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Steuersünderin vor Gericht abgeblitzt

Steuersünder können wegen des Datendiebstahls bei der früheren LGT Treuhand vorerst noch nicht mit Schadenersatz rechnen. Das Landgericht in Vaduz hat die Klage einer deutschen Frau verworfen.

VON PATRICK STAHL

Vaduz. – Das fürstliche Landgericht hat die Forderung einer Frau aus Köln mit Urteil vom 11. Mai abgewiesen.  Die deutsche Steuersünderin hatte von der mittlerweile verkauften und in Fiduco umbenannten LGT Treuhand 395 200 Euro verlangt.

Die Klägerin argumentierte in ihrer Klage, ihr seien Kosten entstanden, weil die Treuhandtochter der Bank des Fürsten von Liechtenstein sie zu spät über den Datenklau informiert habe. Sie sei deshalb um die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige beim deutschen Fiskus gebracht worden.

Die Frau musste in ihrer Heimat zusätzlich zu ihrer Steuerschuld einen Betrag in Höhe von 300 000 Euro zahlen, um die Einstellung des Verfahrens zu erreichen. Vor dem Landgericht in Vaduz forderte sie Ersatz für diese sogenannte Einstellungsauflage und machte zusätzlich Anwaltskosten in Höhe von 95 200 Euro geltend.

Keine Zeugen angehört

Anders als im Musterprozess hat das Landgericht in Vaduz die Klage der Steuersünderin aus Köln in erster Instanz verworfen, wie die Prozess-parteien auf Anfrage mitteilten. Der Einzelrichter kommt zum Schluss, dass Steuerschulden und Steuerstrafen grundsätzlich nicht ersatzfähig sind. Daran ändert sich gemäss diesem Urteil auch nichts, wenn der Schaden als Konsequenz eines Datendiebstahls bei der LGT Treuhand entstanden ist und das Unternehmen ihre Kunden nicht rechtzeitig über den Datendiebstahl informiert hat.

Der Einzelrichter verweist in seinem Urteil auf die Rechtsprechung in dem ähnlich gelagerten Fall von Paul Schockemöhle. Der deutsche Springreiter war Ende der 1990er-Jahre nach einem Datendiebstahl im Treuhandbüro von Herbert Batliner aufgeflogen und hatte später erfolglos auf Schadenersatz geklagt.

Die Anwälte der LGT Treuhand sehen sich damit in ihrer Rechtsauffassung bestätigt. Rechtsanwalt Helmut Schwärzler, der die deutsche Steuersünderin vor Gericht vertritt, will dagegen gegen das Urteil in Berufung gehen. Er kritisiert, der Einzelrichter habe keinen der angebotenen Zeugen, darunter LGT-Chef Prinz Max von Liechtenstein und LGT-Geschäfts-leitungsmitglied Thomas Piske, zur Einvernahme geladen.  Zudem sei die Urteilsbegründung mit fünf Seiten Umfang etwas gar dürftig ausgefallen.

Ein Fall – zwei Rechtsmeinungen

Das Urteil des Landgerichts kommt für die aufgeflogenen Steuersünder überraschend und wird für einige Verwirrung sorgen. Im Musterprozess gegen die LGT Treuhand hatte das Landgericht im Januar einem deutschen Steuersünder teilweise Recht gegeben – trotz ähnlicher Ausgangslage. Dem Kläger, einem Geschäftsmann aus Bad Homburg, wurden in erster Instanz 7,3 Millionen Euro Schadenersatz zugesprochen.

Der zuständige Richter kam zu dem Schluss, dass die LGT den Kläger pflichtwidrig zu spät vom Datenklau informiert und ihm dadurch eine strafbefreiende Selbstanzeige verunmöglicht habe. Dieser Schaden sei ersatzfähig, urteilte der Richter und kam damit zu einem anderen Ergebnis als sein Richterkollege. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Seit dem Teilerfolg des Klägers im Musterprozess wittern aufgeflogene Steuersünder ihre Chance – ein halbes Dutzend hat bereits Klage gegen die LGT Treuhand eingereicht. Ein norddeutscher Unternehmer fordert beispielsweise Schadenersatz für eine Geldstrafe in Höhe von 1,2 Millionen Euro, mindestens zwei weitere Fälle sind derzeit am Landgericht hängig.

Steuersünder warten noch ab

Das jüngste Urteil des Landgerichts könnte das Interesse für weitere Klagen gegen die LGT zwar dämpfen. Schwärzler rechnet aber trotzdem damit, dass sich die Klagen gegen Ende des Jahres häufen werden, da ein Anspruch auf Schadenersatz im Februar 2011 verjähren wird. Ein rechtskräftiges und damit für andere Fälle bindendes Urteil ist aber nicht vor Ablauf der Verjährungsfrist zu erwarten.

Dossier: Datenklau


 
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