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Greber: «Ich kann durchaus auch mal stur sein»

Nicole Greber hat vor zwei Jahren das Geschäft ihrer Eltern in Vaduz übernommen. Die 36-Jährige spricht über den Einstieg in das Familienunternehmen und warum sie Zelt und Schlafsack liebt. «Ich bin absolut kein Stadtmensch», sagt Nicole Greber.

Sie waren gerade Zweitplatzierte beim aktuellen Businessplan-Wettbewerb für Ihr Konzept eines Kochstudios mit Café. Wie gross ist die Freude darüber?

Nicole Greber: Für mich war es nochmal eine Bestätigung, dass das Konzept, so wie ich es mir vorstelle, umsetzbar ist und dass die Jury daran glaubt. Das war für mich wichtig. Ich selber hatte eine Riesenfreude.

Ärgert es Sie, dass Sie nicht den ersten Platz belegt haben?

Nein, überhaupt nicht. Ich bin positiv überrascht, dass ich überhaupt so weit nach vorne gekommen bin, denn es gab so viele verschiedene und vor allem interessante Ideen. Die Abgabe des Businessplans fiel zudem zeitgleich auf den Umbau des Geschäfts und da habe ich gesagt, wenn es die Zeit möglich macht, dann gebe ich den Plan ab und wenn es nicht klappt, dann lass ich es bleiben.

Wie kam es zu dieser Idee eines Kochstudios mit Café?

Wir haben zwar eine grosse Stammkundschaft, die regelmässig und gezielt einkaufen kommt, uns fehlt aber die Laufkundschaft. Also die Leute, die zum Schmökern ins Geschäft kommen. Ursprünglich war der Gedanke: Wie bringe ich ein bisschen mehr Leben ins Geschäft? Darum die Idee, das Geschäft um ein Kochstudio und ein Café zu erweitern. Denn ein Café ist gemütlich, man trifft sich und redet miteinander, und auch das Kochstudio hat eine gemütliche Atmosphäre, in der man zusammen kochen kann.

Bringt so ein Konzept auch Kritik mit sich?

Ja, sicher ? von meinem Papa zum Beispiel (lacht). Es hat durchaus kritische Stimmen gegeben. Für ihn war es sicher auch gut, dass ich den Business-plan-Wettbewerb gewonnen habe, damit er auch mal gesehen hat, dass ich nicht nur herumspinne, sondern dass es doch auch Hand und Fuss hat.

Was motiviert Sie, auch wenn jemand mal nicht hinter Ihren Ideen steht?

Geschmäcker und Ansprüche sind verschieden und das ist auch normal. Ich finde, es ist immer eine Chance, sich zu hinterfragen und das Ganze aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Das Konzept ist ja nicht von heute auf morgen entstanden, sondern es war ein langer Entwicklungsprozess ? im Prinzip, seitdem ich das Geschäft vor über zwei Jahren übernommen habe. Es ist immer gut, wenn es auch kritische Stimmen gibt.

Denken Sie auch mal «jetzt erst recht»?

Nein, nicht unbedingt. Ich bin nicht jemand, der mit dem Kopf durch die Wand muss, auch wenn ich durchaus stur sein kann (lacht).

Geplant sind Koch- und Backkurse. Wie wird das genau aussehen?

Die Idee ist zweigeteilt: Es sollte einerseits ein innovatives Lernerlebnis mit Kochprofis sein. Das heisst, während der Ladungsöffnungszeiten mehr Showkochen, wo neue Produkte vorgestellt werden oder auch die möglichen Anwendungsgebiete bestehender Produkte gezeigt werden. Und am Abend können Kochbegeisterte den Raum mieten oder einen der angebotenen Koch- und Backkurse besuchen. Ich bin übrigens gerade dabei, das Herbst/Winter-Programm zusammenzustellen und noch auf der Suche nach Profi- oder auch Hobbyköchen, die ihre Leidenschaft weitergeben möchten. Interessierte sollen sich unbedingt bei mir im Geschäft melden.

Ein Kochstudio und Café in ein Geschäft zu integrieren, ist unkonventionell.

Unkonventionell hab ich bisher noch nicht gehört. Denn kleine Caféecken gibt es eigentlich schon oft, zumindest in Lebensmittelgeschäften. Es gibt auch immer wieder Läden, in denen es Showküchen gibt oder zumindest Showkoch-Events. Die Kombination macht auch in meiner Branche durchaus Sinn, denn viele meiner Lieferanten haben Köche als Testimonials, die ihre Marken vertreten. Dadurch habe ich die Möglichkeit, Profiköche ins Geschäft zu holen, an die ich sonst wohl nur schwer rankommen würde.

Kaffeetrinken im Haushaltwarengeschäft ? das ist schon ungewöhnlich.

Ja, aber ich finde, das Lässige daran ist die Integration: Man kann zu uns gemütlich einen Kaffee trinken kommen. Wenn einem die Tasse gefällt, kann man die Tasse nachher kaufen. Wenn einem der Kaffee schmeckt, kann man die Kaffeebohnen kaufen. Oder wenn einem der Cupcake schmeckt, kann man die Materialien zum Backen einkaufen oder sogar einen Backkurs bei uns besuchen. Cupcakes sollen übrigens im Mittelpunkt stehen, der Kaffee barristamässig aussehen und der Tee offen ausgeschenkt werden. Es geht einfach darum, dass der Greber ein Treffpunkt rund um?s Kochen, Essen und Trinken wird.

