­
­
­
­

«Ich bin gerne der Gastgeber»

Seit dem 1. März ist Othmar Füglister Heimleiter des Hauses Wieden in Buchs. Als solcher will er einige Ideen umsetzen, die den Bewohnern, deren Angehörigen und dem Personal zugute kommen. «Das Haus Wieden ist für mich jetzt schon ein Vorzeigemodell in dieser Branche. Darum habe ich mich für diese Stelle beworben», erklärt der 53-Jährige.

An Erfahrung fehlt es Othmar Füglister wahrlich nicht, wenn es um Lebensqualität, Betreuung und Pflege im Alter geht. Er baute das Haus Christa in Oberuzwil auf und leitete es während 18 Jahren. Ausserdem war er Regionalleiter einer privatwirtschaftlichen Wohn- und Pflegeheim-Gruppe. «Es ist etwas komplett anderes, wenn man in diesem Bereich privatwirtschaftlich engagiert ist. Für meine Begriffe ging es bei Seniocare in eine andere Richtung», ist er mit Kritik nicht sparsam. In seinen Augen sollten in diesen Einrichtungen die Bewohner im Zentrum stehen. «In der Privatwirtschaft ist man dazu gezwungen, die Investoren zu befriedigen und Renditen zu garantieren. Die Bewohner geraten bisweilen in den Hintergrund.»

Begegnungen schaffen

Im Haus Wieden möchte Othmar Füglister zeigen, dass sich Wirtschaftlichkeit und Wohlbefinden nicht zwangsläufig widersprechen müssen. Zu Seniocare kam er, weil er damals vom Gründer und Besitzer angeworben wurde. Die beiden Herren kannten sich gut. Da Füglister aus der Privatwirtschaft kommt, passte er ins Jobprofil. «Ich bin leidenschaftlich gerne Gastgeber und gerne unter Menschen. So fasse ich auch meinen Beruf auf», erklärt der neue Heim­leiter des Hauses  Wieden. Mit seinem Beruf könne er sich selbst einen Jugendtraum ermöglichen. «Eigentlich wollte ich Koch und Hotelier werden. Aus gesundheitlichen Gründen war mir das nicht möglich.»
Mit dem Anspruch, ein guter Gastgeber zu sein, führt er jetzt das Haus Wieden. Dabei kocht er zwar nicht selbst, seine Leidenschaft für gute und ausgewogene Ernährung ist aber eine wichtige Kompetenz des Hauses. «Die Ernährungswissenschaft hat grosse Fortschritte gemacht. Und Menschen können ? gerade im Alter ? mit guter Ernährung dafür sorgen, dass sie so lange wie möglich fit bleiben», erklärt Füglister. Diese Erkenntnisse hätten sich in den letzten Jahrzehnten wesentlich verändert. «Früher ging es in den Heimen darum, dass die Leute möglichst schnell und einfach satt werden. Das schliesst Mangelernährung allerdings nicht aus. Wir schauen heute viel genauer, dass den Menschen jene Nährstoffe zukommen, die sie brauchen.»

«Die Betagten sind nicht allein»

Füglister mag es nicht, wenn das Haus Wieden als übliches Alters- und Pflegeheim bezeichnet wird, da die Begriffe einen Standard suggerieren, der früher vorgeherrscht habe. «Heute kann man den Betrieb eher mit einem Pflegehotel vergleichen», korrigiert der Heimleiter das falsche Bild.
Alt werden im Heim sei heute viel mehr als ein Warten auf den Tod. Das Personal sei vielmehr für die Lebensqualität der Menschen verantwortlich. «Ausserdem gibt es dank der professionellen Spitex einen Trend: Ältere Menschen können so lange wie möglich zu Hause im gewohnten Umfeld bleiben.» Erst, wenn ernsthafte psychische oder physische Gebrechen ein Leben alleine oder eine häusliche Pflege verunmöglichen, seien die Menschen auf Einrichtungen wie das Haus Wieden angewiesen. Oft höre man, dass die älteren Menschen niemanden mehr hätten. «Das stimmt überhaupt nicht», erklärt Füglister. Gerade die ersten drei Wochen seiner Arbeit in Buchs hätten ihm das gezeigt.

«Sie wollen wissen, wer für ihre Angehörigen schaut»

Das Haus Wieden betreut aktuell 100 Bewohner. Dass der Wechsel in der Leitung für Bewegung im Heim sowie bei den Angehörigen sorgte, hat Füglister gleich gemerkt. «Es sind bereits einige Angehörige auf mich zugekommen. Sie erfahren, was der neue Heimleiter für ein Typ ist und was er im Sinn hat», schildert er. Er habe in diesen Gesprächen gemerkt, dass die Angehörigen sich sehr um ihre Verwandten sorgen. «Es ist nicht so, dass die Menschen ihre älteren Verwandten in ein Heim abschieben, damit sie ihnen nicht zu Hause zur Last fallen.»
Diesem Umstand will der neue Heimleiter verstärkt Rechnung tragen. Er will das Haus noch mehr zu einem Begegnungszentrum ausgestalten. Das Hauptaugenmerk setzt er dabei auf den Speisesaal. Leider sei es heute so, dass der Saal abseits der Essenszeiten zu wenig genutzt werde. «Der Raum ist schön, hell und lädt wunderbar dazu ein, hier zu verweilen. Die Gewohnheit der Bewohner ist es zurzeit, dass es nach dem Essen gleich zurück aufs Zimmer geht. Das finde ich schade.» Künftig sollen die Bewohner und deren Besucher in diesem Raum verweilen und den Tag aktiver erleben können. «Das hat in Oberuzwil sehr gut funktioniert und sich bewährt. Ich bin mir sicher, dass das auch hier in Buchs sehr gut ankommen wird.»

