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Weirather: «Es war wie ein Knall»

Erstmals nach ihrem Sturz in Cortina d'Ampezzo (It) spricht Tina Weirather über ihre Verletzung am rechten Knie und ihre Zukunft. Ob diese im alpinen Skizirkus stattfindet oder nicht, hat sie noch nicht entschieden.

MIT TINA WEIRATHER SPRACH PHILIPP KOLB

Tina Weirather, Sie liegen in der Privatklinik Hochrum in Innsbruck. Wie lange bleiben Sie noch dort und wie verlief die Operation am Kreuzband?


Tina Weirather: Ich bin bereits am Montag nach Hause gekommen, früher als geplant. Jetzt mache ich Physiotherapie bei Andreas Enggist in Buchs. Die Operation verlief nach Plan, das Kreuzband wurde mit Patellasehnenplastik rekonstruiert und dabei gab es keine Probleme.

Es war für Sie die dritte Operation am Kreuzband im rechten Knie. Hatte dies für die Operation eine Auswirkung, weil es schon so oft operiert wurde und hat das Knie auch sonst was abbekommen?


Das Positive an der ganzen Sache ist, dass mein Knie trotz aller Operationen noch in einem guten Zustand ist. Man kann davon ausgehen, dass alles wieder verheilt. Meine Menisken und Knorpelflächen haben so gut wie keine Schäden, das ist das Allerwichtigste, weil diese nicht heilen könnten. Mit einem Knorpelschaden auf der Aussenseite kann man schmerzfreies Skifahren vergessen. Ich habe nur einen minimalen Schaden auf der Innenseite, etwa ein bis zwei Millimeter tief, wo die Knorpeldicke aber rund sechs Millimeter beträgt. Das ist sehr gut. Viele Menschen haben, ohne je eine Verletzung gehabt zu haben, einen grösseren Knorpelschaden.

«Kein Grund, um zurückzutreten»


Soweit Ihr Trainer Pascal Hasler am Sonntag informierte, hat der Arzt, Dr. Fink, davon gesprochen, dass Sie wieder Skifahren könnten?

Das kann ich sicher wieder, ja.

Gab es auch Gespräche mit den Ärzten, die eher für ein Karriereende plädierten?


Nein. Dr. Fink sagte mir ganz klar, dass er mir gesagt hätte, wenn er nicht an eine Fortführung der Karriere geglaubt hätte. Dies wäre der Fall gewesen, wenn neben den Bändern auch der Knorpel etwas abbekommen hätte. Da dies nicht der Fall ist, sieht er keinen Grund, mir vom Skirennsport abzuraten.

Das ist natürlich die grosse Frage. Was denkt Tina Weirather? Denkt oder dachte sie nach dem Unfall an ein Karriereende oder schaut sie trotz des grossen Pechs positiv in die Zukunft und plant ein Comeback? Ist hier bereits ein Entscheid gefallen?


Das ist eine wirklich schwierige Frage. Der Unfall ist jetzt drei Tage her, ich stecke sozusagen noch im ersten Schock. Ich war in Cortina gut unterwegs, fahre in eine Kurve und alles ist okay. Es geht darum, möglichst schnell ins Ziel zu kommen. Schon in der nächsten Kurve macht es «klack» und alles ist vorbei.Am ersten Tag dachte ich, ich will nicht mehr, ich kann nicht mehr. Heute schaut es schon wieder anders aus. Aber ich denke natürlich auch viel über anderes nach, über ein Karriereende, einen Neuanfang, etwas total anderes. Abgeschlossen habe ich mit dem Skifahren noch nicht, es steckt immer noch das Gefühl in mir, noch eine Rechnung offen zu haben. Bisher hatte ich noch nie Gelegenheit, mein volles Potenzial auszuschöpfen. Jedes Mal, wenn ich richtig gut in Form gekommen bin, habe ich mich verletzt. Ich werde die Reha auf jeden Fall so angehen, als ob ich weiterfahre, damit alles gut und schnell geht. Richtig entscheiden kann ich mich vermutlich aber erst in ein paar Wochen.

