Tramper-Roboter zieht ins Museum

Der reisende Roboter "hitchBOT" ist angekommen - und es hat ihm die Sprache verschlagen. Nur sein rot blinkendes LED-Gesicht unter der zum Kopf umgebauten Kuchenhaube blinkt weiter freundlich. Innen ist er nun allerdings weitgehend hohl, kann deswegen nicht mehr sprechen, sich nicht mehr in den Sozialen Medien mitteilen, wie früher einmal.
Dabei hätte er auch heute noch so viel zu sagen: Wie er von Wissenschaftlern vor ein paar Jahren auf die Reise geschickt wurde, per Anhalter viele Kilometer weit. Wie Autofahrer ihn einsammelten, aussetzten und wie er schliesslich Vandalen zum Opfer fiel. Sein letztes Zuhause hat "hitchBOT" im ostwestfälischen Paderborn. Im dortigen Computermuseum Heinz-Nixdorf-Museumsforum (HNF) ist der trampende Roboter seit Dienstag als Dauergast zu sehen - als Symbolobjekt für die Relevanz digitaler Medien einerseits und für die besondere Beziehung zwischen Mensch und Maschine andererseits.
Soziales Experiment
Der weltweit erste Tramp-Roboter wurde 2014 als soziales Experiment von den beiden Kommunikationswissenschaftlern Frauke Zeller und David Harris Smith in Kanada auf die Reise von Küste zu Küste geschickt. Der baugleiche Zwilling, der heute in Paderborn sitzt, reiste ein Jahr später zuerst durch Deutschland und die Niederlande, dann - kurz - durch die USA. Seine Erfinder, die sich liebevoll "Familie" nennen, wollten sehen, wie die Menschen reagieren auf das freundliche aber simpel gestrickte Wesen am Strassenrand. Mit seiner Computerstimme konnte er zumindest einfache Dialoge führen.
"HitchBOT" sieht ulkig aus: Sein Bauch ein Eimer, die Arme und Beine aus blauen Schwimmnudeln, Schaumstoffschlangen, die sonst im Schwimmbad Auftrieb geben. An den Füssen trägt die Gestalt, die nicht grösser als ein Schulanfänger ist, bunte Kindergummistiefel.
"Durch eine Art Niedlichkeitseffekt sollten sich die Leute veranlasst fühlen, ihn mitzunehmen", sagt HNF-Kurator Stefan Stein. Denn das habe das "HitchBOT"-Experiment eindrucksvoll bestätigt: "Wenn ein Roboter sich klein macht, akzeptieren ihn die Menschen eher." Je menschlicher und grösser der Androide sei, desto grösser seien die Verdrängungsängste, desto geringer das Vertrauen. Nicht so bei "hitchBOT": Die Autofahrer rissen sich förmlich darum, dem armen Tropf mit seinen vielen Unzulänglichkeiten zu helfen.
Ein schlimmes Ende
Schnell war aus dem interaktiven Kunstwerk auch ein Medienhype geworden: Einerseits weil Journalisten über "hitchBOT" berichteten, andererseits weil er selbst in den Sozialen Medien über seine Abenteuer informierte. Bei Twitter, Facebook und Instagram folgten ihm Zehntausende. Sie sahen ihn bei einer Hochzeit, als Gast bei kanadischen Ureinwohnern, unterwegs mit Rockmusikern, beim Roboter-Schönheitswettbewerb, im Hofbräuhaus in München, beim Kölner Karneval. Und sie mussten von seinem jähen Ende lesen.
"Manchmal passieren guten Robotern schlimme Dinge", twitterte er am 1. August 2015. Unbekannte hatten ihn zerstört und sein technisches Innenleben bestehend aus Tablet, Solarzellen und Mini-PC geplündert. "Man hat hier alle Höhen und Tiefen vom Medienstar zum Mordopfer", sagt Kurator Stein, der die Originalteile des zweiten "hitchBOT" nach Paderborn holte und sein Äusseres restaurierte.
Im August 2018 sitzt "hitchBOT" nun wieder zusammengeflickt und aufrecht auf einem zum Sitz umgebauten Heck eines Ami-Schlittens im Paderborner Computermuseum. Seine Macher wollten ihn nicht wieder zum Leben gänzlich erwecken lassen, sondern ihn lieber als Artefakt der Roboter-Geschichte erhalten. Schliesslich hat "hitchBOT" auch stumm eine ganze Menge zu erzählen. (sda/dpa)
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben
Kleines Vademecum für Kommentarschreiber
Wie ein Kommentar veröffentlicht wird – und warum nicht.
Wir halten dafür: Wer sich an den gedeckten Tisch setzt, hat sich zu benehmen. Selbstverständlich darf an der gebotenen Kost gemäkelt und rumgestochert werden. Aber keinesfalls gerülpst oder gefurzt.
Der Gastgeber bestimmt, was für ihn die Anstandsregeln sind, und ab wo sie überschritten werden. Das hat überhaupt nichts mit Zensur zu tun; jedem Kommentarschreiber ist es freigestellt, seine Meinung auf seinem eigenen Blog zu veröffentlichen.
Jeder Artikel, der auf vaterland.li erscheint, ist namentlich gezeichnet. Deshalb werden wir zukünftig die Verwendung von Pseudonymen – ausser, es liegen triftige Gründe vor – nicht mehr dulden.
Kommentare, die sich nicht an diese Regeln halten, werden gelöscht. Darüber wird keine Korrespondenz geführt. Wiederholungstäter werden auf die Blacklist gesetzt; weitere Kommentare von ihnen wandern direkt in den Papierkorb.
Es ist vor allem im Internet so, dass zu grosse Freiheit und der Schutz durch Anonymität leider nicht allen guttut. Deshalb müssen Massnahmen ergriffen werden, um diejenigen zu schützen, die an einem Austausch von Argumenten oder Meinungen ernsthaft interessiert sind.
Bei der Veröffentlichung hilft ungemein, wenn sich der Kommentar auf den Inhalt des Artikels bezieht, im besten Fall sogar Argumente anführt. Unqualifizierte und allgemeine Pöbeleien werden nicht geduldet. Infights zwischen Kommentarschreibern nur sehr begrenzt.
Damit verhindern wir, dass sich seriöse Kommentatoren abwenden, weil sie nicht im Umfeld einer lautstarken Stammtischrauferei auftauchen möchten.
Wir teilen manchmal hart aus, wir stecken auch problemlos ein. Aber unser Austeilen ist immer argumentativ abgestützt. Das ist auch bei Repliken zu beachten.
Wenn Sie dieses Vademecum nicht beachten, ist das die letzte Warnung. Sollte auch Ihr nächster Kommentar nicht diesen Regeln entsprechen, kommen Sie auf die Blacklist.
Redaktion Vaterland.li
Diese Regeln haben wir mit freundlicher Genehmigung von www.zackbum.ch übernommen.