LKW: Die ersten Anlagen stehen
Vaduz. - Die Liechtensteinischen Kraftwerke (LKW) bauen zusammen mit 30 Stadtwerken aus Deutschland sowie weiteren Gesellschaftern aus Luxemburg, Österreich und der Schweiz den ersten kommerziellen Offshore Windpark in der Nordsee. Der nun definitive Investitionsentscheid wurde nach Vorlage aller relevanten endverhandelten Verträgen von nahezu 95 Prozent der Gesellschafter der SüdWestStrom Windpark GmbH & Co KG am 13. Juli 2010 in Bremen gutgeheissen. Die Anlage besteht aus 80 Windrädern der 5-Megawatt-Klasse und wird pro Jahr ca. 1.6 TWh (1,6 Milliarden kWh) Strom liefern. Für die LKW ist diese Beteiligung mit einer Erhöhung der Eigenproduktion um 5,2 Prozent gleichzusetzen.
Ökologisches Engagement ausbauen
Das Projekt wurde ursprünglich von der SüdWestStrom Windpark GmbH und der WV Energie Frankfurt entwickelt, wobei die SüdWestStrom Windpark GmbH 70 Prozent der Rechte hält. Der Offshore Windpark, der rund 100 Kilometer vor Borkum in der Nordsee bereits im Bau ist, wurde von der Firma Bard Engineering GmbH aus Emden konzipiert. In den Händen von Bard liegt nun auch die schlüsselfertige Errichtung der Anlagen sowie die künftige Betriebsführung. In einem ersten Schritt soll der Strom gemäss dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in Deutschland vergütet werden. Später werden die beteiligten Gesellschafter den Strom via Handelsplattform der SüdWestStrom Windpark GmbH physisch übernehmen können. Für die LKW ergibt sich durch die Beteiligung die Möglichkeit, ihr ökologisches Engagement im Bereich der erneuerbaren Energien mit einer wirtschaftlich angemessenen Perspektive auszubauen. Der gesamte Windpark erstreckt sich auf eine Fläche von 60 Quadratkilometern. 80 Windturbinen des Typs «Bard 5.0» mit einer Leistung von je 5 MW (5000 kW) werden via 120 km Hochspannungskabel (33 kV) an die Wohn- und Umspannplattform «Bard 1» angeschlossen. Dort wird der Strom auf eine Spannung von 155 000 Volt (155 kV) angehoben und dann zur Konverterplattform «BorWin 1» des Netzbetreibers geleitet. In der Konverterplattform wird der Wechselstrom in Gleichstrom umgewandelt und Richtung Festland transportiert. Mit dieser Technik lassen sich die Leitungsverluste erheblich reduzieren.
Immense Aufgaben stehen an
Die sogenannte Hochspannungsgleichstromübertragung (HGÜ) stellt einen wichtigen Meilenstein beim zukünftigen Umbau der Energieversorgung auf regenerative Energien dar. Ohne HGÜ-Netze ist der langfristig notwendige Energietransport von den Meeresküsten zu den Lastschwerpunkten in den Grossstädten im grossen Massstab kaum machbar. Nebst den Herausforderungen auf dem Meer stehen die Betreiber vor allem im Ausbau der Stromnetze noch vor immensen Aufgaben.
Wöchentlich entsteht eine 5-Megawatt-Windturbine: Die Abmessungen einer Windturbine sind gewaltig. In einem ersten Schritt werden die bis zu 95 Meter langen und beinahe 450 Tonnen schweren Pfeiler ca. 40 Meter in den Meeresboden gerammt. Anschliessend wird das Stützkreuz aufgebracht und vergossen. Danach werden die Türme, die Gondeln und die Rotorsterne montiert. Die Nabe und die Rotorblätter werden bereits an Land vollständig zusammengebaut und auf hoher See meist in windschwachen Nachstunden in gut 90 Meter Höhe in Millimeterarbeit zur Rotorwelle ausgerichtet und verschraubt. Die Nabe samt den drei Blättern wiegt ca. 170 Tonnen und hat einen Kreisdurchmesser von 122 Meter.
Stromleitung funktionstüchtig
Die Montagecrews arbeiten Tag und Nacht und erledigen den Aufbau eines Fundaments in 48 bis 60 Stunden; für die Errichtung des Turms, das Aufsetzen der Gondel und das Anbringen des Rotorsterns werden nochmals 48 bis 60 Stunden benötigt. Schliesslich folgt die Verkabelung der Windturbinen mittels weiterer Spezialschiffe. Hierbei zieht ein Pflug eine schmale Rinne in den Untergrund; unmittelbar darauf wird ein spezielles Seekabel in diese Furche gezogen. Schon eine Stunde später ist von der Rinne nichts mehr zu sehen, da die starken Strömungen (Ebbe und Flut) den Unterwassergraben wieder schliessen. Der Netzanschluss samt Konverterplattform für diesen und weitere Windparks steht bereit. Die über 100 km lange HGÜ-Stromleitung zum Festland wurde bereits erfolgreich verlegt und ist funktionsbereit. Parallel dazu laufen sämtliche Vorbereitungen an Land auf Hochtouren. Dort sind bereits die für den laufenden Projektfortschritt notwendigen voluminösen Anlagenteile und Rotoren von Bard fertiggestellt und liegen für die Montage auf hoher See bereit. Drei Schleppverbände sorgen für den Nachschub der Bauteile auf hoher See. Die Pfeiler kommen vom niederländischen Vlissingen und von Cuxhafen, wo auch die Stützkreuze angefertigt werden. In Emden steht bereits die 51. Gondel in der Produktionslinie. Die Firma Bard legt Wert auf eine hohe Wertschöpfungstiefe und produziert beispielsweise die 60 Meter langen und bis zu 6 Meter breiten Rotorblätter selbst. Ausser dem Blitzableiter am Ende des Rotorblatts und einem Stromableitseil aus Kupfer bis zur Nabe besteht ein Blatt ausschliesslich aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Es scheint vieles wie im Modellbau, nur um Dimensionen zu gross. So werden z. B. beim Zusammenkleben der 60 Meter langen Formteile so ganz nebenbei 2,4 Tonnen Klebstoff benötigt. (pd)
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