Offizieller Haftbefehl gegen Puigdemont
Der Beschluss von Richterin Carmen Lamela gilt auch für die vier Ex-Minister, die sich wie ihr Chef nach der Entmachtung der Regionalregierung in Barcelona nach Brüssel abgesetzt hatten, wie das Gericht am Freitag mitteilte. Eine Anhörung Puigdemonts per Videoschaltung lehnte es ab.
Im belgischen Fernsehsender RTBF sagte der 54-Jährige am Freitag, er sei nicht vor der Justiz geflohen. Er wolle sich der Justiz stellen, "aber der wirklichen, nicht der spanischen." Puigdemont wiederholte, er wolle in Belgien nicht Asyl beantragen und setze weiterhin auf Dialog zur Lösung des Konflikts.
Belgien bestätigt Empfang
Die belgische Staatsanwaltschaft bestätigte den Empfang der von Spanien erlassenen Haftbefehle gegen den entmachteten katalanischen Regionalpräsidenten Carles Puigdemont und vier seiner früheren Minister. Diese Haftbefehle würden jetzt geprüft und dann einem Ermittlungsrichter übergeben, berichtete die belgische Nachrichtenagentur Belga am Freitagabend.
Dem Separatisten-Chef droht in Spanien eine Haftstrafe von bis zu 30 Jahren. Ihm werden Rebellion, Auflehnung gegen die Staatsgewalt und Veruntreuung öffentlicher Gelder vorgeworfen.
Grund ist der einseitige Unabhängigkeitsbeschluss, den das Parlament in Barcelona am Freitag vor einer Woche verabschiedet hatte. Die Zentralregierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy hatte die katalanische Regierung daraufhin abgesetzt.
Vorladung missachtet
Puigdemont und die vier Ex-Minister hatten am Donnerstag eine Vorladung von Richterin Lamela missachtet. Die neun übrigen ehemaligen Angehörigen der katalanischen Regierung erschienen dagegen vor Gericht und wurden mit Untersuchungshaft belegt. Die sieben Männer und zwei Frauen wurden nach den Vernehmungen umgehend zu zwei Gefängnissen im Madrider Umland gefahren.
Puigdemonts belgischer Anwalt Paul Bekaert hat bereits angekündigt, gegen einen Auslieferungsantrag aus Spanien vorzugehen. Bekaert hatte einst Mitglieder der baskischen Terrororganisation ETA vertreten und auch gegen deren Auslieferung nach Spanien gekämpft.
Sollte Puigdemont festgenommen werden, hätte die belgische Justiz nach EU-Regeln 60 Tage Zeit, um über die Auslieferung des katalanischen Politikers zu entscheiden - lediglich in Ausnahmefällen kann die Frist um weitere 30 Tage verlängert werden.
Für eine Auslieferung muss der Puigdemont vorgeworfene Straftatbestand grundsätzlich auch in dem Land existieren, in dem er festgenommen wird. Bei "Rebellion" und "Aufruhr" ist dies in Belgien nicht der Fall. Es gibt aber auch Straftatbestände, bei denen diese Voraussetzung der "beiderseitigen Strafbarkeit" nicht gilt. Nun muss geklärt werden, welche Vorwürfe gegen Puigdemont darunter fallen könnten.
Proteste und Streikaufruf
In Katalonien kam es nach der Verhaftung der Ex-Minister am Donnerstag zu Protesten und Störaktionen. In Barcelona und anderen Städten versammelten sich Tausende zu Kundgebungen. Viele Katalanen schlugen in der Nacht auf Balkonen und an offenen Fenstern spontan auf leere Töpfe.
Am Tag nach den Kundgebungen verübten einige Separatisten Störaktionen und versperrten zeitweise Strassen und Schienen. Die Protestaktionen sollen nach Ansicht der Separatisten noch deutlich grössere Ausmasse annehmen.
Für den 12. November riefen die einflussreichen Organisationen Katalanische Nationalversammlung (ANC) und Òmnium Cultural zu einer Grossdemonstration in Barcelona auf. Dabei wollen sie "die Freilassung aller politischen Häftlinge" fordern.
Gemeint sind auch die Präsidenten der beiden Gruppen, Jordi Sànchez (ANC) und Jordi Cuixart (Òmnium), die schon seit Ende Oktober unter dem Vorwurf des "aufrührerischen Verhaltens" in Haft sitzen. Die spanischen Behörden lehnen ihre Freilassung ab.
Bereit zur Kandidatur
Für den 21. Dezember sind Neuwahlen in Katalonien angesetzt. Er sei bereit zu kandidieren, sagte Puigdemont im Interview mit dem Sender RTBF. "Wir wollen, dass die Wahlen so normal wie möglich verlaufen. Und mit einer inhaftierten Regierung werden die Wahlen weder neutral noch unabhängig oder normal sein."
Auf die Frage, ob es möglich sei, vom Ausland aus Wahlkampf zu machen sagte er: "Natürlich!" Man lebe in einer globalisierten Welt. (sda/dpa/afp)
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