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Missbrauchsfall auf Silum noch nicht verjährt

Das Blatt im Fall der Missbrauchsfälle auf Silum hat sich gewendet. Der Frater scheint doch zur Rechenschaft gezogen zu werden. Ein zur Tatzeit noch nicht 14-jähriger Junge gibt an, in Liechtenstein sexuell missbraucht worden zu sein. Die Tat sei definitiv nicht verjährt.

Von Janine Köpfli

Triesenberg/Memmingen. – Es sah so aus, als ob Frater G., der ehemalige Leiter des Maristenkollegs im bayerischen Mindelheim, strafrechtlich nicht mehr verfolgt werden könne, nachdem die sexuellen Übergriffe auf Internatsschüler verjährt waren (das «Vaterland» berichtete am 25. und 29. Juni).

Die Staatsanwaltschaft in Memmingen ermittelte jedoch ein weiteres Opfer. Ein zur Tatzeit noch nicht 14-jähriger Junge sagte aus, dass ihn der besagte Frater in einer Berghütte im liechtensteinischen Silum im Februar 2004 sexuell missbraucht haben soll. Diese Tat sei definitiv nicht verjährt, sagt die Oberstaatsanwältin in Memmingen, Renate Thanner.

Bis Mitte August habe die Verteidigung des mutmasslichen Täters die Möglichkeit, eine Stellungnahme abzugeben, wie Thanner gestern im Gespräch mit dem «Vaterland» sagte. «Danach wird entschieden, ob Anklage erhoben wird.» Da sowohl der mutmassliche Täter als auch das Opfer aus Deutschland stammen, sieht die Oberstaatsanwältin keine Veranlassung, ein Ermittlungsbegehren nach Liechtenstein zu stellen. Der Frater soll, wenn nötig, in Deutschland verurteilt und bestraft werden.

Liechtenstein ermittelt

Unabhängig davon, was Deutschland in dieser Angelegenheit macht, hat die liechtensteinische Staatsanwaltschaft angekündigt, ein Verfahren wegen Verdachts des sexuellen Missbrauchs an Unmündigen einzuleiten, wie Staatsanwalt Robert Wallner vor einigen Wochen mitteilte. Es müsse noch abgeklärt werden, ob in Liechtenstein die Verjährungsfrist wegen der Unmündigkeit der Opfer allenfalls länger gelte, hiess es.

Mit der Aussage eines weiteren Opfers ändert sich auch der Sachverhalt für Liechtenstein. Die vom zur Tatzeit noch nicht 14-jährigen Jungen beschriebene Tat auf Silum ist so oder so noch nicht verjährt. Wie der Stellvertreter des Leitenden Staatsanwalts, Dietmar Baur, sagt, wurde die Landespolizei mit den Erhebungen, insbesondere mit der Kontaktaufnahme zu den Behörden in Memmingen, zur Klärung der Sachverhaltshintergründe beauftragt. Noch lägen keine Ergebnisse vor.

Kein Doppelbestrafungsabkommen

Es gibt kein Doppelbestrafungsabkommen mit Deutschland. Zwar gebe es den Grundsatz, dass eine Person wegen derselben Tat nicht nochmals verfolgt oder bestraft werden kann, erläutert Dietmar Baur, dies betreffe Liechtenstein aber nicht, wenn im Land Ausländer eine Straftat begehen sollten. Das heisst, Liechtenstein verschaffe sich in jedem Fall eine entsprechende Sachverhaltsgrundlage, um die Tat beurteilen zu können. Sollte dieselbe Tat im Ausland – etwa im Heimatland – bereits bestraft worden sein, werde in Liechtenstein auf diese Strafe Bedacht genommen. Das inländische Gericht entscheide, ob die Strafe angemessen ist oder ob es einer Zusatzstrafe bedarf, wie Dietmar Baur erklärt. Der Fall des Fraters, der als Leiter des Maristenkollegs im bayerischen Mindelheim immer wieder nach Silum reiste und sich dort an Internatsschülern sexuell vergangen haben soll, interessiert die liechtensteinischen Behörden also in jedem Fall.

«Chancen stehen gut»

Vor einigen Wochen hatte die Staatsanwaltschaft von Memmingen berichtet, dass Frater G. für mehrere Missbrauchsfälle in Liechtenstein und Deutschland verantwortlich ist. Die Taten gehen auf die Jahre 2001 bis 2007 zurück. Der Frater erstattete Selbstanzeige und kassierte lediglich Sozialstunden, die er abarbeiten musste. Der ehemalige Internatsleiter versicherte, dass er sich niemals an Minderjährigen vergangen habe. Die Staatsanwaltschaft Memmingen versucht das Gegenteil zu beweisen. Mit dem neuen Zeugen stehen die Chancen laut Renate Thanner gut, den Fall «doch noch vor Gericht ziehen zu können».

 
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