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Verdacht auf Lohndumping

Im April hat der Arbeitnehmerverband (LANV) den Gesamtarbeitsvertrag im Transportgewerbe gekündigt. Neuverhandlungen zu Mindestlöhnen wird es in diesem Jahr kaum geben. Deshalb verlangt der LANV, dass die Regierung einschreitet.

VON RICHARD BRUNHART

Vaduz. – «Wir machen uns lächerlich, wenn wir diese Mindestlöhne weiterhin akzeptieren», sagt Sigi Langenbahn, Präsident des Liechtensteinischen Arbeitnehmerverbands (LANV). Der Mindestlohn von 3400 bis 3500 Franken bei den Chauffeuren bestehe seit 20 Jahren fast unverändert. In der Schweiz liegen die Mindestlöhne teilweise deutlich höher, da dort zwischen verschiedenen Berufszweigen differenziert wird und die Löhne nach Berufserfahrung gestaffelt sind. Eine solche Differenzierung wird im GAV des Transportgewerbes in Liechtenstein nicht gemacht.


Eine Aufstellung der in der Schweiz orts- und berufsüblichen Mindestlöhne des Amts für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Aargau mit Stand vom 1. März 2008 zeigt, dass die Mindestlöhne innerhalb der Branche sehr stark schwanken können. Bei Taxifahrern liegt der Mindestlohn im ersten Berufsjahr beispielsweise bei 3692 Franken – und kann bei einer Umsatzbeteiligung nochmals deutlich tiefer liegen. Bei Lastwagenchauffeuren kann der Mindestlohn in Städten wie Zürich bei entsprechender Berufserfahrung auf 4700 Franken ansteigen.

Normalarbeitsvertrag verlangt

Die tiefen Mindestlöhne, die nicht weiter differenzieren, haben den Ausschlag gegeben, im April den Gesamtarbeitsvertrag (GAV) im Transportgewerbe zu kündigen. Doch bisher ist es noch nicht zu Neuverhandlungen gekommen. Deshalb fordert der LANV, dass die Regierung aktiv wird und einen befristeten Normalarbeitsvertrag mit verbindlichen Mindestlöhnen erlässt.

Gemäss dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) kann die Regierung einen Normalarbeitsvertrag mit Mindestlöhnen erlassen, wenn «innerhalb einer Branche oder eines Berufes die orts-, berufs- oder branchenüblichen Löhne wiederholt in missbräuchlicher Weise unterboten und kein Gesamtarbeitsvertrag mit Bestimmungen über Mindestlöhne vorliegt, der allgemein verbindlich erklärt werden kann». Wie Sigi Langenbahn weiter ausführt, liegt ein Missbrauch vor, wenn ein Unternehmer wissentlich Dumpinglöhne bezahlt, Löhne, die mehr als nur knapp unter den branchenüblichen Mindestsätzen liegen.

Den Markt beobachten

Hinweise auf solche Missbräuche sind nach Ansicht des LANV-Präsidenten stark genug, um zu reagieren. Er will die dreigliedrige Kommission zur Beobachtung des Arbeitsmarktes einberufen. Diese kann bei der Regierung beantragen, dass Letztere einen Normalarbeitsvertrag erlässt, wenn die Kommission Missbräuche feststellt und eine direkte Verständigung mit den betroffenen Arbeitgebern zu keinem Erfolg führt. Damit sie ihre Aufgaben wahrnehmen kann, hat die Kommission «in den Betrieben das Recht auf Auskunft und Einsichtnahme in alle Dokumente, die für die Durchführung der Untersuchung notwendig sind», heisst es im ABGB weiter.

In der dreigliedrigen Kommission sind Arbeitnehmer, Arbeitgeber und der Staat mit jeweils gleich vielen Personen vertreten. Vorsitzender der Kommission ist Christian Hausmann, Leiter des Amts für Volkswirtschaft. Dem Amt für Volkswirtschaft kommt auch die Aufgabe zu, in Streitfällen zu entscheiden, welche Dokumente für eine Untersuchung relevant sind, erklärt Martin Frick vom Ressort Wirtschaft. Wie die dreigliedrige Kommission zu einer Entscheidung kommt und entsprechend einen Antrag an die Regierung stellt oder nicht, ist im Gesetz nicht genauer geregelt. Auch auf Erfahrungen bei der Marktbeobachtung kann die Kommission nicht zurückgreifen.

Der Markt spielt mit

Das Transportgewerbe der Liechtensteinischen Wirtschaftskammer teilt mit, dass Missbräuche in einem grösseren Ausmass durch den Markt verhindert werden, dem man seinen Raum lassen sollte. Bei deutlich zu tiefen Löhnen würden die liechtensteinischen Unternehmer gar keine Arbeitskräfte rekrutieren können. Sollten Missbräuche vorliegen, ist aber auch die Arbeitgeberseite interessiert, diese in Zukunft zu unterbinden.

 
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