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Bernhard Zangerl:«Ich bin ein beharrlicher Mensch»

Bernhard Zangerl ist Geschäftsführer von Bachmann electronic in Feldkirch. Das Unternehmen hat nach zwei schwierigen Jahren wieder Tritt gefasst. Krisenzeiten bieten für den optimistischen Tiroler eine Chance, um Abläufe neu aufzustellen. «Bei Schönwetter kann jeder Kapitän spielen», sagt Zangerl.

Herr Zangerl, Bachmann electronic hat mit 2011 und 2012 zwei schwierige Geschäftsjahre hinter sich. Umsatzrückgänge, Kurzarbeit, Personalabbau und im Vorjahr erstmals ein Verlust. Drückt das nicht auf das Gemüt?

Bernhard Zangerl: Natürlich ist es nicht angenehm, wenn man nach Jahren des Erfolgs und zweistelligen Wachstumsraten mit grösseren Umsatzrückgängen konfrontiert ist. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mir so etwas gefällt. Aber aufs Gemüt schlägt es nicht. Ein Unternehmen muss sich der Marktentwicklung anpassen.

Manche Manager sagen, dass Krisen etwas Heilendes haben.

Schönwetter-Kapitän zu sein ist einfach. Grosser Erfolg birgt aber immer auch ein Risiko für die Zukunft, weil man träge wird. In schwierigen Phasen wird vieles hinterfragt und das eigene Tun kritisch betrachtet. Der Leidensdruck hilft, Dinge in Bewegung zu bringen. Eine Krise ist also auch eine grosse Chance.

Alles Schlechte hat eine gute Seite.

Eine Krise dauert bei mir persönlich nicht lange. Ich habe eine optimistische Grundeinstellung. Nachdem man die Vergangenheit nicht ändern kann, muss man nach vorne schauen.

Was tut man als Geschäftsführer, um bei unangenehmen Entscheidungen nicht die Flinte ins Korn zu werfen?

Als Führungskraft muss man wissen, dass man mit solchen Entscheidungen konfrontiert ist. Die Verantwortung wahrzunehmen, bedeutet manchmal auch, unangenehme Entscheidungen zu treffen. Da muss man sich vorher gut überlegen, ob man dafür geeignet ist. Das gilt gerade für das Personalthema und Kündigungen. So etwas fällt nie leicht, egal wie lange man im Geschäft ist. Wenn dir solche Entscheidungen als Führungskraft egal werden, dann bist du zu sehr abgestumpft.

Was sind die Grundregeln für ein angemessenes Verhalten?

Entscheidungen, die Mitarbeiter direkt betreffen, müssen ehrlich und zeitnah mitgeteilt werden. Bei Bachmann wird im Bedarfsfall individuelle Hilfestellung angeboten, weil wir uns der Tragweite für den Einzelnen bewusst sind. Logischerweise wird man bei allem Bemühen aber nicht immer auf vollstes Verständnis der Mitarbeiter treffen. Mit diesem Konflikt muss man leben.

Worin lagen die Ursachen dafür, dass es nach Jahren mit Umsatzzuwächsen von 30 Prozent und mehr nach unten ging?

Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens ist das Thema Erneuerbare Energie ? und darin bewegen wir uns mit den Steuerungen für Windkraftanlagen oder Blockheizkraftwerke ? stark von politischen Entscheidungen beeinflusst. Da kann sich zum Beispiel ein Markt vor dem Auslaufen eines Förderprogrammes aufblähen und dann kurzfristig stagnieren. Das betrifft auch grosse Märkte wie China oder die USA. In China beispielsweise wurden über Jahre hinweg Windparks errichtet. Die Netzinfrastruktur hat aber zum Teil gefehlt. Das hat die Zentralregierung erkannt und den Markt durch neue Genehmigungsverfahren eingebremst. Diese sinnvolle Entscheidung hat uns unmittelbar betroffen.

Und der zweite Grund?

Ein Hauptkunde hatte ein Problem mit einem seiner Grosskunden. Es kam zum Bruch. Das führte dazu, dass dessen Abnahmemengen bei uns fast auf null zurückgingen. Es ist halt so: Wenn es dick kommt, dann kommt meist alles zusammen. Unsere anderen drei Geschäftsbereiche Maschinenbau, Erneuerbare Energien ausserhalb der Windkraft und Marine & Offshore haben sich in dieser Zeit zwar sehr gut entwickelt. Sie waren aber noch zu klein, um das abzufangen.

Kann man solche Schwankungen überhaupt abfangen?

Dafür gibt es kein Patentrezept. Die Welt wird kurzfristiger und heftige Sprünge werden zur Regel. Flexibilität ist das Gebot der Stunde. Wir richten heute unsere Produktion zunehmend auf die tatsächliche Abnahme der Kunden aus. Forecasts haben für die Produktionsplanung nicht mehr die Bedeutung als früher.

Es gibt immer wieder, egal in welcher Branche, abnormales Wachstum mit darauf folgenden Einbrüchen. Lernt die Wirtschaft nicht daraus, dass sich solche Zyklen stets wiederholen?

