Gurlitt-Ausstellung: Teil zwei wird eröffnet
In der Ausstellung sind 15 Bilder als Leihgaben zu sehen, die als Raubkunst gelten, wie Marcel Brülhart, Vizepräsident der Dachstiftung Kunstmuseum Bern-Zentrum Paul Klee am Mittwoch vor der Presse ausführte. Weitere 15 Werke sind erwiesenermassen "sauber". Beim weitaus grössten Teil, nämlich bei 81 Werken, konnte die Frage bis heute nicht geklärt werden.
Die Ausstellung beleuchtet insbesondere die Rolle des deutschen Kunsthistorikers und Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt (1895-1956), der das Konvolut von rund 1500 Werken zusammengetragen hatte, das Jahrzehnte später als "Kunstfund Gurlitt" Schlagzeilen machen sollte.
Anhand von sehr unterschiedlichen Werken, von alten Deutschen Meistern bis zur klassischen Moderne, zeichnet die Ausstellung den vielschichtigen Lebensweg Gurlitts im Schatten des Nazi-Regimes nach.
Gurlitt war zunächst selber Opfer der Nationalsozialisten. Weil er sich für moderne Kunst einsetzte, wurde er vom Regime als Museumsleiter geschasst. Als Kunsthändler avancierte er aber wenig später zu einem der bevorzugten Händler des Regimes.
Als dunkelstes Kapitel seiner Karriere bezeichnete Museumsdirektorin Nina Zimmer seine Tätigkeit in Paris, wo er auch Einkäufer für Hitlers in Linz geplantes "Führermuseum" war. "Er hat ein enormes Gehalt bekommen, um Kunst für Personen des Dritten Reiches zu besorgen - da gibt es nichts schönzureden", sagte sie.
Nach dem zweiten Weltkrieg wollte Gurlitt seine Verbindungen zur Nazi-Diktatur vergessen machen. Aufschlussreich sind in dieser Beziehung die ausgestellten Protokolle von Vernehmungen Gurlitts durch die US-Armee.
Opfer erhalten ein Gesicht
In mehreren Kapiteln umreisst die Berner Ausstellung am Beispiel Gurlitts die Entwicklung des Kunsthandels während der Nazi-Zeit. Ein Gesicht erhalten dabei insbesondere auch die Opfer des Kunstraubs durch die Nationalsozialisten.
Detailreich beschreibt die Ausstellung, unter welchen geklärten oder eben ungeklärten Umständen die Bilder in den Besitz von Hildebrand Gurlitt kamen. Und sie erzählt die leidvolle Geschichte von Menschen, deren Hab und Gut von den Nazis beschlagnahmt oder ihnen unter Wert abgepresst wurde.
Mit dem Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft begann für viele der enteigneten Familien und deren Erben ein weiterer, dornenvoller Weg, ihr nur allzu oft in alle Winde verstreutes Eigentum zurück zu erhalten. Die Ausstellung widmet ein eigenes Kapitel dem Thema der Rückgabe von Kunstwerken an Berechtigte und rührt damit an bis heute ungelöste Probleme.
Doppelausstellung in Bern und Bonn
Nach dem Tod von Hildebrand Gurlitt erbte sein Sohn Cornelius das grosse Werkkonvolut von über 1500 Werken, das der Vater diskret zusammengetragen hatte.
Der eigenbrötlerische Sohn hütete die Werke unter grösster Verschwiegenheit. Ab und zu verkaufte er ein Werk, um sich seinen bescheidenen Lebensunterhalt zu finanzieren. Eher zufällig stiessen die Behörden 2012 in der Wohnung des betagten Cornelius auf den Kunstschatz und beschlagnahmten ihn.
Kurz vor seinem Tod im Jahr 2014 stimmte Cornelius Gurlitt zu, die Werke auf ihre Herkunft untersuchen zu lassen und von den Nazis geraubte Werke ihren Eigentümern zurückzugeben. Das Konvolut vermachte er zu aller Überraschung dem Kunstmuseum Bern.
Nach einem mehrjährigen Rechtsstreit mit der weiteren Familie des Verstorbenen kamen 2016 die ersten Werke nach Bern. In einer Doppelausstellung in der Bundeskunsthalle im deutschen Bonn und im Kunstmuseum Bern sollte der Bestand aufgearbeitet und der Öffentlichkeit in seinem breiteren Kontext gezeigt werden.
Der Bonner Teil der Ausstellung widmete sich in den vergangenen Monaten vor allem Fragen des Kunstraubs der Nazis. In Bern ging das Kunstmuseum Fragen der von den Nazis als "entartet" bezeichneten Kunst nach. Nun tauschen die beiden Häuser die Ausstellungsteile. Der Bonner Teil der Ausstellung kommt nach Bern und wurde vom Kunstmuseum Bern erweitert.
Die Ausstellung dauert vom 19. April bis am 15. Juli 2018. Im kommenden September sollen die beiden Ausstellungsteile schliesslich im Berliner Gropius-Bau zu einer temporären Schau zusammengefügt werden.
www.kunstmuseumbern.ch (sda)
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben
Kleines Vademecum für Kommentarschreiber
Wie ein Kommentar veröffentlicht wird – und warum nicht.
Wir halten dafür: Wer sich an den gedeckten Tisch setzt, hat sich zu benehmen. Selbstverständlich darf an der gebotenen Kost gemäkelt und rumgestochert werden. Aber keinesfalls gerülpst oder gefurzt.
Der Gastgeber bestimmt, was für ihn die Anstandsregeln sind, und ab wo sie überschritten werden. Das hat überhaupt nichts mit Zensur zu tun; jedem Kommentarschreiber ist es freigestellt, seine Meinung auf seinem eigenen Blog zu veröffentlichen.
Jeder Artikel, der auf vaterland.li erscheint, ist namentlich gezeichnet. Deshalb werden wir zukünftig die Verwendung von Pseudonymen – ausser, es liegen triftige Gründe vor – nicht mehr dulden.
Kommentare, die sich nicht an diese Regeln halten, werden gelöscht. Darüber wird keine Korrespondenz geführt. Wiederholungstäter werden auf die Blacklist gesetzt; weitere Kommentare von ihnen wandern direkt in den Papierkorb.
Es ist vor allem im Internet so, dass zu grosse Freiheit und der Schutz durch Anonymität leider nicht allen guttut. Deshalb müssen Massnahmen ergriffen werden, um diejenigen zu schützen, die an einem Austausch von Argumenten oder Meinungen ernsthaft interessiert sind.
Bei der Veröffentlichung hilft ungemein, wenn sich der Kommentar auf den Inhalt des Artikels bezieht, im besten Fall sogar Argumente anführt. Unqualifizierte und allgemeine Pöbeleien werden nicht geduldet. Infights zwischen Kommentarschreibern nur sehr begrenzt.
Damit verhindern wir, dass sich seriöse Kommentatoren abwenden, weil sie nicht im Umfeld einer lautstarken Stammtischrauferei auftauchen möchten.
Wir teilen manchmal hart aus, wir stecken auch problemlos ein. Aber unser Austeilen ist immer argumentativ abgestützt. Das ist auch bei Repliken zu beachten.
Wenn Sie dieses Vademecum nicht beachten, ist das die letzte Warnung. Sollte auch Ihr nächster Kommentar nicht diesen Regeln entsprechen, kommen Sie auf die Blacklist.
Redaktion Vaterland.li
Diese Regeln haben wir mit freundlicher Genehmigung von www.zackbum.ch übernommen.