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Das Phänomen der Karstlöcher in Malbun

«Selbst der Sass-See ist ein grosser ­Sackungstrichter»

Daniel Miescher, Autor des Buchs «Geologie Liechtensteins», erläutert das Phänomen der Karstlöcher und erklärt, weshalb sich in Malbun nie gefährliche, unterirdische Hohlräume bilden können.
Karstlöcher gibt es in Liechtenstein beispielsweise auf dem Weg zum Saas-See, der ebenfalls ein grosses Karstloch ist. (Bild: pd)
Daniel Miescher ist Direktor am BZBS, studierter Geologe und Autor. (Bild: Julian Konrad)

Beim Spazieren oder Wandern im Liechtensteiner Berggebiet sind dem einen oder anderen vielleicht schon diese komischen Löcher im Boden aufgefallen. Kleine Trichter, die in den Boden reichen, an seltsamen Stellen neben dem Weg oder im Gelände. Daniel Miescher, Autor des Buchs «Geologie Liechtensteins», kennt dieses Phänomen, es handelt sich dabei um eine Karsterscheinung.

Karstlöcher sind nicht nur in Liechtenstein zu finden. Benannt nach der Region «Karst» in Slowenien sind diese Trichter im Boden geologisch gesehen Folgen der Lösungsverwitterung. «Das Gestein des Untergrunds wird über Jahrtausende hinweg von Regenwasser langsam aufgelöst. Dabei entstehen Hohlräume und Löcher», erklärt Daniel Miescher, Leiter des BZBS und studierter Geologe. «Das Wasser löst das Gestein aufgrund der darin enthaltenen Kohlensäure auf. Diese entsteht durch die natürliche ­Aufnahme von Kohlenstoffdioxid der Atmosphäre im Regenwasser. Von der Lösungsverwitterung sind Kalk- und Gipsgesteine besonders betroffen», so ­Daniel Miescher.

Die Beschaffenheit des Gesteins ist ausschlaggebend
Felsformationen sind im Laufe der Jahrhunderte der Verwitterung ausgesetzt. In vorhandene Risse dringt Wasser ein. So werden diese immer tiefer und grösser. «Dadurch können regelrechte un­terirdische Höhlen entstehen, wie beispielsweise eindrücklich in der Region Karst in Slowenien zu sehen ist. Besondere Landschaftsformen, die ebenfalls auf Lösungsverwitterung zurückzuführen sind, sind Tropfsteinhöhlen und unterirdische Flüsse.»

Daniel Miescher ist Direktor am BZBS, studierter Geologe und Autor. (Bild: Julian Konrad)

Wenn sich nach jahrtausendelanger Arbeit des Regenwassers solche Hohlräume gebildet haben, besteht die Gefahr, dass sie einstürzen und sogenannte Dolinen, also Einsturztrichter, bilden. «Dabei kommt es aber wesentlich auf die Art des jeweiligen Gesteins an», erklärt Miescher. Wenn das Gestein mechanisch stabil ist, können sich imposante unterirdische Höhlen halten. Manchmal besitzen diese eine gefährliche Öffnung gegen die Oberfläche. Solche Vorkommnisse gibt es beispielsweise im Toggenburg. «Dort handelt es sich um Kalkgestein, das physikalisch und mechanisch äusserst stabil ist. Im ­Gegensatz dazu ist das Malbuner Gipsgestein sehr weich.» Unterirdische Höhlen können sich aufgrund mangelnder Stabilität nicht bilden, sondern stürzen oder sacken vielmehr langsam ein. Was an der Oberfläche zu sehen ist, sind die Sackungstrichter oder Dolinen. «Deshalb sind die Malbuner Karstlöcher nicht besonders tief und kaum gefährlich. Die Trichter können drei bis fünf Meter in die Erde reichen, bleiben aber an der Oberfläche.»

Auch der Sass-See ist ein grosser ­Sackungstrichter
Generell sind Karstlöcher also an bestimmte Gesteinsschichten gebunden und können nicht überall auftreten. «Das Gipsgestein in Malbun wurde in der Trias-Zeit vor über 200 Millionen Jahren in einem warmen, sehr untiefen und verdunstungsreichen Meer abgelagert. In dieser Zeit besiedelten Dinosaurier das Festland.» Damals war diese Schicht teilweise noch unter Wasser und vereinzelt trockengelegt. Durch dieses Wechselspiel entstanden vielzählige hauchdünne Schichten aus Schlamm und Gips, erkennbar an einer abwechselnd Weiss/ Dunkel-Färbung – und eben jene Schicht kann sich lösen. «Das beste Beispiel ist der Sass-See. Er ist selbst eine grosse ­Doline», so Miescher.

Und wie tief führt der See in den Untergrund? «Nicht besonders weit. Die Gipsschicht ist nämlich überlagert von junger eiszeitlicher Gletscherablagerung, sogenannter Grundmoräne. Sie bedeckt die dortige Landschaft wie ein Teppich und dichtet den See ab.» 

Tipp vom Geologen

Solche Karstlöcher finden sich nicht nur beim Sass-See. Wer eine Wanderung von der Bergstation des Sareiser Sessellifts zum Sareiserjoch unternimmt, findet solche auch entlang des Weges. Die dortige Gesteinsformation ist exakt die gleiche wie um den Sass-See. Im Zuge der Gebirgsbildung wurde sie hier aber um mehrere Hundert Meter nach oben versetzt.

Es gibt zudem einen elektronischen, geologischen Wanderpfad durch Malbun. Er ist unter tourismus.li/geologiepfad oder auf outdooractive.com zu finden.

 
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