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Keine Schützenhilfe für Millionenkläger

Das Obergericht rollt die 200-Millionen-Klage des Fondsmanagers Jürgen Hermann gegen das Land Liechtenstein neu auf. Ein Urteil ist frühestens im Herbst zu erwarten.

VON PATRICK STAHL

Vaduz. – Die Richter müssen auf Anordnung des Obersten Gerichtshofes eine Reihe weiterer Zeugen zum Zusammenbruch der Fondsgesellschaft Hermann Finance befragen. Auf der Zeugenliste stehen unter anderem Vertreter von Grossanlegern sowie die früheren Verwaltungsräte der Fondsgesellschaft. Bis zum Frühsommer sollen die Befragungen abgeschlossen sein. Als Erste waren gestern die Vertreter der drei Liechtensteiner Grossbanken an der Reihe.

Keine Einlagen zugesichert


Die Bankenvertreter gaben unisono zu Protokoll, dass sie gar nicht oder nur in sehr geringem Ausmass an den Fonds von Jürgen Hermann beteiligt waren. Sie widersprachen auch der Behauptung des Klägers, sie hätten Einlagen zugesichert und die Investitionen zurückzogen, als die Probleme der Fondsgesellschaft mit der Aufsichtsbehörde publik wurden.
Die Vertreter der Grossbanken erklärten auch, man habe die Entwicklung der Fonds stets mit Skepsis verfolgt. Die Fondsgesellschaft sei noch relativ jung und das einbezahlte Fondsvermögen verhältnismässig gering gewesen. Daher habe man trotz des Drängens von Hermann nicht in die Fonds investiert. Von den Querelen rund um die Fondsgesellschaft wollen die Bankenvertreter erst nach dem Zusammenbruch erfahren haben. «Es gab mehr als genügend andere Gründe gegen eine Investition», erklärte gestern ein leitendes Mitglied einer Liechtensteiner Grossbank.

Amtsgeheimnis gebrochen?

Der Fondsmanager verklagt das Land Liechtenstein auf 200 Millionen Franken Schadenersatz. Hermann macht insbesondere das damalige Amt für Finanzdienstleistungen für den Zusammenbruch seiner Fondsgesellschaft im Jahr 2004 verantwortlich. Das Amt hatte die Hermann Finance wegen marktschreierischer Werbung und häufiger personeller Wechsel mit einem Monitoring belegt. Hermann wirft der Behörde vor, den Vorstand des Liechtensteinischen Anlagefondsverbands über das Monitoring informiert zu haben und damit gegen das Amtsgeheimnis verstossen zu haben. Als Folge hätten die potenziellen Investoren ihre zugesicherten Einlagen storniert und Anleger ihr Geld aus den Fonds abgezogen, behauptet Hermann. Das Fondsvermögen brach innert weniger Wochen ein. Anfang des Jahres 2005 wurde die Liquidation über die Fondsgesellschaft eröffnet.

Das Obergericht hatte im Dezember 2008 die 200-Millionen-Klage des Fondsmanagers in erster Instanz abgewiesen. Das Gericht kam zwar zum Schluss, dass das Amt für Finanzdienstleistungen in einzelnen Punkten rechtswidrig gehandelt habe, aber trotzdem liege die Verantwortung für den Untergang der Hermann Finance nicht bei der Aufsichtsbehörde. Gegen das Urteil erhob der Kläger Berufung. Der Oberste Gerichtshof bemängelte im Dezember 2009, wichtige Zeugen seien nicht befragt worden und verwies den Fall ans Obergericht.

Weitere Klagen hängig


Hermann hat neben dem Land Liechtenstein auch frühere Partner seiner Fondsgesellschaft verklagt. Im Falle zweier weiterer Forderungen hat er kürzlich eine Niederlage einstecken müssen. Mit einer Klage über 10 Millionen Franken gegen drei frühere Verwaltungsräte seiner Gesellschaft kam Hermann anfangs April vor dem Landgericht nicht durch. Und das Obergericht wies eine Klage des Fondsmanagers über 5 Millionen Franken gegen seine ehemalige Depotbank in zweiter Instanz ab. In beiden Fällen kündigte er Berufung an.

Prozess kostet Millionen

Die 200-Millionen-Klage des Fondsmanagers Jürgen Hermann treibt auch die Prozesskosten in die Höhe. Der Anwaltstarif bemisst sich in Zivilstreitigkeiten an der Höhe der Forderung. Bei einem Streitwert von 200 Millionen Franken kostet die erste Verhandlungsstunde in erster Instanz 60 480 Franken. Jede weitere Stunde kostet die Hälfte. Zum Gesamtbetrag hinzuzurechnen ist die Mehrwertsteuer.

Der Rechtsvertreter des Landes Liechtenstein schätzt, dass sich die Kosten für das seit 2007 laufende Verfahren mittlerweile in einer Grössenordnung von über 2 Milllionen Franken bewegen.

Der Fondsmanager muss die Anwaltskosten bisher aus dem eigenen Sack berappen, da die Gerichte seinen Antrag auf Verfahrenshilfe abgelehnt haben. Die Kosten des Landes Liechtenstein sind durch eine Haftpflichtversicherung gedeckt.

 
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