Kinderartikelbörse profitiert von Mode und Sitte
Frau Litscher, wie weit sind Sie mit den Vorbereitungen der Kinderartikelbörse?
Sandra Litscher: Die Anmeldefrist für Mütter, die nicht mehr benötigte Kinderartikel verkaufen möchten, würde demächst ablaufen. Die Teilnehmerzahl wurde jedoch schon lange erreicht. Wir mussten sie nämlich auf 100 beschränken, da wir im Verein Kinderartikelbörse Sevelen (KiBö) die Erfahrung gemacht haben, dass die meisten Eltern mehrere Boxen voll Spielzeug, Kleider, Kinderbücher etc. bringen.
Wie läuft die Organisation ab?
Den 100 Teilnehmern haben wir allen eine Nummer ausgeteilt, mit dieser sie ihre Kinderartikel beschriften können – inklusive dem Preis, den sie selber bestimmen. Um den Rest kümmern wir uns von der KiBö in Zusammenarbeit mit den freiwilligen Helfern selber. Wir sortieren die Sachen nach Art und Grösse, verkaufen die Artikel, machen die Abrechnung und geben die Artikel zurück, die niemand gekauft hat. Die Teilnehmer der Kinderartikelbörse erhalten 80 Prozent ihres Ertrages, mit dem Rest bezahlen wir die Werbung, die Miete der Verkaufsräumlichkeiten sowie die restlichen Unkosten.
Was haben Sie von der Börse?
Ein Vereins- und Helferessen (lacht). Wir arbeiten alle ehrenamtlich, trotzdem organisiere ich die Kinderartikelbörse immer wieder gerne. Nicht nur die Mütter, die günstig für ihre Kinder einkaufen können, sondern auch die Frauen, die ihre Sachen, die sie nicht mehr benötigen, sinnvoll weitergeben können, sind sehr dankbar. Es ist der schönste Lohn, wenn man die strahlenden Gesichter von Eltern sieht, die sich freuen, nicht einmal 100 Franken für eine riesige Tasche voll nützlicher Kinderartikel bezahlt zu haben.
Genieren sich die Leute nicht, Secondhand-Artikel zu kaufen?
Nein, überhaupt nicht. Eltern, Grosseltern und sogar die Kinder selbst rennen uns die Bude ein. Die Börse findet am Freitag, 23. März, von 19.30 bis 21 Uhr, und am 24. März, von 10 bis 12 Uhr an der EMK, Industriestrasse 1, in Sevelen statt. Tatsächlich warten einige schon eine halbe Stunde vor Türöffnung vor dem Gebäude, weil sie sich bewusst sind, dass die Ware schnell vergriffen ist. Ausserdem verkaufen wir nur ganze und saubere Sachen. Wir nehmen uns die Freiheit, unter anderem Dinge auszusortieren, die defekt oder schmutzig sind. Gewisse Spielsachen werden uns sogar noch in der Originalverpackung gebracht und zu einem Drittel des Wertes weitergegeben. Die Kinder bekommen heutzutage einfach viel zu viele Sachen zum Geburtstag und zu Weihnachten geschenkt.
Welche Dinge nehmt ihr nicht an?
Nachdem man uns selbst zubereitete Babynahrung gebracht hat, haben wir begonnen, das Sortiment einzuschränken. Ausserdem waren die Schuhe oft ausgetreten. Wir nehmen also keine Schuhe und Babynahrung mehr und aus hygienischen Gründen auch keine Unterhosen und Socken. Ausnahmen machen wir zum?Beispiel bei Ski- und Schlittschuhen. Autositze und Maxi-Cosi können wir nur noch mit der Bezeichnung 44/03 und 44/04
annehmen, damit sie den obligatorischen Richtlinien entsprechen. Spiele und Puzzles müssen komplett sein und Spielzeugwaffen verkaufen wir gar keine.
Wie erklären Sie sich, dass die Kinderartikelbörse so gut läuft?
Ich denke, da gibt es verschiedene Gründe. Kinder entwickeln sich schnell: Sie brauchen öfters neue Kleidung, weil sie nicht mehr hineinpassen, und anderes Spielzeug, weil sich ihre Interessen laufend verändern. Die einen sind froh, wenn sie nicht immer neue Kleider kaufen müssen, und die anderen sind froh, dass sie die Kleider – die oft noch wie neu sind – nicht wegwerfen müssen und dabei auch noch einen kleinen Zustupf verdienen. Früher haben jüngere Geschwister die Kleider der älteren nachgetragen, Spielsachen hat man den Nachbarskindern geschenkt. Heute ist das nicht mehr so – Mode und Sitte haben sich geändert. Man kauft regelmässig neue Sachen und kennt zum Teil auch die Menschen im Quartier nicht mehr. Einige schätzen die Kinderartikelbörse auch, um Reserveartikel zu kaufen, zum Beispiel eine zweite Skihose oder einen zusätzlichen Kinderwagen, der im Auto deponiert werden kann – Dinge, die einfach zu teuer wären, wenn man sie in doppelter Ausführung im Warengeschäft kaufen müsste.
Werden Sie auch etwas kaufen?
Vielleicht finde ich neue Frühlingskleider für meine Jungs. Das ist auch der Grund, weshalb wir die Börse einmal vor den Frühlings- und einmal vor den Herbstferien veranstalten. Mütter können ihre Kinder der Saison entsprechend einkleiden und was sie bei uns nicht gefunden haben, anschliessend in den Ferien im Warenhaus einkaufen. Sicher werden sich meine Jungs etwas an der Kinderartikelbörse kaufen. Als Entschädigung, dass sie mich ein Wochenende entbehren müssen, bekommen sie je 10 Franken, mit denen sie sich etwas Schönes aussuchen dürfen.
Fehlen nur noch die Männer. Was bietet die Börse ihnen?
Die kommen tatsächlich auch nicht zu kurz. Damit es den Männern nicht langweilig wird, haben wir ein Börsen-Stübli eingerichtet, in dem sie Hotdogs essen oder sich bei Kaffee und Kuchen unterhalten können. Selbstverständlich sind aber auch die Mütter, Kinder und Grosseltern herzlich eingeladen, von diesem Angebot Gebrauch zu machen. (hl)
Persönlich
Sandra Litscher, Jahrgang 1972, ist verheiratet und hat zwei Söhne im Alter von 6 und 9 Jahren. Sie hat das KV auf einer Bank in Sevelen gemacht. Heute betreibt sie mit ihrem Mann einen Bauernhof in Sevelen mit Fleischdirektverkauf ab Hof, Mutterkuhhaltung und Ackerbau-Gemüse. Nebenbei arbeitet sie in zwei verschiedenen Büros. 2006 gründete sie mit sechs anderen Müttern den Verein Kinderartikelbörse Sevelen (KiBö). Seither organisiert sie jährlich im Frühling und Herbst eine Kinderartikelbörse. Die nächste findet am Freitag, 23. März, von 19.30 bis 21 Uhr, und am Samstag, 24. März, von 10 bis 12 Uhr in der EMK an der Industriestrasse 1 in Sevelen statt.