Unternehmertag: «Wir müssen neue Wege gehen»
Seit Ausbruch der Finanzkrise sind sich Politiker und Wirtschaftskapitäne einig, dass das Vertrauen in die Marktwirtschaft stark gelitten hat. Abzocker, Spekulanten und Steuerflüchtlinge stehen weltweit am Pranger. Anstelle von Gewinnmaximierung rückt jetzt die gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit. Unter diesen Vorzeichen fand gestern der Unternehmertag in Vaduz statt.
«Spenden sind nicht nachhaltig»
Hauptredner Peter Brabeck, Chef des weltgrössten Nahrungsmittelkonzerns Nestlé, gab sich einsichtig. Die Wirtschaftskrise habe gezeigt, dass der sogenannte Shareholder Value weder langfristig noch nachhaltig ausgelegt sei, sagte Brabeck. Er sei aber schon seit Längerem der Ansicht, dass ein neuer Weg eingeschlagen werden müsse, um die Interessen der Aktionäre und der Gesellschaft besser zu verbinden. Nestle sehe sich einer «gemeinsamen Wertschöpfung» verpflichtet, die Rücksicht auf die Gesellschaft nehme, sagte Brabeck vor rund 550 Besucherinnen und Besuchern.
Der Nahrungsmittelhersteller Nestlé unterstützt beispielsweise Kleinbauern in Afrika, damit sie ihre Erzeugnisse zu fairen Preisen verkaufen können. Im Gegenzug profitiert auch der Aktionär von diesem Modell, weil Nestlé die Produkte zu höheren Preisen verkaufen kann. Brabeck sagte, er halte diesen Ansatz für wesentlich besser als Philanthropie. «Der Spendenscheck ist nicht nachhaltig, wenn er in schlechten Zeiten zurückgenommen wird», sagte der Nestlé-Chef.
Liechtenstein in der Schusslinie
Die weltweite Debatte um Ethik und Moral in der Wirtschaft hat auch unmittelbare Auswirkungen auf Liechtenstein. «Die Wirtschaftswelt hat sich verändert», sagte Liechtensteins Wirtschaftsminister Martin Meyer. Unter internationalem Druck lockerte die Regierung im März 2009 das Bankgeheimnis in Steuerfragen und nahm sich vorerst aus der Schusslinie. Doch die Sache ist nicht erledigt: «Wir dürfen uns jetzt nicht zurücklehnen, sondern müssen unseren Weg konsequent weitergehen», sagte Meyer. Vor allem Abkommen zur Vermeidung einer doppelten Besteuerung seien nötig, um die Interessen des Finanz- und Werkplatzes langfristig zu sichern.
«Diese Entwicklung stimmt mich zuversichtlich», sagte anschliessend Harti Weirather, Inhaber der Sportmarketingfirma Weirather-Wenzel und Partner (WWP). Das Unternehmen baute sich in den 90er-Jahren ein zweites Standbein in Dornbirn auf, um die steuerlichen Probleme in EU-Staaten wie Deutschland zu entschärfen. Weirather erklärte, er würde wieder mehr Personal in Liechtenstein beschäftigen, sobald die steuerliche Benachteiligung von liechtensteinischen Firmen im Ausland wegfalle. Der ehemalige Skiweltmeister hält Mut und unkonventionelle Ideen für Erfolgsrezepte eines Unternehmens.
Kleine sind die Gewinner
Kleine Staaten wie die Schweiz und Liechtenstein hätten die Krise deutlich besser gemeistert als die grossen EU-Mitgliedstaaten und ihren Vorsprung noch ausbauen können, sagte Professor Reiner Eichenberger. «Die Politiker und die Institutionen haben bei der Bewältigung der Krise nach Lehrbuch gehandelt», lobte der Ökonom. Das politische Modell Liechtensteins und der Schweiz bleibe deshalb ein Vorbild für andere Staaten.
Mut und Zuversicht zeigen
Auch der Wegfall des Bankgeheimnisses bei ausländischen Steuersündern ist nach Ansicht von Eichenberger nicht dramatisch, da auch alle anderen internationalen Finanzplätze davon betroffen seien. Er prophezeite, dass die Schweiz und Liechtenstein wieder an das Wachstum vergangener Jahre anknüpfen werden, sobald die Konjunktur wieder Tritt fasse. Laut dem Schweizer Ökonomen dürfte dies schon bald der Fall sein.
Mit Mut und Zuversicht blickt auch Roland Mack in die Zukunft. «Ständiges Jammern hilft uns nicht weiter», sagte der Geschäftsführer und Mitinhaber des Europa-Parks Rust. Das Familienunternehmen wagte vor 35 Jahren das Risiko, einen Freizeitpark zu bauen und investierte seither mehr als 200 Millionen Euro in die Anlage – mit Erfolg. Im vergangenen Jahr erreichte der Park mit über vier Millionen Gästen einen neuen Besucherrekord.
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Martin Meyer