Sind Sie jemand, der den Mut hat, mal was ganz Neues zu wagen?

Ich würde mich durchaus als Person sehen, die mal ein Risiko eingeht. Ich finde, im Leben muss man einfach gewisse Risiken eingehen. Ich weiss zwar nicht, was aus dem Konzept wird ? ein Kochstudio in dem Sinn gibt es ja noch gar nicht in Liechtenstein ?, aber ich glaube daran und stehe auch mit Herzblut dahinter.

Vor über zwei Jahren sind Sie in den Betrieb der Eltern eingestiegen ? ganz pflichtbewusst.

Das hat sich damals recht überraschend ergeben: Meine Eltern fanden, dass sie nun ihr wohlverdientes Pensionsalter erreicht haben und dass sie jetzt wirklich aufhören möchten. Meine Brüder wollten beide das Geschäft nicht übernehmen. Ich war zwar nie so involviert, aber trotzdem wächst man ja mit dem Geschäft auf und hängt irgendwie daran. Ich muss aber zugeben, ich habe mir schon ein halbes Jahr Bedenkfrist ausgehandelt. Ich habe damals gesagt, dass ich es ein halbes Jahr mache und wenn es mir nicht gefallen hätte, hätte ich ohne schlechtes Gewissen wieder aufhören können. Es war kein Druck da. Die Eltern waren eher positiv überrascht, als ich mich dann für das Geschäft entschied.

Ist es einfach, in einem Familienbetrieb zu arbeiten?

Ich denke, das ist für beide Seiten, die jüngere und die ältere Generation, nicht einfach. Die jüngere Generation hat den Druck, das bestehende langjährige Geschäft gut weiterzuführen. Die ältere Generation hingegen sieht nicht ein, warum man viele Sachen ändert oder sogar auf den Kopf stellt, die sich in den letzten Jahren bewährt haben. Deshalb war meine Bedingung auch, dass meine Eltern aufhören, wenn ich das Geschäft übernehme. Was sie auch gleich akzeptiert haben.

War die Übergabe also schwierig?

Eigentlich nicht. Meine Eltern waren wirklich klasse und liessen mich auch gleich selbst meine Entscheidungen treffen. Mit meinem Papa und mir, das würde aber gleichzeitig auch nicht funktionieren und ich muss sagen, Hut ab vor den Betrieben, in denen das klappt. Ich bin aber sehr froh, dass ich sie noch im Hintergrund habe und sie mich unterstützen, wenn ich eine Frage habe. Meine Mutter hilft zudem noch im Geschäft aus, wenn Not am Mann ist oder ich in die Ferien fahre. Mein Vater hatte übrigens eher Mühe, als ich mich entschied, mit Eisenwaren komplett aufzuhören. Das war wohl nicht ganz einfach für ihn.

Sie haben Informatik studiert ? in der Westschweiz und in Schottland. Trotzdem hat es Sie wieder zurückgezogen?

Ja, also ich muss sagen, ich habe immer den Bezug gehabt zum Land. Aber nach dem Gymnasium wollte ich einfach mal weg. Lausanne ist am anderen Ende der Schweiz, da kommt man nicht jedes Wochenende heim. Es war für mich damals wichtig, auch mal ein bisschen wegzukommen. Nach dem Studium hab ich auch in Rom gearbeitet. Danach habe ich für eine IT-Beratungsfirma in Zürich gearbeitet und bin viel herumgekommen.

Haben Sie je daran gedacht, ganz in Rom oder im Ausland zu bleiben?

Da bin ich nicht der Typ dazu. Für ein oder zwei Jahre ist das eine lässige Sache. Aber ich muss sagen, ich bin absolut kein Stadtmensch. Ich bin schon eine Landpomeranze.

War es danach eine schwierige Wahl ? IT-Beratung oder Familienbetrieb?

Ich glaube, die wenigsten Leute arbeiten für immer in der IT-Beratung. Es war eine sehr intensive und schöne Zeit und ich hätte damals auch noch nicht aufgehört, wenn das mit meinen Eltern nicht so gekommen wäre. Ich wollte damals nichts anderes machen, aber ich habe immer gewusst, dass ich es nicht für immer und ewig machen will.

Bleibt Ihnen genug Freizeit?

Ja, doch. Diese Zeit nehme ich mir auch. Für mich ist es wichtig, dass ich Sport treiben kann ? einfach auch als Ausgleich. Hingegen ganz abzuschalten, das ist bei einem eigenen Unternehmen nicht so einfach. Daran arbeite ich noch (lacht).

Sie reisen auch sehr gerne. Was war bisher Ihre eindrucksvollste Reise?

Das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Kulinarisch war es wohl Vietnam und ansonsten Südafrika mit einer Safari, das war schon sehr eindrücklich. Eigentlich möchte ich keine meiner Reise missen.

Ihre Freizeit verbringen Sie zum Teil bei den Pfadfindern. Was gefällt Ihnen daran?

Ich finde die Pfadis eine megalässige Sache, gerade für Kinder im Pfadi-Lager im Sommer ? zum Beispiel im Zelt übernachten. Bei den Pfadis gibt es keinen Leistungsdruck. Man macht einfach gemeinsam etwas. (Interview: dws)

 
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