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Proteste gegen Arbeitsmarktreform in Paris

Der französische Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon hat der Regierung einen heissen Herbst mit Massenprotesten gegen die Arbeitsmarktreformen angedroht.
Der französische Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon droht der Regierung mit Massenprotesten.
Der französische Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon droht der Regierung mit Massenprotesten. (Bild: KEYSTONE/AP/CHRISTOPHE ENA)

"Der Kampf ist nicht zu Ende, er fängt gerade erst an", sagte Mélenchon am Samstag vor zehntausenden Demonstranten auf dem Pariser Platz der Republik. Notfalls werde er "eine Millionen Menschen auf die Champs-Elysées strömen lassen", um die Reformpläne von Präsident Emmanuel Macron zu kippen.

Die Organisatoren bezifferten die Zahl der Protestteilnehmer auf 150'000, die Polizei sprach von 30'000 Demonstranten. Sie waren Mélenchons Aufruf gefolgt, der die am Vortag per Verordnung umgesetzte Reform zur Liberalisierung des Arbeitsmarkts als "Sozialstaatsstreich" brandmarkt.

An dem Protestmarsch beteiligten sich auch Vertreter der Sozialistischen Partei und der linken Gewerkschaft CGT. Die Menge skandierte "Résistance" ("Widerstand").

Mélenchon machte klar, dass er es in den kommenden Wochen auf eine Kraftprobe mit Macrons Regierung ankommen lassen wolle. Gemeinsam mit Reformgegnern von den Gewerkschaften werde er eine "kräftige und intensive Aktion" gegen die Reformen organisieren.

Er erinnerte an die Reformvorhaben früherer französischer Regierungen, die unter dem Druck von Strassenprotesten "ein Ende gefunden haben, indem man sie zurückzog".

Mélenchon rief insbesondere Gymnasiasten und Studenten zu Protesten auf. Diese müssten sich nun "in Bewegung setzen", weil sie diejenigen seien, "die nicht mehr durch das Arbeitsrecht geschützt sein werden".

Macron persönlich angegriffen

In seiner 45-minütigen Rede richtete der Linkspolitiker scharfe persönliche Angriffe auf Präsident Macron. Dieser rede "über das Volk wie über Gesindel", sagte Mélenchon. "Nie zuvor hat jemand auf eine solche Weise mit dem französischen Volk gesprochen."

Präsident Macron hatte wiederholt angekündigt, seine Pläne durchzuziehen und sich nicht dem Druck der Strasse zu beugen. "Ich glaube an die Demokratie, aber die Demokratie ist nicht die Strasse" hatte der Präsident kürzlich in einem CNN-Interview gesagt.

Mélenchon widersprach empört. Er erinnerte an die grosse Bedeutung von Strassendemonstrationen in der französischen Geschichte. "Es war die Strasse, die die Könige geschlagen hat, die Nazis, den Juppé-Plan", sagte Mélenchon mit Blick auf einen früheren Versuch zur Arbeitsmarktreform. An Macron gerichtet sagte er: "Herr Präsident, ziehen Sie die französische Geschichte zu Rate!"

Der Abgeordnete Mélenchon ist derzeit Frankreichs profiliertester Oppositionspolitiker. Der Anführer der Bewegung "La France insoumise" (Das unbeugsame Frankreich) und frühere Chef der französischen Linkspartei hatte bei der Präsidentschaftswahl im Frühjahr für Furore gesorgt und war Vierter geworden.

Kündigungen werden erleichtert

Die Arbeitsmarktreform ist eines der zentralen Wahlkampfversprechen des 39-jährigen Präsidenten. Im Kampf gegen die hohe Arbeitslosigkeit will er Unternehmen mehr Spielraum und Sicherheit geben. Unter anderem werden Kündigungen erleichtert, Abfindungen gedeckelt und Betriebsvereinbarungen gestärkt.

Arbeitgeber begrüssen die Reform. Gewerkschaften und linke Parteien kritisieren sie dagegen als Abbau von Arbeitnehmerrechten. Bei Protesten gegen die Reform gingen am Donnerstag nach Behördenangaben landesweit 132'000 Demonstranten auf die Strasse. Das waren deutlich weniger als bei einem ersten Protesttag vergangene Woche.

Frankreich leidet seit Jahren unter einer hohen Arbeitslosigkeit. Derzeit sind mehr als 3,5 Millionen Menschen ohne Job, die Arbeitslosenquote liegt bei über neun Prozent. Der im Mai gewählte Macron will bald weitere Reformen angehen, unter anderem im Rentensystem und bei der Arbeitslosenversicherung.

Für diesen Montag haben die Gewerkschaften CGT und Force Ouvrière (FO) Lastwagenfahrer zu Aktionen aufgerufen. Die Regierung signalisierte bereits, dass sie nicht nachgeben will. (sda/afp/dpa)

 
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