. Dezember 1971 als elfte Frau im Nationalrat vereidigt. (Bild: Keystone)
Alt-Nationalrätin Hanna Sahlfeld-Singer (links), Bundesrätin Karin Keller-Sutter (Mitte), und Alt-Bundesrätin Ruth Dreifuss  am 2. September 2021 vor dem Bundeshaus an der offiziellen Feier zu 50 Jahren Frauenstimmrecht. (Bild: Keystone)
Die Alt-Nationalrätin Hanna Sahlfeld-Singer kehrte am 7. März 2019 für ein Podiumsgespräch in den Nationalratssaal zurück. (Bild: Keystone)

Von 1971 bis 1975 war Hanna Sahlfeld-Singer im Nationalrat. Sie war die erste St.Galler SP-Nationalrätin und gehörte zu den ersten elf Nationalrätinnen überhaupt. In der Todesanzeige schreiben die SP des Kantons St.Gallen und die SP Frauen des Kantons St.Gallen: «Sie bleibt uns in guter Erinnerung als Vorreiterin für die Gleichstellung sowie als Kämpferin für die Menschenrechte, gegen Armut und für soziale Gerechtigkeit.» Die Frauen in der Schweiz hatten erst kurz vor Sahlfeld-Singers Amtsantritt das Wahl- und Stimmrecht auf Bundesebene erhalten.

Die ehemalige Nationalrätin wohnte in der Region Hannover und verstarb dort am 11. Oktober. Die Beisetzung findet am 22. Oktober im Barsinghausen, Deutschland, statt.

Jüngste Parlamentarierin der ersten Generation

Nach ihrer Wahl musste die Theologin und Pfarrerin aus Flawil aufgrund des aus der Zeit des Kulturkampfs stammenden kirchlichen Ausnahmeartikels von 1874 ihre Anstellung in Altstätten bei der Kirche aufgeben. Der Artikel schloss «Bürger geistlichen Stands» aus dem Parlament aus. Sahlfeld- Singer war mit 28 Jahren die jüngste Parlamentarierin der ersten Generation und die erste Frau, die während der Amtszeit im Bundesparlament Mutter wurde.

Alt-Nationalrätin Hanna Sahlfeld-Singer (links), Bundesrätin Karin Keller-Sutter (Mitte), und Alt-Bundesrätin Ruth Dreifuss  am 2. September 2021 vor dem Bundeshaus an der offiziellen Feier zu 50 Jahren Frauenstimmrecht. (Bild: Keystone)

In einem Interview mit SRF von 2021 erzählte Sahlfeld-Singer, dass ihr der Pförtner des Bundeshauses den Eintritt zur Vereidigung am 14. Dezember 1971 verwehren wollte. Es fänden heute keine Führungen statt, habe er zu ihr gesagt.

Verzicht auf weitere Legislaturperiode

1975 wurde Hanna Sahlfeld-Singer wiedergewählt. Aber sie verzichtete auf eine weitere Legislaturperiode im Nationalrat, da ihr Ehemann als Pfarrer keine Anstellung mehr im Kanton St.Gallen gefunden hatte. Der Grund dafür war seine deutsche Herkunft und das politische Engagement seiner Ehefrau. Das Ehepaar war deshalb nach Wil umgezogen, von wo aus Rolf Sahlfeld in den Kanton Zürich pendelte.

Die Alt-Nationalrätin Hanna Sahlfeld-Singer kehrte am 7. März 2019 für ein Podiumsgespräch in den Nationalratssaal zurück. (Bild: Keystone)

Da das Einkommen zeitweise fehlte, wurde die junge Familie von Verwandten unterstützt. Im Herbst 1975 beschloss sie, nach Deutschland zu ziehen. Von 1976 bis 2003 war Hanna Sahlfeld-Singer in der Folge Schulpastorin für evangelische Religionslehre am Erzbischöflichen Gymnasium St.Angela in Wipperfürth in Nordrhein-Westfalen. Sie hielt sich von der Parteiarbeit fern, setzte sich aber weiter für die Entwicklungspolitik und die Ökumene ein.

Die Verstorbene besuchte die Primar- und Sekundarschule in Flawil sowie die Kantonsschule in St.Gallen. Sie studierte evangelische Theologie in Zürich, Basel und Wien. Nach ihrem Praktikum in Oberhelfenschwil wurde sie 1969 ordiniert.

Im Nationalrat setzte sich Hanna Sahlfeld-Singer unter anderem für folgende Themen ein:
  • Besserer Mieterschutz
  • Einführung eines Zivildienstes
  • Verbesserung Tierschutz / Schächtverbot
  • Einführung von Tempo 40 innerorts
  • Revision des Eherechts
  • Bessere Arbeitsbedingungen für Arbeiterinnen und Arbeiter von Schweizer Firmen in Südafrika
  • Einschränkung von Suchtmittel-Werbung
  • Kostenübernahme von Schwangerschaftsverhütung durch die Krankenkassen
  • Schweizerische Flüchtlingspolitik
  • Ersatz von kurzen Freiheitsstrafen durch Geldstrafen
  • Beihilfen / Stipendien für Aus- und Weiterbildung von Erwachsenen
  • Einführung einer Lebensmitteldeklaration

Artikel: http://www.vaterland.li/regional/ostschweiz/stgaller-sp-nationalraetin-hanna-sahlfeld-singer-ist-verstorben-art-620374

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