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Unruhen wegen Rentenkürzungen in Argentinien

Das argentinische Parlament hat am Dienstag eine Rentenreform verabschiedet, die tiefe Einschnitte bei der Altersversorgung für Millionen Menschen vorsieht. Die Debatte wurde von einer mehrstündigen Strassenschlacht zwischen Demonstranten und Polizisten begleitet.
Bei den Zusammenstössen zwischen Protestierenden und Sicherheitskräften in Buenos Aires gab es auf beiden Seiten Dutzende Verletzte.
Bei den Zusammenstössen zwischen Protestierenden und Sicherheitskräften in Buenos Aires gab es auf beiden Seiten Dutzende Verletzte. (Bild: Keystone/AP/NATACHA PISARENKO)

Mindestens 162 Menschen wurden bei den Auseinandersetzungen vor dem Kongressgebäude verletzt, darunter 88 Sicherheitskräfte. Die Polizei nahm mindestens 64 Menschen fest, wie die staatliche Nachrichtenagentur Télam nach Angaben des Sicherheitsministeriums der argentinischen Hauptstadt berichtete.

Aus Protest gegen das Gesetz hatten die Gewerkschaften zu einem 24-stündigen Generalstreik aufgerufen, der am Montagmittag begann. Die gewalttätigen Proteste nahmen ihren Lauf, als eine Gruppe von Demonstranten vor dem Parlament die dort aufgestellten Absperrungen umstiess und Steine sowie Molotowcocktails warf. Die Sicherheitskräfte reagierten mit Wasserwerfern, Tränengas und Gummigeschossen.

Während der Nacht fanden in zahlreichen Stadtteilen von Buenos Aires spontane Kundgebungen von Bürgern statt, die auf der Strasse mit Schlagen auf Töpfen gegen die Rentenreform protestierten; die lautstarken "Cacerolazos" wurden besonders während der Zeit der Staatspleite 2001 zu einer bekannten Protestform.

Zuschüsse versprochen

Das Gesetz wurde nach einer 17-stündigen Marathonsitzung mit einer Mehrheit von 128 gegen 116 Stimmen am frühen Morgen verabschiedet, dank der Unterstützung mehrerer Oppositionsabgeordneter. Zuvor hatten die konservative Regierung des liberalen Präsidenten Mauricio Macri einzelnen Gouverneuren der Provinzen Etatzuschüsse versprochen.

Die Gesetzesvorlage sieht Kürzungen der Rentenausgaben in Höhe von rund 100 Milliarden Peso (5,6 Mrd. Franken) vor. Mit der Reform soll die Anpassung der Renten nach einem neuen Modell mit anderen Indikatoren berechnet werden. Vorgesehen ist, das Ansteigen der Renten zu verringern und das Renteneintrittsalter von 65 auf 70 Jahren bei den Männern und von 60 auf 63 Jahren bei den Frauen zu erhöhen.

Der seit Ende 2015 regierende wirtschaftsliberale Macri versichert, dass die Rentner nichts von ihrer Kaufkraft verlieren werden. Er plant bereits zwei weitere umstrittene Massnahmenkataloge: ein Arbeitsmarktgesetz und ein neues Steuergesetz.

"Abzockerei" auf Kosten der Rentner

Die Opposition kritisiert, mit der Methode würden die Renten um mindestens sechs Prozent sinken. Es werde eine Verringerung des hohen Staatshaushaltsdefizits auf Kosten der Rentner angestrebt, während Wirtschaftszweigen wie dem Bergbau und der Landwirtschaft Steuersenkungen gewährt worden seien.

Für Agustín Rossi, den Fraktionschef der Front für den Sieg (FPV) von Macris Vorgängerin Cristina Kirchner, ist die Abstimmung im Parlament "nicht das Ende der Geschichte", sondern der "Ausgangspunkt für friedlichen Widerstand". Kirchners ehemaliger Wirtschaftsminister Axel Kicillof sprach von einer "Abzockerei" auf Kosten der Rentner und Sozialhilfeempfänger.

Bereits vergangene Woche hatte es massive Proteste gegen das Gesetzespaket gegeben. Die Abgeordneten hatten die Debatte deswegen auf Montag verschoben. Von der Reform sind etwa 17 Millionen Menschen betroffen. (sda/dpa/afp)

 

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