Heinz Huber: «Die Berge geben mir Energie»
Heinz Huber ist geschäftsführender Gesellschafter der Mohrenbrauerei in Dornbirn. Der leidenschaftliche Bergsteiger würde auch heute noch sofort auf eine Alp zum Schafehüten gehen, wie er es in seiner Jugend getan hat. «Ich werde diesen Job nicht ewig machen», sagt Heinz Huber.
Herr Huber, hat sich Ihr Ärger über die Strafzahlung wegen den Ermittlungen der österreichischen Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) wieder gelegt?
Heinz Huber: Das ist noch immer ärgerlich. Die 82'500 Euro sind im Verhältnis zu dem unterstellten Vergehen viel zu hoch. Die BWB hat für ihre Vorwürfe sogar firmeninterne Infos herangezogen und gemeint, solche Aufzeichnungen seien strafbar. Kein externer Schriftverkehr ? firmeninterne Unterlagen! Aber für uns ist die Sache erledigt. Doch das Geld hätte man besser einsetzen können ? etwa für regionale Sozialprojekte. So fliesst es nach Wien in irgendwelche Kassen und von dort in die Hypo Alpe Adria.
Ihre Kritik am Vorgehen der BWB war hart. Man sei sich bei der Hausdurchsuchung wie ein Schwerverbrecher vorgekommen.
Der Umgang gewisser BWB-Mitarbeiter mit unseren Beschäftigten war unter jeder Kritik. Das entspricht nicht den Gepflogenheiten im Vorarlberger Geschäftsleben.
Die Mohrenbrauerei hat immer gesagt, dass den Kunden hinsichtlich der Vorwürfe der BWB niemals ein Schaden entstanden sei. Warum ist das so?
Weil uns die BWB Preisabsprachen vorgeworfen hat. Das waren aber keine Preisabsprachen, sondern Gespräche darüber, wann welche Handelskette die von uns gewünschten Preiserhöhungen umsetzt. Das sollte so gleichzeitig wie möglich stattfinden, damit sich keine Kette benachteiligt fühlt. So wurde jahrzehntelang vorgegangen.
Welche Konsequenzen hat das auf Ihr Geschäftsgebaren?
Wir werden uns so verhalten, dass es garantiert wettbewerbskonform ist. Aber das ist ja auch schwierig, weil kaum einer weiss, was man jetzt tun darf und was nicht. Da muss man eigens in Seminare sitzen.
Bier ist im Handel ständig im Lockangebot. Kommt man als Hersteller aus dieser Spirale jemals wieder raus?
Der reguläre Preis für eine Kiste Bier mit 0,5 Liter-Flaschen liegt bei etwa 18 Euro. Verkauft wird sie in der Regel aber für zehn bis zwölf Euro, je nach Aktion. Da stützt sich der Handel selbst. Der geht um fast 40 Prozent drunter, weil er der Auffassung ist, dass die Kunden beim Besuch noch weitere Produkte kaufen und es sich so rechnet. In dieser Spirale ist also der Handel, nicht die Produzenten. Und er kommt aus diesen Rabattschlachten auch nicht raus, weil kein Mensch mehr eine Kiste Bier für 18 Euro kauft.
Warum ist Bier ein Lockmittel?
Bier ist noch immer das Getränk schlechthin. Gott sei Dank muss man sagen. Es ist ein Genuss- und Lebensmittel mit einer starken regionalen Verwurzelung. Viele Leute sind stolz auf ihre regionale Biermarke und trinken keine andere. Wir merken sogar beim Absatz im Handel, dass wir zum Beispiel im Raum Bludenz schwächer sind, weil dort Fohrenburg präsent ist. Oder aber im Bregenzerwald ? das ist das Stammgebiet von Egger Bier.
Viele Getränke werden weltweit verkauft. Bei Bier ist das anders.
Der regionale Bezug gilt generell, ist aber in Vorarlberg besonders stark ausgeprägt. Bier ist emotional sehr aufgeladen. Der Marktanteil aller Vorarlberger Biere liegt bei 90 Prozent. Die Menschen trinken es aber nicht nur, weil es von hier ist, sondern weil Vorarlberger Bier generell stärker ist und vollmundiger schmeckt.
Gibt es einen Auslandsanteil bei Ihren Geschäften?
Der liegt bei zwei Prozent, wobei wir in die Schweiz und nach Liechtenstein liefern. Aber der Bierkonsum ist in Österreich ja auch fast doppelt so hoch wie in der Schweiz. Wir sind hier ein Land der Biertrinker.
Der Handel sagt, dass die Lebensmittelindustrie sehr gut verdient. Diese wiederum sagt, dass ihnen der Handel die Hosen runterzieht. Was stimmt denn?
Schauen Sie sich nur an, welche Zu- und Abschläge der Handel bei Listungen von Produkten führt. Die sind da extrem kreativ. Das ist ein ständiges Ringen. Aber wir sind glücklicherweise nicht völlig vom Handel abhängig, sondern setzen fast die Hälfte unserer Erzeugnisse über die Gastronomie ab. Die wiederum ist wichtig für den Erhalt der Bierkultur in der Region. Sonst sitzen irgendwann alle nur daheim und trinken ihr Bier vor dem Computer. Das ist wie mit den Handys. Die jungen Leute kommunizieren fast nur noch via Smartphone miteinander. Irgendwann verlernen sie das Sprechen.
Früher hörte man öfter: «Der hat aber einen Bierbauch.» Das ist selten geworden. Hat hier das Marketing ganze Arbeit geleistet oder macht Bier nicht dick?
