«Liewo»-Weihnachtsgeschichte
Das Krippenspiel


Das Pausenzeichen ertönte und alle strömten wieder in ihre Klassenzimmer. Viele hatten den Zettel mit der Einladung zum Weih
nachtsspiel in der Hand. „Na, interessiert dich das auch?”, fragte plötzlich jemand hinter ihr. Emma drehte sich irritiert um. Och nö, der langweilige Hanno, der immer so schrecklich nett sein wollte. Wortlos wandte sie sich von ihm ab.
Sehr energisch ging Emma wenige Tage später zur großen Rollenverteilung für die Aufführung. Ihre Haare glänzten kupferfarben, sie hatte ein fantastisches pinkfarbenes Kleid an und würde sie alle umhauen! „Ich möchte, dass ihr erklärt, wie ihr eure Wunschrollen umsetzen wollt”, sagte Frau Reiterlein, die Leiterin, in die Runde, „und jeder darf mitspielen, wir können auch Bäume, Ochsen und Esel brauchen!” Das wäre ja das Letzte, dachte Emma. Nein, für sie gab es nur die Hauptrolle. „Und denkt daran, Kinder, dass es hier um ein verzweifeltes Paar geht, das keine Bleibe hat. Die Frau ist hochschwanger, sie sind arm, sie sind bescheiden.” Bescheiden? Eine Königin war nicht bescheiden. Das Ganze musste modernisiert werden! Emma stand auf. In diesem Moment richteten sich alle Blicke auf sie, und das gefiel ihr. „Also ich würde eine ganz besondere Maria spielen, die weiß, dass sie wichtig ist, weil ihr Kind später etwas ganz Besonderes sein wird!” Emma strahlte, bis das Gelächter losging. Was hatten die nur? Sogar die Lehrerin schmunzelte. Verwirrt sah sie an sich herunter. Da stand sie, mit ihrer wilden Lockenmähne, in einem Abendkleid ihrer Mutter, und wusste nicht, was so lächerlich sein sollte! Tränen schossen ihr in die Augen und sie rannte los. Es war so peinlich, und die lachten noch mehr, als sie beim Laufen auf den Saum des Kleides trat. Nur weg, die Treppen hoch, da war eine Tür, ganz oben im Gebäude, ab in den Speicher.
Stunden vergingen. Unten wurden Rollen verteilt, gespielt und gelacht, das Schulgebäude wurde leer. Emma saß in ihrer Ecke und wollte niemanden sehen. Sie hasste die Welt. Es wurde dunkel. Draußen fing es an zu schneien. Nie wieder würde sie nach Hause gehen, wo es allen völlig egal war, ob sie eine Königin war oder nicht, und nie wieder würde sie zu der idiotischen Theatergruppe gehen! Plötzlich hörte sie etwas. Es klang hilflos. Es klang lebendig. Was war das? So langsam bekam sie Angst. Noch nie war sie allein auf dem Dachboden der Schule gewesen, und das in der Nacht! Sie spitzte die Ohren. Waren da nicht Schritte? Und wieder dieses klägliche Jammern, das sie nicht einordnen konnte. Emma machte sich ganz klein. Die Schritte kamen näher. „Emma, bist du das?” Sie hob den Kopf. Hanno! „Lass mich in Ruhe”, wisperte sie, aber insgeheim war sie heilfroh, dass da ein menschliches Wesen war. „Klar lass ich dich in Ruhe, du vertreibst sowieso alle. Aber sag mal, hast du zufällig eine kleine Katze gesehen? Die muss sich hier irgendwo verkrochen haben.” Jetzt war Emma doch verblüfft. Sie vertreibe alle? Und was für eine Katze meinte Hanno?
Und dann folgte eine Nacht, die sie nie vergessen sollte. Sie fanden das Kätzchen ganz verängstigt in einer Ecke sitzen. Natürlich war inzwischen das Schulhaus abgeschlossen und sie kamen nicht mehr raus! Der Schnee sammelte sich auf dem Dach über ihnen, und in diesen dunklen Stunden erzählte Hanno, wie er das arme Tier gerettet hatte. Zum ersten Mal konnte Emma mit der Katze auf dem Schoß berichten, wie einsam sie eigentlich war. Nach all der Aufregung hatte sie jemanden gefunden, der sie tatsächlich verstand. Endlich merkte sie, was sie wirklich brauchte. Am nächsten Tag war die Erleichterung beider Eltern groß. Emma war die Hauptrolle inzwischen egal und sie spielte zu Weihnachten einen wunderbaren, rothaarigen Baum neben einem etwas blassen Baum, auf dessen Schulter eine kleine Tigerkatze saß.
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Katzen
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