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Architekturzeichner: Alles nach Plan

Rico Sprenger ist 17 Jahre jung und arbeitet als Lehrling im Architekturbüro Kaundbe in Vaduz. Sein Kopf ist voller Pläne ? der ambitionierte Triesner möchte später selbst als Architekt tätig sein und gut proportionierte Objekte entwerfen. Aber davor will er noch die ganze Welt bereisen.

Rico hat klein angefangen, und das nicht nur sprichwörtlich. Als kleiner Bub hat er einem Architekten regelmässig beim Modellbauen zugesehen und anschliessend selbst mit den kleinen Formen hantiert. Vom Konstruktionsfieber erfasst, beschloss er mit 15 Jahren, eine Schnupperlehre in einem Architekturbüro machen. Im abstrakten Denken hatte er sich immer schon leicht getan – ein grosser Vorteil, meint er, denn «es ist schon wichtig, dass man versteht, was man anwenden sollte». Um die Lehrstelle auch wirklich zu erhalten, hat Rico vorausschauend von der Oberschule in die Realschule gewechselt. Und der Plan ist aufgegangen. «Ich wollte den Beruf lernen, den ich mir gewünscht habe», sagt Rico. «Für mich ist schon lange klar gewesen, was ich machen will.» Bei Kaundbe in Vaduz kann der wissbegierige 17-Jährige nun seit den Tagen der Schnupperlehre mitarbeiten. Er profitiert von der Erfahrung und vom Fachwissen der routinierten Architekten im Büro und kann sein Engagement tagtäglich unter Beweis stellen. «Ich bin sehr froh über die Entscheidung, mich hier beworben zu haben», sagt Rico. «Hier sind coole, freundliche Leute, das Klima ist super.» Bei Kaundbe freut man sich über den Zuwachs und geht mit dem Lehrling locker-professionell um. Es scheint, als hätte man hier den Mittelweg zwischen Authorität und Kollegialität gefunden.

Resultat vor Augen

Der Lehrberuf des Architekturzeichners ist ein sehr abwechslungsreicher. Allein deshalb, weil man ab einem gewissen Ausbildungsstand viel Zeit auf Baustellen verbringt. Und da gewissermassen im Mittelpunkt des Geschehens steht. «Wenn es ein Problem bei der Umsetzung gibt, bin ich immer involviert. Ich kann mich vor Ort nach dem Stand der Dinge erkundigen und werde in Besprechungen mit dem Bauleiter einbezogen», erzählt Rico stolz. «Man muss gerne im Team arbeiten, weil Synergien entstehen müssen. Das Wichtigste ist aber, dass man die Pläne selber lesen kann. Sonst bringt es ja nichts.»
Auf den Baustellen kann der Lehrling enorm viel lernen. Bisweilen hatte er auch anstrengende, forderne Tage hinter sich, aber das mache ihm nichts aus. Mit viel Engagement und Motivation geht Rico jeden neuen Lehrtag an. Er dokumentiert jeden Baufortschritt mit dem Fotoapparat und klärt ab, wo und wieso etwaige Schäden entstanden sind. Für diese Aufgabe braucht es ein gutes Auge. «Es ist interessant, die Bauarbeiten zu beobachten», berichtet er. «Wenn man das ganze Gebäude einmal abläuft, sieht man die Fortschritte sofort. Man sieht, dass etwas entsteht. Es ist auch ein cooles Gefühl, wenn man weiss: Das hab ich geplant! Das hab ich gemacht!»
Bis dato hat Rico vier Projekte mitgezeichnet, bei denen er auch auf den Baustellen miteinbezogen war. Drei Einfamilienhäuser und ein Mehrfamilienhaus waren es. Letzteres mit eingeplanten Luxusappartments. «Da gab es einige individuelle Wünsche und die Planung gab viel Arbeit. Bei so etwas passiert es schon mal, dass man den Plan abgibt und dann alles wieder neu machen muss - du denkst also, du wärst fertig und kannst wieder von vorne anfangen.» Doch verärgern lässt sich Rico durch solche Widrigkeiten nicht. «Das gehört einfach zum Beruf dazu. Man muss eben Lösungen finden, um die Wünsche der Bauherren und die praktischen Vorstellungen des Architekten gemeinsam in den Plan einzubringen. Und bisher hat das immer noch geklappt.»

