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Alles nochmal von vorne: Macron ernennt Lecornu erneut zum Premier

Frankreichs Präsident Macron setzt trotz Kritik erneut auf Lecornu als Premier. Kann er das politische Patt im Parlament lösen und den Haushalt rechtzeitig vorlegen?
Sebastien Lecornu soll es auf Wunsch von Macron also noch einmal versuchen. (Bild: Stephanie Lecocq/Keystone)
Macron steht unter Druck. (Bild: Keystone)

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat den zurückgetretenen Premier Sébastien Lecornu überraschend erneut zum Regierungschef ernannt. Wie der Élysée-Palast mitteilte, soll der 39-Jährige nach seinen Bemühungen zur Lösung der Regierungskrise als Premier weitermachen und ein neues Kabinett zusammenstellen.

Sebastien Lecornu soll es auf Wunsch von Macron also noch einmal versuchen. (Bild: Stephanie Lecocq/Keystone)

Lecornu, der ein besonders enger Vertrauter Macrons ist, war erst vor vier Wochen als Premier angetreten und hatte nach regierungsinternen Spannungen am Montag sein Amt niedergelegt. Macron hatte ihn danach beauftragt, binnen zwei Tagen einen Ausweg aus der Krise auszuloten.

Lecornu sieht Ausweg aus KriseLecornu war nach Gesprächen mit den Parteien überzeugt, dass ein Ausweg aus der Politikkrise in Frankreich ohne eine Neuwahl des Parlaments möglich sei. Es gebe eine «sehr relative Mehrheit» mehrerer politischer Gruppierungen, einschließlich der linken Opposition, die sich auf einen Haushalt und Stabilität verständigen wollten.

Macron stellt sich erneut gegen die Linken

Mit dem Festhalten an seinem Gefolgsmann Lecornu hat Präsident Macron sich abermals gegen Rufe durchgesetzt, einen Regierungschef aus dem linken Lager oder einen eher abseits des aktuellen Politikbetriebs stehenden Experten zu ernennen. Trotz des guten Abschneidens der linken Parteien bei der vorgezogenen Parlamentswahl im Sommer 2024 hatte Macron danach mit dem Konservativen Michel Barnier und dem Mitte-Politiker François Bayrou Regierungschefs ernannt, die dem linken Lager fernstehen.

Zwar hatte Lecornu zuvor gesagt, er wolle nicht als Premier weitermachen. Aber als enger Vertrauter des Präsidenten konnte er dessen Wunsch nicht abschlagen. Ein Vorteil ist, dass Lecornu nach seinen intensiven Beratungen mit den Parteien möglicherweise auf eine Unterstützung einer ausreichend großen Zahl von politischen Gruppierungen wird bauen können.

Macron steht unter Druck. (Bild: Keystone)

Auf jeden Fall steht der wieder ins Amt zurückgeholte Premier unter Zeitdruck, denn wenn das hoch verschuldete Frankreich noch rechtzeitig einen Haushalt für das kommende Jahr auf den Weg bringen möchte, muss dieser spätestens bis zum kommenden Montag ins Parlament eingebracht werden, und zwar vom Premier. Das sehen verfassungsrechtliche Fristen vor. Wenn dies nicht gelingt, würde dies das politisch ohnehin gelähmte Land noch weiter blockieren und wirtschaftlich behindern.

Am Streit über den Haushalt waren Lecornus zwei Vorgänger im Präsidentenamt gescheitert. Michel Barnier überlebte einen Misstrauensantrag nicht und Bayrou verlor eine Vertrauensfrage.

Erfolgsaussichten sind offen

Ob Lecornu im zweiten Anlauf nun erfolgreicher sein wird, sowohl bei der Suche nach einem Konsens in Haushalts- als auch anderen drängenden politischen Fragen ist offen. Seit der vorgezogenen Parlamentswahl im Sommer 2024 ist das Parlament in unterschiedliche politische Blöcke geteilt, die jeweils keine regierungsfähige Mehrheit besitzen, aber auch keine tragfähigen Bündnisse bilden und sich gegenseitig blockieren. Koalitionen wie etwa in Deutschland sind in Frankreich unüblich.

Frankreich hat gemessen an der Wirtschaftsleistung mit 114 Prozent die dritthöchste Schuldenquote in der EU nach Griechenland und Italien. Auch die Staatsausgaben gehören zu den höchsten in Europa. Das Haushaltsdefizit lag zuletzt bei 5,8 Prozent. Die EU hat bereits im Juli 2024 ein Defizitverfahren gegen Frankreich eröffnet.

Nötig ist also ein Sparhaushalt, aber das zerstrittene Parlament ist sich uneins, ob die Finanzen mit Einschnitten oder der Schaffung weiterer Steuern etwa für besonders wohlhabende Menschen wieder ins Lot gebracht werden sollen. (dpa)

 
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