Rituale sind das A und O

Gerade das Essen ist wichtiges Ritual im Tagesablauf der Menschen. «Da kommt es nicht aufs Alter an. Auch ich schätze ein gemeinsames Essen, weil es, wenn es richtig gemacht wird, ein Erlebnis ist.» Im Umgang mit den Menschen in Betreuung könne man mit der Veränderung von Ritualen viel bewegen. «Wichtig ist es für uns dabei immer, dass die Bewohner ihre Lebensqualität auf einem möglichst hohen Stand halten können.»
So wird Füglister in den nächsten Wochen mit den bewährten Kader-Mitarbeitern des Hauses einige Konzepte ausarbeiten, welche die Grundlagen der Arbeit zusammenfassen und den Gegebenheiten in Buchs möglichst gut Rechnung tragen.

Gesunder Umgang mit Autorität

Dass er als «Neuer» noch nicht alle Eigenheiten des Hauses kennt, ist ihm bewusst. Doch er freut sich, diese kennenzulernen. «Ich gehe nicht hin und kremple ohne Rücksicht auf Verluste alles um», erklärt er seinen Führungsstil. Gemeinsam mit den Mitarbeitern ? vor allem dem Kader ? entwickelt er die neuen Konzepte. «Führung bedeutet mehr als blosses Von-oben-herab-Entscheiden. Die Mitarbeiter sollten in ihrem Bereich ihre Verantwortungen kennen und diese wahrnehmen. «Dann braucht es keinen Diktator.» Genauso verhalte es sich mit den Bewohnern: «Die grösste Angst, die sie haben, ist der Verlust ihrer Autonomie und ihrer Selbstständigkeit. Es sollte unser oberster Grundsatz sein, dass sie so selbständig bleiben können, wie es ihnen möglich ist.» Dafür seien nicht zuletzt auch die Familienmitglieder mitverantwortlich, denen man im Haus Wieden zwar einen Teil der «Arbeit» abnehme, jedoch nicht sämtliche Verantwortung.

Respekt und Würde dem Alter

Das Wichtigste am Umgang mit den älteren Menschen seien für ihn Respekt und Würde. So nehme er sich des Öfteren Zeit, ein offenes Ohr für die Bewohner zu haben und ihnen ein würdevolles Leben zu ermöglichen. Ein Betrieb wie das Haus Wieden sei, nicht zuletzt wegen des Auftrags durch die Gemeinde, immer unter der Beobachtung der Öffentlichkeit. Für die gute Arbeit ist ein gutes Image des Hauses bei den Einwohnern der Gemeinde zentral: «Die Menschen in der Gemeinde sollen ein gutes Bild vom Haus haben. Und dabei müssen wir dafür sorgen, dass es den Menschen hier gut geht. Nur so kann man Vorurteile gegenüber Altersheimen in der Bevölkerung ausräumen.»
So möchte Othmar Füglister, der Anfang des Monats mit neuen, positiven Ideen seine Arbeit begonnen hat, seinem grossen Ziel schrittweise näher kommen. Denn in jedem Betrieb, in dem mehrere Menschen zusammenleben, ist die Wohlfühlatmosphäre wichtig. «Wer ein guter Gastgeber sein will, ist sich dessen immer bewusst.» (mw)

Steckbrief
Name: Othmar Füglister
Wohnort: Sonnental/Oberbüren
Alter: 53
Familie: Vater eines Sohns (28)
Beruf: Heimleiter
Hobbys: Wandern, Schwimmen, Radfahren, Tauchen, Malen, Reisen, Kochen, Grillen
Leibspeise: Fleisch
Getränk: guter ital. Rotwein
Musik: klassisch
Stärke: Zuversicht
Schwäche: Oft zu verständnisvoll
Motto: «Sage nicht immer alles, was du weisst, aber wisse immer, was du sagst!»

 

Schlagwörter

Lädt

Schlagwort zu Meine Themen

Zum Hinzufügen bitte einloggen:

Anmelden

Schlagwort zu Meine Themen

Hinzufügen

Sie haben bereits 15 Themen gewählt

Bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits

Entfernen

Um «Meine Themen» nutzen zu können, stimmen Sie der Datenspeicherung hierfür zu.

Ähnliche Artikel

Abo
Beim 2. Liechtensteiner Vorlesetag steht das «Generationenübergreifende Vorlesen» im Fokus – neu wird auch in Seniorenheimen gelesen.
29.04.2024
Abo
Bisher seien vier Beanstandungen gegen den Enthüllungsfilm eingegangen, schreibt die SRG-Ombudsstelle. Ist es Schützenhilfe für den angeschlagenen ehemaligen Schoggi-König?
27.09.2023
Wettbewerb
Wettbewerb «Golf-Spezial 2024»
Golf-Spezial
Umfrage der Woche
Soll Liechtenstein dem Internationalen Währungsfonds (IWF) beitreten?
­
­