Fragen und Vorwürfe im Nationalrat

Alle sieben Fraktionen der grossen Kammer hatten Listen von Fragen eingereicht. Antworten konnte Verkehrsministerin Doris Leuthard auf Grund der laufenden Untersuchungen - die die Ratsmitglieder begrüssten - am Mittwoch erst wenige geben. Die aktuelle Debatte zu sieben dringlichen Interpellationen war ein Raum für Vorwürfe.
"Fatale Mängel"
"Die Bundesverwaltung zeigt fatale Mängel in der Wahrnehmung der Eignerpflichten", stellte Thomas Hardegger (SP/ZH) fest. "Die Verantwortung wird hin- und hergeschoben", setzte Thomas Ammann (CVP/SG) hinzu. "Man denkt an korrupte Eliten in Drittweltländern", sagte Regula Rytz (Grüne/BE).
"Es gibt Quersubventionierungen in dieser maroden Unternehmung, dass einem das Liegen wehtut", sagte Ulrich Giezendanner (SVP/AG) über CarPostal France. Diese sei nur gegründet worden, um Subventionen abfliessen zu lassen, sagte er und verwies auf die 200'000 Franken Eigenkapital, trotz Millionen-Umsätzen.
Ob Gelder aus Fehlbuchungen nach Frankreich geflossen seien, werde untersucht, sagte Leuthard. CarPostal ist seit 2004 im Nachbarland aktiv und schreibt seit 2012 Gewinne. 2016 wurde das Unternehmen von einem französischen Gericht wegen Staatssubventionierung zu einer Schadenersatzzahlung verurteilt. Die Beschwerde gegen das Urteil ist noch hängig.
Andere übten Selbstkritik: "Wir sind alle in der Verantwortung", sagte Hans Grunder (BDP/BE). Die Vorschriften für allfällige Gewinne im öffentlichen Verkehr lüden zu Mauscheleien geradezu ein und müssten abgeschafft werden.
Bestellsystem braucht Revision
Das Bestellsystem im regionalen Personenverkehr brauche eine Revision und gebe Transportfirmen wenig Anreize zu Effizienz, räumte Leuthard ein. Mit den Kantonen sei bisher keine mehrheitsfähige Lösung gefunden worden. Leuthard hoffte, bis Ende Jahr einen Vorschlag vorlegen zu können.
Geprüft werden sollen auch Vorgaben für die Revisionsstellen bei bundesnahen Betrieben, die über das Aktienrecht hinausgehen. In Frage kommen könnte laut Leuthard etwa ein Wechsel der Revisionsstelle nach einer gewissen Zeit. Revisionsstelle der Post ist seit 1998 die KMPG, auch nach einer Neuvergabe im Jahr 2016.
Wieder andere sahen den Fehler im System: Bei den bundesnahen Unternehmen müssten Service-public-Bereiche und im Wettbewerb stehende Geschäftsfelder getrennt werden, forderte Thierry Burkart (FDP/AG). "Privatisierungen oder Abspaltungen dürfen dabei keine Tabus sein."
Unternehmen im Staatsbesitz würden wegen wegbröckelnder Gewinne im traditionellen Geschäft zunehmend in Märkte vordringen, in denen Private tätig seien, sagte auch Jürg Grossen (GLP/BE). Das sei wettbewerbs- und finanzpolitisch problematisch.
Vorwürfe von Postautohaltern
Nur mit einer Privatisierung könne dieses Problem radikal beseitigt werden, sagte Leuthard. Damit würde aber die öffentliche Hand die Kontrolle verlieren. Verbote von Tätigkeiten ausserhalb der Grundversorgung habe das Parlament diskutiert und verworfen.
Zur Forderung der Linken, mit Anpassungen im Lohn- und Bonus-System für die Kader Unregelmässigkeiten zu verhindern, wies Leuthard zurück: "Es sind Manipulationen passiert, und das ist eine Schweinerei", sagte sie. Aber mit der Bonuspolitik für die Chefs hätten die Vorfälle bei PostAuto AG nichts zu tun.
Nachgehen will Leuthard Vorwürfen, die Walter Wobmann (SVP/SO) als Präsident des Verband Schweizerischer Postautounternehmer BUS CH erhob. "Offenbar wurden einige Subunternehmer gedrückt", stellte sie fest. Laut Wobmann werden private Postauto-Betriebe von PostAuto laufend schlechter entschädigt. Über 20 von ihnen hätten den Postautobetrieb deshalb einstellen müssen, sagte er.
15,1 Millionen für 2016
Die Tricksereien wurden Anfang Februar bekannt. Im Rahmen einer ordentlichen Revision hatte das Bundesamt für Verkehr (BAV) Anfang Februar festgestellt, dass die PostAuto AG seit 2007 Gewinne im subventionierten regionalen Personenverkehr erzielt und diese zwischen 2007 und 2015 in andere Geschäftsfelder umgebucht hat.
Für diese Jahre muss das Unternehmen gut 78 Millionen Franken zurückzahlen. Leuthard geht davon aus, dass auch für 2016 und 2017 Rückzahlungen fällig werden. 2016 dürften es gemäss Schätzung des BAV 15,1 Millionen sein, sagte sie im Rat. Für 2017 gebe es noch keine Zahlen.
Die Post lässt die Affäre von externen Anwälten sowie externen Experten untersuchen. Das Bundesamt für Polizei (fedpol) führt nach einem Entscheid des Bundesrates ein Verwaltungsstrafverfahren gegen die Post. Zusätzlich setzte das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) eine Task Force ein. (sda)
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