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Panem et circenses - Volk bei Laune halten

Nicht-Fussballfans halten den WM-Zirkus für Zinnober, Millionen andere nicht. Wer trotzdem nicht die nötige Kollektivbegeisterung aufbringen kann, verweist gern auf die Nebenkriegsschauplätze solcher Mega-Events.

Und der Historiker erhebt wissend den Zeigefinger und spricht davon, dass das Ganze eine verdächtige Ähnlichkeit mit der Politik der Cäsaren im alten Rom aufweist, die, wie es ein römischer Satiriker ausdrückte, mit «Panem et circenses» ? Brot und Spielen ? das Volk bei Laune hielten. Man muss sagen: Das hat was.

Aber da ist auch der Unmut der unterprivilegierten Brasi­lianer, die in dem Land mit Bildungsnotstand, Hunger und Elend ausserhalb der glitzernden Metropolen eine weitaus bessere Verwendung für die Millionengelder gesehen hätten. Und die vergleichsweise wenigen Touristen bringen ebenfalls nicht annähernd das Geld ein, um die WM-Gastgeber-Kosten gewinnbringend wieder reinzubekommen. Aber das würde ohnehin nicht in die Favelas fliessen. Erst recht heisst es nun: «Es hat ja nicht mal was gebracht, im Gegenteil!»

Und hier? Wer die weinenden brasilianischen Akteure und Zuschauer, die Fassungslosigkeit in den Gesichtern angesichts dieser Serie knatternder Ohrfeigen bei so nationalbewussten Menschen gesehen hat, konnte sich kaum einem Mitleidsgefühl entziehen.

Aber seien wir ehrlich: Die globale Diskrepanz zwischen dem Elend, den Kriegen, der Herrschaft organisierter Krimi­neller oder gut bezahlter Bonzen, den politischen Hasardeuren an der Macht einer­seits und den wirkungslosen Phrasen ohnmächtiger Weltorganisationen andererseits ist keine Sportsache. Brot und Spiele ? das funktioniert immer noch, auch in unserem ganz kleinen Teil der Welt, dem es im Vergleich zur restlichen unverschämt gut geht.

Aber was soll?s: Die meisten der Millionen deutscher selbst ernannter Online Reputation Manager outeten sich gleich nach dem germanischen Sieg als auf Facebook als einzelne gefühlte Bundestrainer, und für wenigstens eine Weile gab es diese undefinierbare Patriotismus-Versuchsmischung aus schwarz-rot-goldenen Autoverunstaltungen, Nationalhymne und Bierkonsumrekorden. Man gönnt sich ja sonst nichts.

 

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