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Der dem Alter ein Schnippchen schlägt

Noch ist er zu jung, aber das Wissen und das Potenzial hat er bereits, Liechtensteins erster Anti-Aging-Papst zu werden. Der Sport- und Allgemeinmediziner Thomas Jehle ist sicher, dass jeder mit richtiger Ernährung und Bewegung seinen Körper jung und fit halten kann.

Von Shusha Maier

Die Frage nach seinem Gewicht lächelt Thomas Jehle verschmitzt weg: «Ich habe einen Körperfettanteil von vier Prozent, Männer in meinem Alter haben üblicherweise etwa 30 Prozent.»
In der Tat ist der 44-jährige aussergewöhnlich schlank, ohne aber mager zu wirken. Eine  europäische Ausgabe des Marathonstars Haile Gebreselassie: Straffe, leicht gebräunte Haut spannt sich über gut trainierte und wohlgeformte Muskeln. Da steckt natürlich schon ein wenig Körperarbeit dahinter, aber mit Training alleine sind solche Proportionen nicht zu erreichen.
Thomas Jehle ernährt sich sehr bewusst und sehr bewusst anders: «Die meisten Menschen essen viel zu viele Kohlenhydrate und schaffen sich damit alle bekannten Gesundheitsprobleme der westlichen Wohlstandsgesellschaften.» Man brauche sich nur umzudrehen, um zu sehen, wohin die «Kohlenhydratmast» der vergangenen 20, 30 Jahre geführt habe. Übergewicht gilt mittlerweile der WHO als dringlichstes Problem. Die menschliche Physiologie, ist Thomas Jehle überzeugt, ist auf eine Ernährungsweise ausgerichtet, die keine zusätzlichen Kohlenhydrate braucht. Gemüse, Obst und Früchte würden den täglichen Bedarf mehr als nur decken. «Brot, Nudeln oder gar Zucker sind überflüssiger Ballast», sagt Thomas Jehle. Er weiss, dass seine Ansicht nicht besonders populär ist, aber sie ist wissenschaftlich äusserst gut dokumentiert und er bringt das nötige Fachwissen mit, um die ungezählten Studien zur Ernährungslehre, von denen er beinahe jede kennt, auch richtig zu deuten.
Thomas Jehle ist promovierter Mediziner: Er praktiziert seit gut einem Jahrzehnt als Allgemein- und Sportarzt. In letzterer Funktion betreut er vor allem Spitzen- und Extremsportler. Auch bei sich selbst diagnostiziert er einen Hang zum Extremsport und gibt unumwunden zu, «Bewegung kann süchtig machen.» Von dem stimulierenden Cocktail aus Endorphinen und körpereigenen Schmerzmitteln, der das sogenannte «runners high» auslöst, können viele nicht genug kriegen. So nebenbei sprintet Thomas Jehle minutenlang mit 17 Stundenkilometern über das Laufband, unangestrengt und ohne aus der Puste zu kommen.
Kein Wunder, beginnt er doch seinen Tag, mit ein, zwei Tässchen dunklem Kaffee und einer flotten Runde durchs Riet oder ein paar Kilometern auf dem Laufband – nicht gerade so rasend schnell, wie er es gerade vorgemacht hat, denn er will ja keine Rekorde brechen, sondern seinem Körper etwas Gutes tun. Danach wird geduscht und gefrühstückt. Zugegeben: Thomas Jehles bevorzugtes Morgengericht wird für Toast- und Marmeladenfans kein kulinarisches Highlight sein. Ein Becher Magerquark mit zwei Löffeln Leinöl garniert, «Protein, also Eiweiss, und hochwertiges Fett – genau das, was der Körper braucht, um optimal funktionieren zu können.» Kohlenhydrate in ihrer reinen Form, das heisst Zucker und Mehl in Brot, Nudeln, oder gar Kuchen und Kekse kommen Thomas Jehle auch bei keiner anderen Mahlzeit auf den Teller. Dafür viel Gemüse, Salate, mageres Fleisch, Fisch und Obst und und gute Fette wie Leinöl, Rapsöl, Fischöl oder Fette aus Mandeln.
In seiner Praxis stapeln sich Bücher, in denen es um optimale Ernährung geht, er kann Studie um Studie zeigen, die eines gemeinsam haben – die Schädlichkeit von zu vielen Kohlenhydraten auf den menschlichen Organismus zu belegen. Fettfreies Essen hingegen ist für Thomas Jehle gesundheitsgefährdender Unfug: «Kohlenhydrate kann sich der Körper selber basteln, wenn er welche braucht; Fette und Eiweiss hingegen nicht.» Zu wenig oder das falsche Fett im Essen kann bedeuten, dass der Körper bestimmte Hormone nicht mehr sythetisieren kann und Hormonmangel macht in jedem Fall krank. Isst man zu wenig Eiweiss, ist der Organismus schliesslich auf eigene Ressourcen angewiesen und wird beginnen, Muskelgewebe abzubauen. «Sarkopenie» heisst der medizinische Fachausdruck für die Krankheit, an der Schlaffies leiden und immer mehr  junge Menschen sind von dahinschwindender Muskulatur betroffen. Mittlerweile habe das Ausmasse angenommen, dass Fachärzte die gerade begonnene Dekade zum «Jahrzehnt des Muskels» erhoben haben.
Um seine Muskulatur muss sich Thomas Jehle keine Sorgen machen, denn «eigentlich reichen eine halbe Stunde Ausdauertraining und zehn Minuten Kraftübungen täglich, um fit und gesund zu bleiben.» An normalen Tagen kommt Thomas Jehle freilich auf ein Vielfaches davon, denn so gerne er läuft, so gerne fährt er auch Rad und rudert oder ist mit den Langlaufskiern unterwegs oder schwimmt. Einen Marathon sieht der sportliche Mittvierziger nicht mehr als Herausforderung, es muss schon ein Alpinmarathon sein mit einigen steilen Anstiegen oder ein Triathlon, damit er seinen Kick bekommt.So wird er beim diesjährigen «Ironman» im Oktober auf Hawaii dabeisein, in erster Linie zwar, um seinen Schützling Marcel Knaus zu betreuen, aber ausgeschlossen ist es nicht, dass sich auch Thomas Jehle in die Fluten des Pazifiks stürzt, weil ihn die sechs Kilometer lange Schwimmstrecke so sehr reizt.
Seine Patienten müssen sich allerdings nicht fürchten, zum Training getrieben zu werden: «Ich behandle auch ganz normale Wehwehchen auf ganz herkömmliche Art.» Als Mitglied der Schweizerischen Gesellschaft für präventive Medizin und Anti-Aging ist er allerdings kein Anhänger von «Reparaturmedizin». «Es liessen sich so viele Krankheiten mit vergleichsweise viel weniger Einsatz verhindern, als schliesslich nötig ist, wieder gesund zu werden.» Anders als bei seinem Lieblingsgenre der Literatur – schwedische Kriminalromane – steht der Schuldige bei den meisten Krankheiten für ihn von Beginn weg fest: Kohlenhydrate. Dennoch will Thomas Jehle niemanden zu seinen Ernährungsgewohnheiten bekehren. «Jeder ist für seinen Körper selbst verantwortlich, aber ich biete all jenen gerne Hand, die auf dem Weg zu einer gesünderen Lebensweise und einem besseren Körpergefühl Hilfe und Unterstützung möchten.»
 

 

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