Man versucht immer, so viel Wachstum wie möglich mitzunehmen. Bewusst auf Wachstum zu verzichten, ist in der Regel keine gute Strategie. Aber man muss die Tatsache im Hinterkopf behalten, dass auch wieder schwierige Phasen kommen, und darauf muss man vorbereitet sein. Dabei hilft, sich von seinem Sortiment und den Geschäftsfeldern und Kunden her breit aufzustellen. Zudem muss die Organisation schlank und fit bleiben. Da geht es auch um Flexibilität bei den Arbeitszeitmodellen.

Sie haben einmal gesagt, dass in den Boomjahren die Bewältigung des Wachstums die grösste Herausforderung war. Und jetzt?

Jetzt ist Normalität eingekehrt. Wir haben alte Zöpfe abgeschnitten und viele Fettpölsterchen in unseren Abläufen entfernt. Aber in einer Zeit nach ständigen Rekordmeldungen muss man auf die Stimmung der Belegschaft achten. Wir sind heute ein schlagkräftigeres Team denn je. Die Herausforderung liegt darin, diese Tatsache bewusst zu machen und die Leute emotional im Boot zu halten. Ich denke, das haben wir ganz gut hinbekommen.

Von welcher Seite wird sich das Jahr 2013 zeigen?

Das Geschäft hat sich in allen vier Bereichen deutlich belebt. Geografisch war Asien mit Indien und China am stärksten, gefolgt von Europa und den USA. Bei aller Vorsicht mit Prognosen: Wir werden dieses Jahr um etwa zehn Prozent wachsen und in die Gewinnzone zurückkehren.

Früher war Bachmann stark von der Windkraftbranche abhängig. Und heute?

Heute sind wir so aufgestellt, dass wir mit Schwankungen in einzelnen Bereichen besser leben können. Und diese strategische Verbreiterung wird konsequent vorangetrieben. Bei den Erneuerbaren Energien ausserhalb der Windkraft liefern wir unsere Steuerungen für Blockheizkraftwerke sowie für Wasserkraft- und Solaranlagen. Im maritimen Bereich kommen unsere Produkte bei diversen Steueraufgaben etwa auf Spezialschiffen zum Einsatz.

Also ein Hoffnungsmarkt.

Auf jeden Fall. Aktuell sind diverse Projekte in Bearbeitung, mit denen heute rund 4 Prozent unseres Umsatzes erwirtschaftet werden. Ich rechne damit, dass wir binnen drei Jahren diesen Anteil etwa um den Faktor 5 steigern werden.

Themawechsel: Was verschlägt einen Tiroler nach Vorarlberg?

Eigentlich der Zufall. Nach Abschluss meiner Ausbildung habe ich Mitte der 1980er-Jahre einen interessanten Job gesucht und wurde bei Hirschmann in Rankweil als Programmierer fündig. Nach etwa zehn Jahren wechselte ich zum Startup-Unternehmen RFT in Dornbirn. Das war eine andere Welt: Hirschmann hatte 1000 Beschäftigte, RFT drei. Plötzlich ist man für praktisch alles zuständig. Das war eine anstrengende, aber sehr spannende Zeit. Man spürt in so kleinen Unternehmen die Auswirkungen des eigenen Tuns viel stärker als in Grossbetrieben. Gelockt von einem Grossprojekt ging es dann zurück zu Hirschmann und schliesslich nach Übernahme dieses Bereiches durch die Harris Corporation zu diesem US-Grosskonzern.

Vom Drei-Mann-Betrieb zum Konzern.

Das ist ein grosser Unterschied. Als Entwicklungsleiter Europa und Geschäftsführer Österreich war ich bei Harris unter anderem für einen Standort in Frankreich zuständig und habe mit dem Werk in England zusammengearbeitet. Während die Optimierung des Shareholder Values praktisch nach Lehrbuch betrieben wurde, war es herausfordernd, die Auswirkungen der kulturellen Unterschiede und lokalen Gegebenheiten auf das Geschäft zu managen. Da haben sich manchmal Welten aufgetan. Aber all diese Erfahrungen helfen mir bis heute.

Der zweite Bachmann-Geschäftsführer Werner Elender ist auch Tiroler. Haben die besondere Eigenschaften?

Man sagt den Tirolern nach, dass sie ziemlich stur sind. Ich würde von mir behaupten, dass ich sehr beharrlich bin, aber im positiven Sinn. Während seine Stärken im operativen Detail liegen, löse ich mich eher von den Details und kümmere mich um die operativen und strategischen Dinge. Wir ergänzen uns also nahezu perfekt.

Sie haben die Verantwortung für ein Unternehmen mit mehr als 400 Mitarbeitern. Kann man da noch abschalten?

Ja. Und ich brauche das unbedingt, diesen Abstand zu den Dingen. Ich mache viel Sport, gehe Ski fahren, wandern oder Rad fahren, am liebsten mit der Familie. Gerade mit dem Alter merke ich, wie wichtig ein Gegengewicht zum täglichen Stress ist. Sonst ist die Gefahr gross, dass es einem zu viel wird.

Sie wohnen in Landeck in Tirol, pendeln also jeden Tag über den Arlberg.

Diese eine Stunde im Zug hilft mir oft, Dinge in Ruhe zu überlegen und nach einem langen Arbeitstag diesen Abstand zu gewinnen. Da kommt man viel entspannter bei der Familie an. (Interview: gübi)

Artikel: http://www.vaterland.li/importe/archiv/wirtschaft/bernhard-zangerl-ich-bin-ein-beharrlicher-mensch-art-85302

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