Ryanair nach Flugstreichungen in der Kritik

Ryanair hatte vergangene Woche angekündigt, täglich bis zu 50 ihrer mehr als 2500 Flüge zu streichen. Bis Ende Oktober wären das insgesamt rund 2000 Verbindungen. Offizielle Begründung des Unternehmens: Man wolle die eigene Pünktlichkeit verbessern. Die Pünktlichkeitsquote sei in den ersten beiden Septemberwochen auf unter 80 Prozent gesunken. Dies sei für die Kunden nicht akzeptabel.
Zur Begründung für die zunehmenden Verspätungen während der Sommermonate führte Ryanair unter anderen Fluglotsenstreiks und schlechtes Wetter an, aber auch ausstehende Ferienansprüche der Mitarbeiter. Zum Start des Winterflugplans im November werde sich die Lage wieder normalisieren. Betroffen seien "weniger als zwei Prozent der Verbindungen".
An der Begründung von Ryanair wurden allerdings Zweifel laut. Statt einer verfehlten Personalplanung könnten nach Ansicht von Experten auch massenhafte Kündigungen von Piloten oder eine strategische Entscheidung zur Air-Berlin-Insolvenz hinter den Flugstreichungen stehen.
Pilotenflucht oder taktisches Kalkül?
Wie Ryanair-Chef Michael O'Leary auf einer Analystenkonferenz in London sagte, würden Konkurrenten um die Piloten von Ryanair buhlen - es gebe jedoch keinen Personalengpass.
Die deutsche Gewerkschaft Vereinigung Cockpit teilte hingegen der "Mitteldeutschen Zeitung" mit, dass Ryanair-Piloten massenhaft das Weite suchten und bei anderen Gesellschaften anheuern wollten. Seit Jahresbeginn verlor die nach Passagieren grösste Fluggesellschaft Europas mehr als 140 Piloten an den Konkurrenten Norwegian Air, wie dieser bestätigte. Ryanair äusserte sich nicht dazu.
Ein Luftfahrtexperte sieht die vorgebrachten Gründe für die Flugausfälle als womöglich nur vorgeschoben an: Ryanair bereitet sich nach Einschätzung von Gerald Wissel von der Beratungsgesellschaft Airborne auf den möglichen Fall vor, dass die insolvente Air Berlin ihren Flugbetrieb aus Geldmangel vorzeitig einstellen muss.
"Im Fall eines vorzeitigen "Groundings" der Air Berlin müssten die begehrten Start- und Landerechte vom zuständigen Koordinator der Bundesrepublik sofort neu vergeben werden", sagte Wissel der Nachrichtenagentur dpa. Den Zuschlag könnten aber nur Gesellschaften erhalten, die dann auch mit entsprechenden Flugzeugen die Strecken tatsächlich fliegen könnten. Dafür wolle Ryanair einige Maschinen in der Hinterhand haben, schätzt Wissel.
Kritik von Kunden und EU-Kommission
Die Flugstreichungen stiessen bei vielen betroffenen Kunden auf harsche Kritik. Die EU-Kommission mahnte die Iren am Montag, die europäischen Konsumentenrechte der Passagiere zu achten. Diese hätten bei der Absage eines Flugs eine Reihe von Ansprüchen, sagte ein Kommissionssprecher in Brüssel. "Wir müssen prüfen, ob das alles von Ryanair respektiert wird."
So müssen nach den einschlägigen EU-Regeln von 2004 Fluglinien eigentlich mindestens zwei Wochen vor Abflug über eine Streichung informieren. Ist die Frist kürzer, müssen sie den Kunden eine neue Verbindung anbieten. Schafft die Fluglinie das nicht, muss sie den Kunden entschädigen, wie die Kommission klarstellte. Man erwarte, dass sich Ryanair daran halte, sagte der Sprecher.
Für die Durchsetzung der Rechte zuständig seien aber nationale Behörden. Der für Luftfahrt zuständige britische Staatssekretär Martin Callanan in London mahnte: "Wir erwarten, dass alle Airlines alles in ihrer Macht Stehende tun, die Kunden weit im Voraus über Reiseunterbrechungen zu informieren."
Ryanair bietet betroffenen Passagieren eine Umbuchung oder Entschädigung an - ausnahmsweise ohne Extragebühren. Ryanair-Chef Michael O'Leary rechnet mit einem negativen Ergebniseffekt von "unter 5 Millionen Euro", wie er am Montag weiter sagte. Die Ausgleichsansprüche bezifferte der Manager auf bis zu 20 Millionen Euro. O'Leary räumte ein, dass die Streichungen das Image von Ryanair beschädigen könnten. (sda/dpa/afp/reu)
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