Beides. Natürlich ging die Branche marketingmässig aktiv gegen dieses Vorurteil vor, weil ein Bier fast immer deutlich weniger Kalorien hat als ein Energydrink oder eine Limonade. Das Problem ist der Hopfen. Er macht hungrig. Deshalb bleibt es nicht beim Bier, es wird auch noch was dazu gegessen. Fettleibigkeit entsteht also nicht wegen dem einen oder anderen Bier. Sonst würde ich anders aussehen.
Nicht zuletzt die verschärften Alkoholkontrollen im Strassenverkehr haben zu einem veränderten Konsumverhalten bei Biertrinkern geführt. Sind alkoholfreie Biere eine Alternative?
Nein, Vorarlberg braucht keine alkoholfreien Biere für Biertrinker. Das kann nie ein Ersatz sein. Viele sind eh schon auf den «sauren Radler» umgestiegen ? eine Vorarlberger Erfindung. Der schmeckt noch immer besser als ein alkoholfreies Bier. Mit so einem Produkt könnte man höchstens neue Zielgruppen ansprechen, die aufgrund einer persönlichen Einstellung keinen Alkohol trinken.
Sie leiten das eigentlich auf das Jahr 1740 zurückgehende Unternehmen in sechster Generation. Welche Last trägt man da auf seinen Schultern?
Das ist keine Last. Wir sind in der Brauerei aufgewachsen, das ist mir in die Wiege gelegt. Ich könnte ganze Bücher darüber schreiben, was wir hier alles angestellt haben.
Sind Sie als junger Mensch gleich bei der Mohrenbrauerei eingestiegen oder haben Sie zuerst noch andere Erfahrungen gesammelt?
Dass ich einmal in der Brauerei arbeiten werde, war klar. Aber nicht, dass ich Geschäftsführer werde. Ich habe eine Ausbildung als Maschinenmechaniker und war Betriebselektriker. Mein Vater wollte, dass ich externe Erfahrungen sammle, bevor ich hier arbeite. Das wollte ich zuerst gar nicht. Danach hat es mir in Russland, Norwegen und vielen anderen Ländern so gut gefallen, dass ich gar nicht mehr zurückkommen wollte. Ich bin Sternzeichen Schütze und die lieben ihre Freiheit. Deshalb denke ich auch noch gerne an meine Jugendzeit auf der Alp zurück.
Sie waren ja einmal Hütebub.
Mit 14 auf der Alpe Wöster im Arlberggebiet auf 2500 Meter Seehöhe. Das hat mich sehr geprägt. Einfach war das nicht, denn das Industriellen-Söhnchen wurde genau beobachtet. Das spornte mich an, keinen Fehler zu machen. Zudem hatte ich einen sehr guten Lehrmeister. Der hat mir auch mal mit dem Stock auf den Hintern gehauen, wenn es nicht gepasst hat. So war das halt damals. Wenn Sie mir heute sagen, dass ich zwei Monate auf eine Alp gehen soll, um Schafe zu hüten, dann täte ich das sofort. Ich liebe die Alpen und die Berge und bin im Sommer wie im Winter dort immer unterwegs. Am liebsten auf über 3000 Meter hohen Gipfeln wie in der Silvretta.
Was zeichnet einen Bergsteiger aus?
Er hat eine kalkulierte Risikobereitschaft, ist also nicht lebensmüde. Er liebt die Natur und die Freiheit auf den Bergen. Und er ist nicht ängstlich. Sonst hätte man dort oben nichts verloren.
Im vergangenen August erlebten Sie mit dem Tod Ihrer Frau eine persönliche Tragödie. Wie kann man angesichts solcher Erlebnisse als Führungskraft noch einen klaren Gedanken und wieder Tritt fassen?
Die Voraussetzung dafür sind sehr gute Mitarbeiter auf der Führungsebene, die mir in diesen schwierigen Monaten den Rücken komplett freigehalten haben. Und ganz tolle Kollegen, die mich immer wieder zu Bergtouren oder Unternehmungen mitgenommen haben, damit ich ein bisschen abschalten konnte. Das wäre sonst nicht möglich. Gerade der Sport in den Bergen gibt mir unheimlich viel Energie. So kann man langsam wieder Kraft sammeln.
Kann der Beruf auch Ablenkung bringen?
Natürlich, aber erst mit der Zeit. Da kam dann die Motivation für ein paar Projekte und Weichenstellungen, die ich noch gerne umsetzen möchte, bevor ich mich aus der Geschäftsleitung zurückziehen werde.
Gibt es dafür ein Datum?
Ich werde heuer 55 und habe den Co-Eigentümern mitgeteilt, dass ich diesen Job nicht ewig machen werde. Ich bin seit 30 Jahren im Unternehmen und seit 1998 Geschäftsführer. Deshalb laufen bei uns intern die Vorbereitungen für eine Nachfolgeregelung. So etwas geht nicht über Nacht. Da muss man reinwachsen und in diesem Prozess befinden wir uns jetzt. Wir bevorzugen ein Dreiergespann auf der Führungsebene: Geschäftsführer, Vertriebsleiter und Braumeister.
Warum das?
Es kann ja sein, dass einer von uns morgen aus welchem Grund auch immer nicht mehr in die Firma kommt. So gerät nicht gleich die ganze Brauerei in Schieflage, wenn eine wesentliche Führungskraft ausfällt. (Interview: gübi)
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