Macron ernennt Minister Lecornu zum neuen Premier
Nur einen Tag nach dem Sturz der Mitte-Rechts-Regierung in Frankreich hat Staatschef Emmanuel Macron den bisherigen Verteidigungsminister Sébastien Lecornu zum Premierminister ernannt. Das teilte der Élysée-Palast mit. Der 39-Jährige mehrfache Minister gilt als Vertrauter Macrons. Lecornu soll nun mit den politischen Kräften in der Nationalversammlung beraten, um den dringend nötigen Haushalt auf die Beine zu stellen, hiess es. Auch Vereinbarungen für die Entscheidungen der kommenden Monate solle er mit ihnen treffen.
In der Mitteilung des Élysée-Palastes hiess es, erst im Anschluss solle der neue Premier seine Regierungsmannschaft vorschlagen. Sein Handeln solle unter anderem von der Verteidigung der Unabhängigkeit und der Stärke Frankreichs geleitet werden. «Der Präsident der Republik ist überzeugt, dass auf diesen Grundlagen ein Einvernehmen zwischen den politischen Kräften im Respekt der Überzeugungen eines jeden möglich ist.»
Von den Konservativen kommend wurde Lecornu 2017 in die Mitte-Regierung von Édouard Philippe berufen. Lecornu wird nachgesagt, einen gewissen Draht zu und Respekt von der rechtsnationalen Führungsfigur Marine Le Pen zu haben. Er gilt als Politiker, der von der bürgerlichen Rechten toleriert wird und dem im linken Lager zumindest keine krasse Ablehnung entgegenschlägt.
Vorgänger Bayrou war mit Vertrauensfrage gescheitert
Am Montagabend hatte der vorherige Premier François Bayrou nach nicht einmal neun Monaten im Amt in der Nationalversammlung eine Vertrauensfrage verloren und seine Minderheitsregierung so zu Fall gebracht. Schon im Dezember war das Mitte-Rechts-Kabinett von Michel Barnier gestürzt. Nach Monaten der Instabilität muss Frankreich nun darauf hoffen, politisch voranzukommen.
Entscheidend ist das vor allem mit Blick auf den Haushalt. Das hoch verschuldete Land muss seinen Sparkurs stabilisieren und ein Budget für das kommende Jahr verabschieden. Wie einer neuen Regierung dies angesichts der weit auseinander liegenden Positionen im gespaltenen Parlament gelingen wird, ist unklar.
Gemessen an der Wirtschaftsleistung hat Frankreich mit 114 Prozent die dritthöchste Schuldenquote in der EU nach Griechenland und Italien. In absoluten Zahlen lastet auf dem Land mit rund 3.300 Milliarden Euro der höchste Schuldenberg in der Eurozone. Auch die Staatsausgaben gehören zu den höchsten in Europa. Das Haushaltsdefizit lag zuletzt bei 5,8 Prozent. Die EU hat bereits im Juli 2024 ein Defizitverfahren gegen Frankreich eröffnet.
Komplizierte politische Ausgangslage erschwert Regieren
Seit der Parlamentswahl im vergangenen Jahr ist die Nationalversammlung tief gespalten. Macrons Mitte-Leute, Le Pens Rechtsnationale und das linke Lager stehen sich als drei grosse Blöcke gegenüber. Eine eigene Mehrheit hat keiner von ihnen. Barniers Regierung hing von den Rechtsnationalen ab und scheiterte, Bayrou liess sich erst von den Sozialisten dulden, verspielte dann aber deren Gunst.
Auch unter der neuen Regierung dürfte es ein Balanceakt werden, mit der politischen Ausgangslage zu regieren. Lagerübergreifende Koalitionen sind in Frankreich unüblich. Statt Kompromisssuche wird im Parlament eher ein Konfrontationskurs gefahren.
Auch Macron in Politkrise unter Druck
Macrons schnelle Ernennung dürfte nicht zuletzt eigennützige Gründe haben. Mit zwei gescheiterten Premiers in nur einem Jahr war der Präsident selbst unter Druck geraten. Die Rechtsnationalen forderten ihn auf, mit einer Parlamentsauflösung den Weg für Neuwahlen freizumachen. Die altlinke LFI wollte ihn gar absetzen. Macrons Schnell-Nominierung dürfte daher nicht nur der Versuch sein, die Haushaltskrise und die abermalige Politkrise einzugrenzen, sondern auch selbst aus der Schusslinie zu kommen. (dpa)
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben
Kleines Vademecum für Kommentarschreiber
Wie ein Kommentar veröffentlicht wird – und warum nicht.
Wir halten dafür: Wer sich an den gedeckten Tisch setzt, hat sich zu benehmen. Selbstverständlich darf an der gebotenen Kost gemäkelt und rumgestochert werden. Aber keinesfalls gerülpst oder gefurzt.
Der Gastgeber bestimmt, was für ihn die Anstandsregeln sind, und ab wo sie überschritten werden. Das hat überhaupt nichts mit Zensur zu tun; jedem Kommentarschreiber ist es freigestellt, seine Meinung auf seinem eigenen Blog zu veröffentlichen.
Jeder Artikel, der auf vaterland.li erscheint, ist namentlich gezeichnet. Deshalb werden wir zukünftig die Verwendung von Pseudonymen – ausser, es liegen triftige Gründe vor – nicht mehr dulden.
Kommentare, die sich nicht an diese Regeln halten, werden gelöscht. Darüber wird keine Korrespondenz geführt. Wiederholungstäter werden auf die Blacklist gesetzt; weitere Kommentare von ihnen wandern direkt in den Papierkorb.
Es ist vor allem im Internet so, dass zu grosse Freiheit und der Schutz durch Anonymität leider nicht allen guttut. Deshalb müssen Massnahmen ergriffen werden, um diejenigen zu schützen, die an einem Austausch von Argumenten oder Meinungen ernsthaft interessiert sind.
Bei der Veröffentlichung hilft ungemein, wenn sich der Kommentar auf den Inhalt des Artikels bezieht, im besten Fall sogar Argumente anführt. Unqualifizierte und allgemeine Pöbeleien werden nicht geduldet. Infights zwischen Kommentarschreibern nur sehr begrenzt.
Damit verhindern wir, dass sich seriöse Kommentatoren abwenden, weil sie nicht im Umfeld einer lautstarken Stammtischrauferei auftauchen möchten.
Wir teilen manchmal hart aus, wir stecken auch problemlos ein. Aber unser Austeilen ist immer argumentativ abgestützt. Das ist auch bei Repliken zu beachten.
Wenn Sie dieses Vademecum nicht beachten, ist das die letzte Warnung. Sollte auch Ihr nächster Kommentar nicht diesen Regeln entsprechen, kommen Sie auf die Blacklist.
Redaktion Vaterland.li
Diese Regeln haben wir mit freundlicher Genehmigung von www.zackbum.ch übernommen.