Intensive Lehrzeit

Die erste Zeit als Lehrling war sehr ungewohnt für Rico. «Aber es war viel, viel besser als Schule», erzählt er lachend. «Denn das, was ich mache, macht mir auch Spass!»
Jetzt im zweiten Lehrjahr hat er sich merklich weiterentwickelt. Nicht nur, dass er auf den Baustellen ein Wörtchen mitreden kann, er darf auch alle möglichen Räume nach Vorschrift abändern und neu gestalten. Mal zeichnet er eine Küche, mal ein Badezimmer, mal plant er eine Garage um oder entwirft ein Wohnzimmer neu. Und überall müssen spezielle Anforderungen erfüllt werden, muss darauf geachtet werden, «dass alles hält und die Wärme nicht aus den Räumen strömt.» Bei Kaundbe wird zudem sehr viel Bedacht auf den Energieaspekt gelegt. «Hier muss man wirklich genauestens arbeiten und sich gut auskennen», erklärt Rico.
Die ersten kleinen Aufgaben, die Rico nach seinem Beginn vor einem Jahr bekommen hat, war die Planung von Nasszellen wie Duschen. Ein, zwei Monate hat er nur das gezeichnet. Vom ersten Gefühl her eintönig und wenig herausfordernd, doch nachdem er den Dreh raus hatte, wusste er, wieso man ihn so lange an einem Stück herumtüfteln liess. «Schlussendlich ist man doch froh drüber und erkennt, dass der Ablauf genau so Sinn macht», gesteht er nun. «Man lernt so, sich intensiv mit einem Punkt zu beschäftigen und kann anschliessend zum nächsten übergehen, wenn man die Tricks raus hat.»

Zwei Wochen am selben Plan

Neben der Praxis lernt er einmal wöchentlich in der Schule das Handwerk vom Zeichnen. Mittlerweile kann er Perspektivzeichen, Freihandzeichnen und Konstruieren. Wichtig ist auch, dass ein Architekturzeichner klar skizzieren kann. «Wenn die Bauherrschaft kommt und fragt, wieso das so und so ist, sollte man auch deutlich zu erkennen geben, was man gezeichnet hat. Ein Zeichner sollte in der Tat auch zeichnen können.» Rico ist über ein oder zwei Wochen mit demselben Plan beschäftigt. Vom Architekten erhält er die Aufträge zum Zeichnen und erfährt in einer kurzen Besprechung alle Eckdaten. Schritt für Schritt wird so der ganze Plan aufgebaut. Grundrisse und Schnitte sind vorgegeben, Rico zeichnet später die Details ein. Zumal kam es auch schon vor, dass der 17-Jährige einen völlig neuen Entwurf anfertigen musste – wie bei einer Fassade, die völlig neu abgeändert werden musste. «Wichtig ist, dass man versteht, was die Bauherren wollen. Wenn man genau das Gegenteil von dem macht, was sie sich vorstellen, ist es nicht ideal.» Noch bekommt Rico die Besprechungen mit den Bauherrschaften nur am Rande mit. «Ich geh’ dann mal Kaffee holen und lausche nebenbei», erzählt er schelmisch. Es ist auffällig, wie sehr er sich für jeden Aspekt des Berufs interessiert. Auch raumplanerisch macht er sich viele Gedanken. «Alles muss eben zusammenpassen.»
Für einen 17-Jährigen beweist Rico Sprenger enorm viel Weitsicht. Er sammelt Wissen und legt es darauf an, sich genauestens auszukennen; den Gedanken an Nachhaltigkeit trägt er immer mit sich. Von den wenig leichten Problematiken, mit denen er sich befassen muss, scheint er genauso gut berichten zu können, wie es ein Vollprofi tut. Er betont, dass er an sich nur solches Baumaterial verwenden möchte, das zur Genüge vorhanden ist und der Natur zugutekommt. Naturstein komme da zum Beispiel infrage. «Wir bei Kaundbe nehmen Rücksicht auf die ‹graue Energie› und achten darauf, dass alles homogen gestaltet ist», erklärt er. «Hier lerne ich ‹gescheite› Architektur und kann schöne Objekte mitentwickeln.»

Starke Persönlichkeit

Ausgebildete Baufachzeichner werden in der Region dringend gesucht. Lehrstellen zu finden, gestaltet sich als extrem schwierig; viele junge Leute sind auf der Suche nach einer Stelle, wie Rico sie bekommen hat. Und dieser möchte sein Glück nutzen. Läuft alles nach Plan, wird der 17-Jährige seine Lehre in zwei Jahren abschliessen. Danach möchte er die Berufsmatura machen – mit nachfolgendem Studium. «Am liebsten würde ich in Vaduz studieren», erzählt Rico. «Auch wenn ich gehört habe, dass das Studium dort sehr anspruchsvoll ist, möchte ich es dennoch probieren.»
Bis dahin lässt er sich noch etwas Spielraum – und Zeit, um all seine Träume zu verwirklichen. Genauso, wie er seine Pläne vom Zeichenbrett verwirklicht haben möchte, hat vor, seine privaten Vorhaben voranzutreiben. So steht eine ausgedehnte Weltreise fix auf Ricos Lebensprogramm. In Asien, Australien und Südamerika – von überall her möchte er sich Inspiration holen. Inspiration für künftige Bauten und noch mehr persönliche Weitsicht. «Ich möchte etwas sehen und nicht immer nur am selben See hocken», meint Rico. Dem bleibt nichts hinzuzufügen. (ca)

Artikel: http://www.vaterland.li/importe/archiv/wirtschaft/architekturzeichner-alles-nach-plan-art-74922

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