«Vom Eis in den Kunstschnee»


Früher wurden Ihre Verletzungen immer von Dr. Schenk in Schruns untersucht und operiert. Gibt es einen Grund, warum Sie sich jetzt in Innsbruck haben operieren lassen?

Ich wusste, das bei mir nun die Patellasehnenplastik ansteht, denn die Semitendinosussehne und die Quadrizepssehne sind ja schon rausgenommen worden. Die Ärzte Fink und Hoser in Innsbruck haben einen ausgezeichneten Ruf. Mittlerweile gehen fast alle Sportler nach Hochrum. Zum Beispiel Reinfried Herbst oder Manfred Pranger haben genau die gleiche Operation gemacht und beide hatten eine gute Reha und sind nach fünf Monaten wieder schmerzfrei Ski gefahren. Dr. Schenk ist ein hervorragender Arzt, da gibt es überhaupt keine Zweifel. Aber ich hatte einfach das Gefühl, diesmal etwas anderes tun zu müssen. Wie könnte ich sonst davon überzeugt sein, dass es diesmal hält?

Ihre Facebook-Seiten sind voll von Genesungswünschen und Aufmunterungen. Was bewirken diese bei Ihnen
?

Das muntert mich sehr auf, mehr als ich gedacht habe. Ganz am Anfang denkt man, es könne einen sowieso nichts trösten. Aber wenn man zwei, drei Tage später die vielen lieben Gedanken liest, gehts einem doch viel besser.

Auch wenn es weh tut. Können Sie den Moment der Verletzung schildern? Trainer Hasler erklärte, Sie hätten den Riss des Kreuzbandes gehört?

Ich denke, das Hauptproblem war, das die FIS zwei Kurven und eine Traverse völlig vereist hat, und auf dem Rest der Abfahrt aggressiver Kunstschnee lag. Für die drei eisigen Passagen im oberen Streckenteil brauchte man messerscharfe Kanten, sonst hatte man keine Chance, diese zu bewältigen. Für den unteren Teil waren die Kanten dann viel zu scharf, das heisst, man verschneidet extrem schnell, weil der Ski «beisst». Das ist gefährlich. Ich hatte im unteren Teil schon einen kurzen Verschneider, konnte diesen aber noch gut korrigieren. Beim zweiten Mal passierte es genau vor einer Welle. Dadurch konnte ich den Schwung nicht früh genug ansetzen und verlor die Linie. Nach der Welle musste ich umso schneller und abrupter auf den Skiern stehen, die Kante fing sich wieder und mein Knie gab nach. Ich hörte und spürte den Riss. Es war wie ein Knall. Und alle meine Träume und Ziele waren kaputt. Ich war wie ohnmächtig. Trotzdem versuchte ich nicht zu stürzen, wollte mit dem linken Fuss abschwingen, denn mit dem rechten brachte ich überhaupt keine Kraft mehr auf den Ski. Danach stürtzte ich trotzdem. Aber das war egal, das Kreuzband war da schon kaputt.

«Ich muss bereit sein dafür»


In Ihrer Familie sind lauter Skiexperten. Was raten sie Ihnen bezüglich Comeback?

Die meisten Leute denken, dass meine Eltern wollen, dass ich Ski fahre. Manche denken sogar, ich muss, werde gezwungen. Fakt ist, das meine Eltern in diesem Sport und in ihrem Leben alles erreicht haben. Sie brauchen es nicht, dass ich Erfolg einfahre. Sie wollen nur das Beste für mich. Wenn sie sehen, dass ich leide, wollen sie das natürlich verhindern. Sie sagen, ich habe viele Stärken in verschiedenen Bereichen, habe die Matura im Sack, mir stehe alles offen. Ich muss also absolut nicht Ski fahren, kann auch in einem anderen Bereich eine Karriere machen, die mich genauso erfüllt. Wenn ich ein Comeback mache, dann werde ich es hundertprozentig durchplanen und mit letzter Konsequenz und aller Kraft durchziehen. Aber eben; zuerst muss ich bereit dafür sein.

 
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