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Reto Mathis: Ein Leben fernab vom Mainstream

Er ist Musiker, Dichter, Maler und Installationskünstler. Sich selber bezeichnet der Churer Reto Mathis jedoch schlicht als «kreativen Menschen». Derzeit macht er wieder mit der Musik von sich reden ? dank seines aktuellen Albums «Bärgwärk XIII».

Seewis. - «Hallo, ich bin der Reto.» Die Be­grüs­sung des Mannes, der an der Auffahrt zu seinem Haus in Seewis steht und den fremden Gast empfängt, ist herzlich. Keine Spur von Einsiedler-Schrulligkeit, welche aufgrund der relativen Abgeschiedenheit des Anwe­sens allenfalls hätte erwartet werden können. Nein, Reto Mathis freut sich über den Besuch. «Sieh dich nur um», sagt er, als er gerade einen Kaffee aufsetzt. Mathis? Haus ist so etwas wie ein kleines Museum. Überall hängen Bilder und kleinere Skulpturen aus dem Leben und Schaffen des heute 61-jährigen Künstlers. Im Obergeschoss befindet sich zudem das Musikzimmer mit Klavier und Orgel. Das ist der Ort, in dem ? zumindest teilweise ? Mathis? neustes Werk entstanden ist. Denn nach längerer musikalischer Pause und dem sich vermehrt der Malerei und Instal­lationskunst widmen, hat es den gebürtigen Churer im vergangenen Jahr wieder hinter die Instrumente respektive hinter das Mikrofon gezogen. «Ich wollte einfach noch einmal eine CD machen, und zwar sollte es die beste werden, die ich je gemacht habe», sagt er lachend. Das Ergebnis nennt sich «Bärgwärk XIII», beinhaltet zehn groovig-bluesige Mund­art-Songs und ist mehr als bloss hörenswert.

Geschichten aus dem Alltag

Er habe etwas Neues machen wollen, weg vom satyrischen Musikkabarett Magaari, für welches er in den Neun­ziger­jahren ein wenig bekannt gewesen sei, erklärt Mathis. «Mein Produzent Helge van Dyke hat mir geholfen, eine neue Richtung einzuschlagen», sagt er weiter. So sind es auf «Bärgwärk XIII» ernstere Geschichten aus dem Alltag, die liebevoll erzählt werden. Zum Beispiel Geschichten über Orientierungslosigkeit oder über das Gefühl, ständig im Schat­ten eines anderen zu stehen.
Mit dem Gitarristen Hank Shizzoe (Stephan Eicher) und dem Schlagzeuger Andi Hug (Patent Ochsner) hat Mathis respektive sein Produzent zwei namhafte Schweizer Musiker mit an Bord holen können. «Wir haben ihnen einfach ein Demotape zugesandt und es hat ihnen scheinbar gefallen», sagt Mathis lapidar. Es sei unheimlich toll gewesen, mit Hug und Shizzoe zu musizieren und das Album in gerade einmal fünf Tagen einzuspielen. Und dies obwohl er sowie Kontrabassist und Musikkonserva­to­riums-Kollege Bruno Brandenberger ? den Mathis unbedingt als persönlicher Anker mit dabei haben wollte ? beim ersten Aufeinandertreffen noch Zweifel hatten. «Als wir Hank und Andy zum ersten Mal gesehen haben, sagte Andy: Oh Hank, das sind ja zwei ?Gstudierte?». Nach einem gemeinsamen Bier und einer kurzen Einspielzeit hätten sich je­doch alle Zweifel in Luft aufgelöst. Mehr noch: «Ich kann sagen, dass sich unter uns mittlerweile eine echte Freundschaft entwickelt hat.»

Kunst als Zufall

Ein «Gstudierter» ist Mathis, der das Musikkonservatorium in Winterthur be­sucht hat, derweil nur, was die Musik anbelangt. Auch heute gibt er in der Musikschule Prättigau noch Unterricht. Sein Weg zur Malerei und zur Installa­tionskunst entstand indes vielmehr aus purem Zufall respektive aus der eigenen Faulheit heraus, wie er lachend verrät, während er am Wohnzimmertisch Fotos von seinen grossen Eisen-, Blech-, Draht- und Holzskulpturen zeigt. Es war zu jener Zeit, als er gemeinsam mit seiner Frau Annamarie ? die ihn stets unterstützt und ermutigt habe ? im Zürcher Oberland auf einem grossen Bauernhof lebte. «Ich war schlicht zu faul, all das Gerümpel zu entsorgen, das sich auf dem Hof angesammelt hat. So begann ich halt, irgendetwas daraus zu machen», sagt Mathis lachend. Entstan­den sind zum Beispiel skurrile Puppen, in die die «Abfälle» einfach verpackt wurden, oder der kleine Radio aus den Achtzigerjahren, der wundervoll bunt bemalt wurde und jetzt seinen Platz im Flur von Matthis? Haus in Seewis gefunden hat.
So ist Reto Mathis. Der Zufall respektive das Bauchgefühl spielt bei ihm stets eine nicht unentscheidende Rolle. «Ich versuche möglichst immer das zu tun, wonach ich Lust habe und möchte mich nicht verbiegen lassen.» Natürlich seien ihm dadurch wohl auch das eine oder andere Mal Chancen und Möglichkeiten durch die Lappen gegangen. Doch bereuen tue er dies keine Sekunde. So wird er auch in Zukunft immer wieder auf sein Bauch­gefühl hören und das tun, was er für richtig empfindet und nicht das, was andere vielleicht gerne hätten. Zum Glück. Denn hätte Mathis auf diese (meist kommerziell getrimmten) Stim­men gehört, wäre wohl kaum solch ein authentisches Werk wie «Bärgwärk XIII» entstanden. Ein Werk, weit weg vom gängigen Mainstream. Ein Werk auch, dass sich so wunderbar in das Leben und Schaffen des Reto Mathis einschmiegt. (fb)

 
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