Die unendliche Geschichte des Aprilscherzes
Umgestellte Uhrzeiten, falsche Mitteilungen und «defekt»-Zettel an funktionierenden Kaffeemaschinen: Heute spielen Jung und Alt ihren Mitmenschen Streiche – das, ohne dabei den Ursprung des Brauchtums zu kennen. Den meisten genügt die Tatsache, dass sie am 1. April nicht bestraft werden, wenn sie Freunde, Verwandte oder Arbeitskollegen durch erfundene oder verfälschte – meist spektakuläre – Geschichten aufs Korn nehmen. Das ist aber nicht weiter tragisch, denn bis heute ist nicht genau klar, wie es dazu kam, dass der 1. April zum Tag für besondere Scherze wurde. Es gibt jedoch einige interessante – mehr oder weniger plausible – Erklärungen dafür.
Einladung zum Narrenball
Auf dem Augsburger Reichstag von 1530 sollte unter anderem das Münzwesen geregelt werden. Da die Zeit dafür aber nicht mehr ausreichte, wurde ein Münztag organisiert, der am 1. April stattfinden sollte. Dieser fiel schlussendlich aus und viele Spekulanten verloren ihr Geld – und wurden dabei auch noch ausgelacht. Während diese Geschichte für die Betroffenen noch einigermassen zu verkraften war, ist folgende Erzählung Gipfel der Peinlichkeit:
Heinrich IV., König von Frankreich in den Jahren 1589 bis 1610, wurde von einem 16-jährigen Mädchen, das er begehrte, schriftlich um ein Rendezvous in einem diskreten Lustschloss gebeten. Der lustgesteuerte König wollte sich das natürlich nicht entgehen lassen und folgte der Einladung. Angekommen am vereinbarten Ort, begrüsste ihn aber nicht eine willige junge Frau, sondern der versammelte Hofstaat – angeführt von seiner Gemahlin, die sich herzlich bei ihm bedankte, dass er ihrer Einladung zum «Narrenball» gefolgt sei.
Verlegung des Jahresbeginns
Aprilscherze tauchen erstmals zu Beginn des 17. Jahrhunderts in Überlieferungen auf. Die Kalenderreform ist daher eine eher wahrscheinliche Erklärung für das Brauchtum: König Karl IX. stellte auf seiner Reise durchs Land fest, dass der Jahresbeginn in Frankreich je nach Bistum unterschiedlich festgelegt war: im Erzbistum Lyon war es zum Beispiel an Weihnachten, im Erzbistum Vienne – wenige Kilometer weiter – Ende März. Der König führte eine umfangreiche Kalenderreform durch und verlegte den offiziellen Jahresanfang auf den 1. Januar. Viele Menschen konnten – oder wollten – das nicht begreifen und feierten weiterhin Ende März, sodass sie von den anderen als «Aprilnarren» verspottet wurden.
Lehrlinge verulken
Die Bauern und Meteorolgen unter den Aprilscherzfans werden die Herleitung über die Unberechenbarkeit des Wetters versuchen. In den 70er-Jahren war es ausserdem in Deutschland üblich, dass Lehrlinge ihre Ausbildung im Betrieb am 1. April begannen. Die jungen Männer wurden an ihrem ersten Arbeitstag wortwörtlich in den April geschickt, indem sie in der Nachbarabteilung utopische Werkzeuge wie zum Beispiel das Bratwurstmass holen mussten. Da alle eingeweiht waren, wurden die Lehrlinge durch den ganzen Handwerksbetrieb gejagt. (hl)
«Märzenkalb»
Mittlerweile hat sich der 1. April als einziger Tag im Jahr durchgesetzt, an dem Mitmenschen gefoppt werden dürfen. In Liechtenstein war es früher aber auch am 1. März üblich, dass man versuchte, gutgläubige Leute zu einer Handlung zu bewegen, die sie bei etwas Nachdenken gewiss unterlassen würden. Fiel jemand darauf herein, durfte man den Gefoppten als Märzenkalb bezeichnen. Der Ausdruck Märzenkalb hat in fast jeder Gemeinde seine eigene dialektgebundene Ausprägung: In Triesenberg beispielsweise lautet er «Merza Buschi», in Vaduz «Märzafölli» und in Triesen «Miarzakalb».
Quelle: Brauchtum Liechtenstein